Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
Gewitter, sintflutartige Regenfälle und an manchen Küsten Tsunamis.
Aaron wusste aus den Erzählungen seines Vaters, dass sich der Himmel blutrot färben würde, je mehr Menschen durch Seraphiel starben. Er hatte Angst um Rebecca. Während der Fahrt stellte er sich immer wieder ihr erstes Aufeinandertreffen im Supermarkt vor. Es kribbelte in seinem Magen vor Vorfreude, obwohl er nicht glaubte, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte.
Die Honda bewältigte die steile Market Street mit Leichtigkeit. Der Betrieb der Cable Car war wegen des starken Regens eingestellt worden. Aaron fuhr ins Parkhaus. Auf den ersten Blick wirkte die Mall sicher. Doch selbst hier drang die Finsternis der Hölle durch jede Ritze.
Aaron lief an den unzähligen Shops vorbei, ohne ihnen Beachtung zu schenken. Die Buchhandlung befand sich im ersten Stockwerk. Seine Sinne registrierten unter den Vorbeigehenden Nephilim, die ihm verstohlene Blicke zuwarfen. Er fuhr die Rolltreppe hinauf und im nächsten Moment stand er vor dem Schaufenster der Buchhandlung.
Er spähte durchs Glas, konnte aber Alegra nirgends entdecken. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, vorher anzurufen, anstatt es auf gut Glück zu versuchen. Egal, wenn er schon mal hier war, würde er nach ihr fragen.
Aaron betrat den Laden. Stimmengewirr schlug ihm entgegen. Die Buchhandlung erstreckte sich über zwei Etagen. In der oberen, auf einer Empore, gab es ein gemütliches kleines Café, das er vor längerer Zeit schon einmal mit Joel besucht hatte. Von dort aus besaß man einen guten Überblick über das Geschehen im Laden.
Er lief auf den Informationsschalter zu und fragte nach Alegra. Die zierliche Blondine mit den unzähligen Sommersprossen im Gesicht lächelte ihn an. Sie war Schwedin.
«Hi, ich möchte bitte zu Alegra. Ist sie heute im Haus?», fragte er sie in ihrer Muttersprache.
Einen Moment lang schien sie verblüfft zu sein, bis sie lächelte. Die Blutengel verstanden jede menschliche Sprache, ohne sie lernen zu müssen.
«Sind Sie ein Landsmann?», fragte sie.
«Nein, ich habe nur eine Zeit lang in Schweden gelebt», antwortete Aaron, obwohl es nicht der Wahrheit entsprach. Wie hätte er ihr das auch erklären sollen?
«Ah, ja. Alegra? Ich schau mal nach», antwortete sie und blätterte in einem Buch, das vor ihr auf dem Tresen lag. Zwischendurch sah sie lächelnd zu ihm auf. «Moment noch.» Ihr Finger zog eine Linie über das Papier, dann hob sie den Kopf. «Ja, sie ist im Haus. Vielleicht musste sie ins Lager oder hat gerade Pause. Wollen Sie vielleicht oben im Café auf sie warten? Ich sage ihr Bescheid.»
Aaron bedankte sich und wollte sich umdrehen, als sie ihn zurückhielt. «Ach, einen Moment. Ein Bestseller für die Wartezeit. Lassen Sie ihn einfach oben liegen.»
Sie drückte ihm ein Buch in die Hand.
«Danke.»
Aaron lief damit zur Treppe. Oben angekommen beobachtete er die Schwedin, die nach dem Telefonhörer griff. Er setzte sich an einen der Tische direkt an der Brüstung, wo ihm nichts entging, und schlug das Buch auf. Eine Karte mit dem Namen Marlie und einer Handynummer lag darin. Früher hätte ihn nichts davon abgehalten, das Mädchen anzurufen, aber seitdem er Rebecca kannte, interessierten ihn keine anderen Frauen mehr. Die Schwedin sah lächelnd zu ihm hinauf und Aaron nickte ihr freundlich, aber distanziert zu.
22.
Als Rebecca vor dem Lift stand, glaubte sie, beobachtet zu werden, aber sie konnte zwischen den parkenden Wagen nichts erkennen. Dennoch legte sich das Gefühl nicht, und sie sehnte die Ankunft des Fahrstuhls herbei. Kaum öffneten sich die Türen, stürmte sie hinein.
Durch die gläserne Kuppel, die sich über die Westfield Mall spannte, beobachtete Rebecca, wie der Himmel sich verdunkelte. Dabei hatte der Wetterbericht keinen Regen vorhergesagt. Rebecca lief zur Informationstafel und entdeckte die Buchhandlung sofort, die sich im dritten Stock befand.
Sie wählte anstelle des gläsernen Lifts die Rolltreppe, von der aus sie das elegante und moderne Einkaufszentrum überblicken konnte. Während sie nach oben fuhr, betrachtete sie die anderen Besucher auf der Rolltreppe abwärts. Wer von ihnen war ein Nephilim, wer ein Mensch?
Sie versuchte ihre Auren auszumachen. Viel zu spät erkannte sie das Ende der Rolltreppe und trat daneben. Sie geriet ins Stolpern und breitete die Arme aus, dabei prallte sie mit jemandem zusammen. Ihre Sinne schlugen sofort Alarm. Seine Energiewellen schabten wie ein Rasiermesser über ihr
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