Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
still. Schließlich hörte sie ihn atmen.
«Wichtig schon, aber New York war dir wichtiger als ich.»
Sie hatte diese Vorwürfe so satt. «Wer ist denn zuerst weggezogen? Dich trifft genauso viel Schuld wie mich. Und jetzt lass uns nicht mehr darüber reden. Es ist aus. Ich möchte nur noch nach Hause.»
«Wenn du irgendwann Zeit und Lust hast, mit mir essen zu gehen, melde dich.»
Er klang verärgert. Es klickte in der Leitung, bevor sie etwas erwidern konnte. Seufzend klappte sie das Handy zu und hängte den Kittel in den Schrank. Irgendwie war sie erleichtert. Fran wartete sicher schon draußen. Meistens nahmen sie nach Dienstschluss noch einen Drink, aber heute wollte sie zu dem Buchladen, Alegra besuchen.
«Könntest du bitte an der Westfield Mall halten?», fragte Rebecca, als Frans Chrysler vom Parkplatz fuhr.
«Du willst nach diesem Tag noch shoppen? Wollen wir das nicht auf morgen verschieben, unseren freien Tag? Wir haben zusammen schon lange keinen Schaufensterbummel mehr unternommen.»
«Ich will nicht shoppen, sondern was erledigen. Das habe ich jemandem versprochen.»
Eigentlich hatte sie sich nach dem Telefonat mit Aaron dagegen entschieden, diese Alegra aufzusuchen. Doch irgendetwas trieb sie zu ihr. Vielleicht auch nur die bloße Neugier.
Ihre Freundin warf ihr einen fragenden Seitenblick zu. «Rosie bat mich, eine Bekannte von ihr zu besuchen, um ihr etwas auszurichten», log Rebecca und fühlte sich mies dabei. So viel wie in den letzten Tagen hatte sie in ihrem ganzen Leben nicht gelogen.
Doch jetzt war nicht die passende Gelegenheit, um Francesca einzuweihen oder sie wegen der Begegnung mit der Fremden oder Ariel zu ängstigen. Das musste sie auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.
«Seit du aus New York zurück bist, bist du irgendwie anders.»
Sie konnte Frans Vorwurf durchaus verstehen. «Der neue Job, Moms und Dads Tod und dann noch die Neuigkeit, dass ich nur adoptiert wurde, das muss ich erst verdauen. Gib mir bitte Zeit.»
«Natürlich, entschuldige bitte, Liebes. Ich weiß, was du durchgemacht hast.»
Fran drückte Rebeccas Hand.
«Danke.»
Sie steuerte den Wagen die Market Street hoch und überholte die überfüllte Cable Car, die langsam den Hang hochkroch, bevor sie links in eine schmale Seitenstraße vor der Mall abbog. Dichte Wolken türmten sich auf, die Regen verkündeten. Es war kälter geworden und ein heftiger Wind fegte durch die Straßen und wirbelte das Laub von den Bäumen. «Ich glaube, da braut sich was zusammen. Soll ich dich später abholen?»
Fran deutete auf den schwarzen Himmel.
«Nein, nein, das ist nicht nötig. Ich nehme mir ein Taxi.»
Francesca hielt am Straßenrand. Rebecca stieg aus und winkte der Freundin noch einmal zu, bevor sie zum Eingang der Mall eilte. Der Wind fuhr durch ihre Kleidung und ließ sie frösteln. Sie zog den Kragen ihrer Jacke enger um den Hals.
Plötzlich nahm sie Vibrationen wahr, unangenehm, wie Katzenkrallen, die sich in die Haut bohrten. Ein Wesen aus Luzifers Kreisen. Doch sie konnte es nicht bestimmen. Sie fragte sich, ob alle Mischwesen diese Fähigkeit besaßen und sich diese mit mehr Übung im Laufe der Zeit entwickelte, so wie ihre Gabe sich in die Patienten hineinzufühlen.
Rebecca warf einen Blick über die Schulter zurück, konnte aber nichts Verdächtiges erkennen. Als sie die gläserne Schwingtür zur Mall aufzog, waren die Schwingungen verflogen.
21.
Die Schwingungen waren überall zu spüren, auf dem Rollfeld und auch in der Flughafenhalle, und glichen einer dichten Wolke. Es kribbelte auf Aarons Haut, als würden Insekten darüberlaufen. Die Rune in seinem Nacken brannte. Wie damals fühlte er überall Seraphiels Gegenwart.
Er fragte sich, ob dem Verkünder bereits das Exsolutio ausgehändigt worden war. Noch vor dem Start der Maschine in Rom hatte er Joel eine SMS geschickt, damit er Julia Rossi abpassen konnte.
Die Menschen am Flughafen schienen die drohende Gefahr nicht zu spüren. Dabei würde keiner von ihnen verschont bleiben. Wie Juan und seine Mutter. Der Schmerz brandete erneut in ihm auf. Der Tag der Abrechnung stand bevor.
Seine Finger schlossen sich fester um den Griff des Waffenkoffers, als hielte er das Schwert schon in der Hand. Ihm blieb nicht viel Zeit, um den flammenden Feldzug zu stoppen. Aarons Nasenflügel blähten sich bei jedem Atemzug. Alle Muskeln seines Körpers spannten sich an. Er war mehr als bereit, den Feind zu vernichten.
Er suchte in der Menge vergeblich nach
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