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999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

Titel: 999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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d’Elsa-Tal. Der Prächtige ist mein bester Kunde, und dass er mir die Ehre hat zuteilwerden lassen, an dem Verlobungsfest seiner Tochter teilnehmen zu dürfen, bringt uns hoffentlich Glück – denn auch meine Tochter Cecca ist nun im heiratsfähigen Alter.«
    »Ach, wirklich?«, sagte Giovanni und täuschte Interesse vor.
    »Sie hat gerade ihr 18. Lebensjahr vollendet und verfügt über eine beträchtliche Mitgift. Natürlich ist mein Vermögen mit dem unseres Gastgebers nicht zu vergleichen, aber ich besitze überall Ländereien, Werkstätten und Häuser. Sag es ihm, Cecca.«
    »Oh, ja, Herr Graf, meine Mutter gab mir eine beträchtliche Mitgift, und ich bin bereit, meinem zukünftigen Ehemann jeden Wunsch zu erfüllen.«
    Die Witwe Becuccio lächelte zufrieden.
    »Wisst Ihr, wie hoch die Mitgift von Magdalena sein wird?«, flüsterte sie.
    »Nein, das weiß ich nicht.«
    »Sie umfasst alle Besitztümer der Familie de’ Pazzi, den Stadtpalast in der Via del Proconsolo miteingeschlossen.« Sie hielt einen Moment inne, um ihre Worte wirken zu lassen, dann fuhr sie fort: »Der gute Papst Innozenz wird glücklich sein, und mit Verlaub gesagt – ich bin es auch. Diese Allianz der de’ Medici mit der Papstfamilie wird auch mir neuen Handel bescheren, und wenn der Bräutigam meine Gläser bewundert, wird er bestimmt eine große Menge davon bestellen. Ich habe schon den Entwurf für die Hochzeitsgläser: eine goldene Lilie, umrahmt von den Rauten der Familie Cibo.«
    »Ich bin mir sicher, er wird begeistert sein.«
    Die Farbe Gold zog sich wie ein roter Faden durch jeden Gang des Festmahls: Vom satten Gelb der Hornkleesalsa, die zu den gebratenen Fasanen und Tauben gereicht wurde, bis zu dem Hellgelb der in Zitronenscheiben eingelegten Kaninchen. So wie es sich gehörte, probierte Giovanni von jedem Gang nur einige wenige Bissen und ließ den Rest auf den Tellern, die sofort abgeräumt wurden.
    »Ihr seid nicht verheiratet, Graf?«, fragte die junge Frau.
    »Doch, ich bin es«, antwortete Giovanni und lehnte sich müde zurück.
    Cecca Becuccio riss die Augen auf und schlug mit der Faust auf den Tisch.
    »Wie kann das sein? Man hat uns das Gegenteil erzählt«, empörte sie sich und sah hilfesuchend ihre Mutter an. »Mama! Sagt schon etwas!«
    Die Witwe Becuccio blickte ihn scheel an, dann nahm sie sich wortlos eine Kaninchenkeule, biss wütend hinein und beendete so die Konversation, während ihr ein Tropfen Sauce in den tiefen Ausschnitt tropfte.
    Nach mehr als zwei Stunden löschten die Diener fast alle Leuchter, und der Saal lag im Halbdunkel. Der hundertste Fanfarenstoß läutete den krönenden Abschluss des Mahls ein: Ein gigantisches Tablett, das auf den Schultern von acht Dienern hereingetragen wurde, versprühte Funken nach allen Seiten. Auf ihm thronte eine enorme, goldüberzogene römische Lupa , an deren Zitzen zwei Kinder saugten. Lorenzo sagte etwas, aber in der allgemeinen Aufregung um die Skulptur verstand Giovanni kein Wort. Er sah nur, wie Fränzchen aufstand und dem Gastgeber seinen Dank aussprach. Während er die Szene betrachtete, die ihn an den Tanz um das Goldene Kalb erinnerte, ließ ihm ein Diener ein Kärtchen in den Schoß gleiten. Giovanni sah sich um, aber die Witwe Becuccio, voll des süßen Weins und des gierig heruntergeschlungenen Essens, hielt die Augen halb geschlossen. Ihre Tochter Cecca scherzte mit einem Kavalier zu ihrer linken Seite. Niemand beachtete ihn, weshalb Giovanni schnell ein Auge auf das Kärtchen warf und es sogleich in einer Öllampe verbrannte, die vor ihm stand.
    Das Fest nahm seinen Lauf: Nachdem sich die Gäste eine Pause mit bitterem Wurzelsalat und einem Becher mit wertvollem Fruchteis gegönnt hatten, für das die florentinischen Köche berühmt waren, wurden nun die ebenfalls mit Blattgold überzogenen Störe aufgetragen. Die Pagen hatten sich als Fischer verkleidet und schritten zur Musik von Harfen und Zupfgeigen, die das Meeresrauschen imitierten, an die Tische. Während den Gästen serviert wurde, gesellten sich weitere Musiker zu dem Orchester. Gemeinsam spielten sie Saltarelli , französische Gagliarde -Tänze und lustige Morisken auf, um das Publikum zum Tanz zu animieren. Mit militärischer Disziplin räumten die Diener schnell das Geschirr ab, brachten den Tisch weg und stellten die Stühle an den Wänden entlang auf.
    Auf diesen Moment des Durcheinanders hatte Giovanni gewartet: Unauffällig schlich er sich durch eine der Haupttüren und lief die

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