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999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

Titel: 999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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band.
    »Hab Dank«, fuhr Giovanni fort. »Nun weiß ich, was ich zu tun habe: Ich werde eine Synopsis des Buches vorbereiten und in Paris vorsprechen. Das Universitätskollegium stellt eine unabhängige Autorität dar – und vielleicht werden sie mich anhören: Das ist im Moment die einzige Hoffnung.«
    »Warum nicht in Neapel? König Ferrante hängt weniger vom Papst ab als der französische König.«
    »Mein Freund, Haudegen, Hüter, Gelehrter, Nachkomme eines der edelsten Ritter der Geschichte und nun auch noch Politiker … Du könntest Recht haben, Ferruccio. Ich werde es überschlafen. Ich hoffe nur, dass du mit dem Gewicht, das du dir eben aufgeladen hast, auch schlafen kannst.«
    »Das werde ich, aber mit einem offenen Auge – so wie immer«, erwiderte Ferruccio lächelnd. »Nun geh zurück zu deinem Fest. Der Prächtige könnte deine Abwesenheit bemerken. Ich gehe nach dir in die andere Richtung.«
    Giovanni erhob sich, und obwohl es im Gasthaus düster war, konnte Ferruccio beobachten, dass ihm viele Blicke folgten. Die kurzen Haare ließen ihn im Gegensatz zu seinen blonden Locken von früher männlicher aussehen, aber Mirandola strahlte nach wie vor eine beinahe weibliche Grazie aus. Vielleicht, überlegte der Ritter, wäre es für seine Haltung, aber auch für seine Verteidigung nicht schlecht, wenn er ihm etwas über die Kunst des Schwertkampfes beibringen würde – nur ein paar Grundregeln wie den Gebrauch eines Degens: Eine leichte Klinge und ein paar hinterlistige Tricks würden schon ausreichen.
    Ferruccio trat aus dem Gasthaus und bemerkte, dass zwei finstere Gestalten mit spanischer Haartracht an einer Ecke herumlungerten. Instinktiv drehte er sich, um zu sehen, ob die gegenüberliegende Straßenseite frei war, als die Klinge, die ihn von hinterrücks treffen sollte, in seine Brust eindrang. Er spürte ein starkes Brennen, vor allem als er zurücktaumelte, aber wieder einmal verließ er sich auf seinen Instinkt. Er zog seinen Zweihänder und machte eine schnelle gebückte Drehung, um eine Mauer im Rücken zu haben. Sie waren zu dritt, und derjenige, der ihn hinterrücks angegriffen hatte, schien der schwächste von allen zu sein. Sein Gegner wich zurück, parierte den Stoß und hob dabei den Arm, um zum Schlag auszuholen. Genau darauf hatte Ferruccio gewartet: Er ging die Bewegung mit und erwischte seinen Angreifer mit einem tiefen Hieb in die Seite. Der Mann stieß einen Schrei aus und fiel zu Boden – allerdings ohne das Schwert loszulassen. Die andern beiden warfen sich auf ihn, aber Ferruccio überraschte sie, indem er sich ihnen mit gezücktem Schwert entgegenwarf und zwischen ihnen hindurchsprang. Darauf schwang er das erhobene Schwert einmal um sich – und traf einen der beiden Gegner. Nun war nur noch einer übrig, der sich verschüchtert in Verteidigungsstellung begeben hatte und ängstlich zurückwich, ohne Ferruccio dabei aus den Augen zu lassen. Er hatte ganz offensichtlich keine Lust mehr weiterzukämpfen, machte kehrt und ergriff die Flucht.
    Die Wunde brannte, aber er fühlte sich nicht geschwächt und schritt zügig aus. Er durchquerte den Borgo dei Greci und begab sich direkt zu seiner Unterkunft. Sie gehörte den Peruzzis, den Bankiers der de’ Medici. In seiner Kemenate zündete Ferruccio ein Licht an und begann sich auszukleiden. Als er Giovannis Buch hervorholte, bemerkte er in der Mitte einen kleinen Riss. Als er das Buch drehte, sah er, dass es blutig war: Das Buch hatte den tödlichen Hieb abgewehrt. Ferruccio reinigte sich die Wunde mit Johanniskrautsalbe und verband sie mit einem sauberen Stoffstreifen. Dann betrachtete er den Blutfleck und entschied, dass er ihn nicht entfernen würde. Ob es ein Zeichen Gottes, der Göttin, der Vorhersehung oder ein glücklicher Zufall war, war unwichtig.

Rom
    Freitag, 23. Februar 1487
     
    Heinrich Kramer ging im Vorzimmer des Papstes nervös auf und ab. Er war hochgewachsen und mager und trug die Kutte und das weiße Überkleid des Dominikanerordens. Kramer hatte eine ausgeprägte Adlernase, die unter seiner schwarzen Kapuze hervorlugte und ihn wie ein Frettchen aussehen ließ, das alles witterte und seiner Beute unbarmherzig nachstellte. Jacob Sprenger hingegen saß ruhig da und beobachtete das Hin und Her seines Lehrers. Auf seinen Knien ruhte ein schwerer, gelber Lederfoliant, von dessen glänzendem Frontispiz er ab und zu nicht existierende Staubkörner schnipste.
    Kardinalvikar Riario Sansoni beobachtete beide. Er saß an

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