999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)
Problem, er ist ein Konvertit, das behauptet er jedenfalls von sich. Es handelt sich um Eucharius Silber Franck, den Drucker der Thesen von Mirandola.«
»Nur um zu sparen, würdet Ihr das Malleus Maleficarum von einer Hexe und ihrem Dämon drucken lassen?« Der Kardinal war empört.
»Rodrigo! Ich finde, das ist eine nette Geste meinerseits. Mit dieser freiwilligen Spende wird der sündige Drucker seine Seele reinwaschen. Für ihn ist es ein gutes Geschäft, und uns hätten hundert Exemplare mehr als fünftausend Dukaten gekostet.«
»Es wird ihn trotzdem ruinieren.«
»Nein, er wird sich das Geld von seinen jüdischen Freunden leihen. Sie sind doch alle reich, und so mancher sogar reicher als Ihr.«
»An die werden wir auch denken, danach. Nun ist es wichtig, dass wir auf unserem Weg weitergehen.«
»Ihr seid geschickt, Rodrigo.«
»Das ist nur der Anfang, Giovanni. Und nun erlaubt mir, Euch zu verlassen. Es wurde zu viel über das Feminine gesprochen, ich habe Lust, meine Giulia zu sehen.«
»Geht, geht, Ihr habt es Euch verdient, Kardinal. Und denkt an das Fest zu Ehren von Fränzchen und Magdalena; Ihr solltet dort übermorgen auf keinen Fall fehlen.«
»Cibo e Medici für immer vereint, Euer Geschick steht dem meinen in nichts nach«, sagte Borgia und dachte daran, wer von den Eheleuten wohl zuerst sterben würde und woran. Altersschwäche oder eine schwere Krankheit schloss er aus.
Am gleichen Tag, später
Der Borgia-Stadtpalast
Rodrigo Borgia verließ den Vatikan in Begleitung einer kleinen Eskorte seiner besten Männer, die mit Hellebarden und Kurzschwertern bewaffnet waren. Er überquerte den Tiber und steuerte auf seinen neuen Stadtpalast zu. Die militärische Kleidung der Soldaten war ein krasser Gegensatz zu seinem weißen Gewand und dem purpurfarbenen Mantel mit dem dazu passenden Birett, mit dem er allzu gerne seine Glatze kaschierte. Eigentlich war es ungewöhnlich, dass Borgia liturgische Gewänder trug, die seinen Rang anzeigten – für gewöhnlich war er nur mit einem kleinen Degen und einem goldverzierten Dolch unterwegs. Die Wachen öffneten das schwere Tor und verbeugten sich vor ihrem Herrn. Borgia ging durch den Eingangsbereich in den Hof. Er sah zu einem der Fenster hoch und hoffte, das Antlitz seiner Giulia, der schönen Farnese, zu erblicken. Er nahm an, dass er wirklich in sie verliebt war. Oder war es nur sexuelle Raserei? Borgia stürmte eilig die Treppen hinauf, entledigte sich im Gehen seiner Waffen und ließ sie einfach fallen. Die Diener beeilten sich, sie rechtzeitig aufzufangen, bevor sie zu Boden fallen und Schaden nehmen konnten. Giulia war nicht da, aber nichtsdestotrotz war der Raum von Wärme erfüllt. Zwei Pagen halfen ihm dabei, seine Gewänder abzulegen und eine feine schneeweiße Wolltunika anzuziehen. Sie war mit wertvollen Seidenstickereien versehen, die aus einer Weberei aus Alicante kamen. Früher oder später würde er die Werkstatt kaufen, da sie ohnehin nur noch für seine Familie produzierte. Ein Diener brachte eine Karaffe mit süßem Wein aus Porto. Rom war schön, so wie seine Frauen, aber seine spanische Heimat war und blieb ihm der liebste Flecken Erde.
Der Nachmittag ging vorbei, und die laue Frühlingsluft war erfüllt vom Ruf der Schwalben. Rodrigo Borgia lehnte an der Säule eines Zwillingsfensters und betrachtete die Petersbasilika. Das tat er oft in letzter Zeit. Dabei stellte er sich vor, wie es sein würde, auf dem Thron zu sitzen. So vielversprechend alles begonnen hatte, so weit war der Weg dorthin, und so voller Hindernisse.
Das erste Hindernis war sein Alter. Obwohl er sich bei Giulia immer wie ein junger Hengst fühlte, war er schon 56 Jahre alt – ein Alter, das viele nur mit Mühe erreichten. Die Gesundheit von Innozenz war zum Beispiel nicht mehr die beste, und er war sogar noch ein Jahr jünger.
Dann war da noch della Rovere. Er hatte Innozenz bereits sein Missfallen bekundet, dass der Papst ihn zum Vize-Kardinalstaatssekretär der Römischen Kurie ernannt hatte. Innozenz hatte diese Idee gehabt, um den intensiven Kontakt, den die beiden in der letzten Zeit pflegten, zu rechtfertigen. Dass er der della-Rovere-Familie jedoch ungebührlich viel Macht über Rom und die ganze Kirche einräumte und ihnen bald nur noch mit teuer erkauften neuen Allianzen die Stirn würde bieten können, hatte Seine Heiligkeit zu spät begriffen.
Schließlich galt es noch einen weiteren Gegner im Auge zu behalten: Im Kampf um den Papstthron von
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