AAA - Das Manifest der Macht
hatte die Beziehung schnellstens beendet – so wie er schon viele andere vorher aus den unterschiedlichsten Gründen beendet hatte. Im nächsten Augenblick hatte er wieder Samanthas Gesicht präsent, das sich plötzlich auf groteske Weise mit den Erinnerungen verband, die er noch an Elaine hatte. John schüttelte unwillig den Kopf, öffnete die Augen wieder und vertrieb auf diese Weise die seltsamen Gedanken an eine sexuell zügellose Samantha Cunningham in seinem Bett. Er beendete seinen Rundgang durch das Zimmer, stellte sich ans Fenster und blickte hinaus. Draußen war alles wie immer so, als hätte es die unangenehme Szene im großen Konferenzsaal des First International Buildings nie gegeben. Und doch, für John hatte sich alles geändert. Er schüttelte abermals den Kopf und legte sich auf seine weiche, weiße Ledercouch.
Von dort aus warf er einen Blick auf die einzige Lichtquelle im Raum, die Leuchtanzeige einer Digitaluhr in seinem Bücherregal. In einer Stunde, hatte er mit Ben vereinbart, würde er wieder anrufen, das waren bis dahin noch gut vierzig Minuten. Den Gedanken, sofort zu versuchen, Ben zu erreichen, verwarf er gleich wieder. Er wollte nicht wieder eine Abfuhr bekommen, falls Samantha noch bei ihm war. Ob da etwas lief zwischen den beiden, fragte er sich und spürte einen kurzen Stich. Nein, sagte er sich dann, sie waren vom Typ her viel zu unterschiedlich, obwohl …?
Allmählich spürte John die einschläfernde Wirkung des auf nüchternen Magen getrunkenen Scotchs und hatte Mühe, die Augen offen zu halten. Wieder mischten sich Bilder von Samantha Cunningham in seine Gedanken. Dieses Mal tauchte sie auf einem riesigen Bildschirm auf und lachte höhnisch auf ihn herab, während sie ihm ein Mikrofon entgegenhielt, auf das der Kopf von Karl Marx gesteckt war, der ihn ebenfalls auslachte. Im nächsten Moment war John eingeschlafen.
KAPITEL 17
Während John in seinem Designer-Sessel schlief, Samantha ihren BMW Z4 nach Hause lenkte und Ben mit der U-Bahn in Richtung seiner Wohnung fuhr, setzte sich ein paar hundert Meilen nördlich eine ganze Kette von Geschehnissen in Gang, von denen keiner der Drei auch nur das Geringste ahnte.
Mitten in einem riesigen Waldgebiet in Maine lag ein unscheinbares Gebäude mit einem Kuppeldach, unter dem ein ganzer Wald von Antennen und Parabolspiegeln den Blicken neugieriger Beobachter entzogen war. Vor einer überdimensionalen Monitorwand gab ein Mitarbeiter die Namen und Versicherungsnummern von John Marks, Samantha Cunningham und Ben Atwood in seinen Rechner ein.
Daraufhin setzte sich ein Suchprogramm in Gang, das sämtliche Schrift-, Bild-,Video- und Toninformationen über diese drei Personen in den elektronischen Archiven und Datenspeichern von Behörden, Banken, Versicherungen, Telefongesellschaften, Hotels, Restaurants, Kreditkartenunternehmen, Tankstellen und den vielen weiteren Stellen, mit denen ein Mensch während seines Lebens in Berührung kommt, aufspürte und abspeicherte. Weitere Videodateien stammten von Überwachungskameras an Highways, Straßenkreuzungen, Bankautomaten, in Hotellobbys und Einkaufszentren.
Bereits eine Viertelstunde später, meldete das Suchprogramm den Abschluss der Datenerfassung. Der Mitarbeiter gab die für eine Überwachung notwendigen Informationen an drei Zweierteams weiter, die sich wenig später, trotz der nachtschlafenden Zeit, in drei identischen schwarzen Ford Explorern auf den Weg nach New York machten. Nach ihrem Eintreffen dort würden die drei Zielpersonen keinen Schritt mehr unbeobachtet machen können.
KAPITEL 18
John schreckte aus dem Schlaf hoch und wusste im ersten Moment nicht, wo er sich befand. Als erstes spürte er in seiner linken Hand das Glas mit dem Scotch, das er auf seinem Bauch abgestellt und offensichtlich während des Schlafs festgehalten hatte, ohne einen Tropfen zu verschütten. Er führte es zum Mund, stellte es aber dann fast angewidert weg. Langsam, wie durch dichten Nebel, kam ihm alles wieder ins Bewusstsein: Das Interview vom Vortag, Samantha Cunningham und ihre Fernsehreportage, die Blamage in der Kanzlei, die brenzlige Situation in der Tiefgarage und sein kurzes Telefonat mit Ben. Sein nächster Blick galt der Digitaluhr – und mit einem Schlag war John hellwach. Der vereinbarte Zeitpunkt für einen erneuten Anruf bei Ben war seit mehr als zwei Stunden verstrichen.
Er griff nach seinem Mobiltelefon, drückte auf die Wahlwiederholungstaste und unterbrach das Gespräch im
Weitere Kostenlose Bücher