Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
ihr Nachfolger?
«Ich habe James gefeuert und übernehme für ihn.»
«Aber …», protestierte sie, «aber ich habe bereits mit den Untersuchungen begonnen und würde das gerne abschließen, bevor ich das Krankenhaus verlasse.»
«Haben Sie mich nicht verstanden? Ich werde das übernehmen. Freuen Sie sich doch auf Ihren Feierabend. Bevor Sie gehen, bitte Ihren Bericht. Und fassen Sie sich kurz.» Er zog sich Latexhandschuhe an und trat an den Untersuchungstisch.
James so kurzfristig gefeuert? Rebecca schluckte. Dem cholerischen Marley traute sie alles zu, das machte sie wütend. «Warum haben Sie James gerade jetzt entlassen, wo ich ab morgen nicht mehr da bin?»
«Was interessieren Sie meine Gründe, wenn Sie sowieso morgen gehen?», blaffte er sie an.
Der Junge stöhnte auf, und Rebecca verzichtete auf jegliche Diskussion. Widerwillig befolgte sie Marleys Bitte und beschrieb in wenigen Sätzen die Art der Wunden und den Zustand des Jungen.
Marley nickte: «Schwester MacKenzie, wir brauchen eine Röntgenaufnahme, um zu sehen, wie tief der Schnitt geht. Rufen Sie bitte in der Radiologie an, jemand möchte sofort herunterkommen.»
Im Feuer geboren und auch dem Feuer geopfert! Die Worte hallten in Rebecca nach, obwohl sie deren Sinn nicht verstand. Sie stand neben ihrem Chef, der die Brustwunde eingehend inspizierte. Eine innere Stimme warnte sie plötzlich, dass Röntgenstrahlen den Tod des Jungen bedeuten könnten.
«Wir sind jetzt fertig fürs Röntgen», sagte Schwester MacKenzie, die den Hörer aufgelegt hatte.
«Okay, dann ab mit ihm.» Marley schob den Tisch in Richtung Tür.
Rebeccas ungutes Gefühl verstärkte sich. Der Junge durfte nicht geröntgt werden. «Halt! Bitte warten Sie. Die Wunde geht nicht so tief, dass wir röntgen müssten», wagte sie sich vor.
Marley stoppte und sah sie mit finsterer Miene an. Er hasste es, wenn ihm widersprochen wurde. Aber Rebeccas Überzeugung, das Leben des Jungen wäre gefährdet, wuchs mit jedem Atemzug. Doch wie sollte sie Marley erklären, dass sie nur einer Eingebung folgte?
«Wie oft soll ich Ihnen noch sagen, dass Sie hier nichts mehr zu sagen haben, Rebecca?» Er sah sie vernichtend an.
«Bitte verstehen Sie doch …», entgegnete sie.
Marley stöhnte, bevor er ihr ins Wort fiel: «Ich muss Sie doch nicht daran erinnern, dass jede tiefe Wunde zum Röntgen muss. Oder besitzen Sie etwa einen Röntgenblick?»
Sie überhörte die Anspielung und blieb gelassen. «Bitte, Dr. Marley, diese Substanz, die ich bei ihm gefunden habe … wir wissen noch nicht, was es ist. Es könnte …»
«Wir haben jetzt keine Zeit auf die Laborergebnisse zu warten. Sie können selbst beurteilen, wie schlecht es ihm geht», fiel er ihr ins Wort.
«Bitte, ich habe zwar noch keine Beweise, aber ich glaube, dass Röntgenstrahlen für ihn gefährlich sind. Wir sollten die Ergebnisse aus dem Labor abwarten. Es kann sich doch nur um Minuten handeln.»
Marley wollte davon nichts hören. «Jede Minute könnte es mit ihm vorbei sein. Der Junge wird geröntgt und Schluss. Ich möchte keine Klage an den Hals, dass ich meiner ärztlichen Pflicht nicht nachgekommen bin.» Er presste seine schmalen Lippen zusammen und schob den Tisch weiter. Rebecca stellte sich vor die Tür. «Gehen Sie mir aus dem Weg! Zweifeln Sie meine Kompetenz an? Ich trage hier die Verantwortung!», brüllte er.
Was war, wenn sich alle irrten? Oder sie selbst? Jeder Irrtum war tödlich. Die Schwester zerrte Rebecca auf einen Wink Marleys hin beiseite. Marley schob den Jungen an ihr vorbei über den Flur in die Radiologie. Rebecca folgte ihm wie in Trance.
Der Junge bewegte sich unruhig auf dem Untersuchungstisch hin und her. Rebecca rieb sich die schmerzenden Unterarme. Sie spürte, dass der Junge sich selbst in der Ohnmacht wehrte. Marley forderte, ihm ein Beruhigungsmittel zu spritzen, als er vom Tisch zu fallen drohte. Auf sein Geheiß hin wurde der Junge mithilfe von Bändern fixiert, bevor ihm die Schwester das Beruhigungsmittel verabreichte. Die Gegenwehr verschlimmerte sich. Seine Augen rollten in den Höhlen, bis nur noch das Weiße zu sehen war, und er versuchte sich loszureißen.
«Sehen Sie doch, da stimmt was nicht. Bitte stoppen Sie das Ganze», wagte Rebecca einen weiteren verzweifelten Versuch. Marley war ihr Chef und trug die Verantwortung. Aber sie konnte nicht zusehen, wie er einen folgenschweren Fehler beging.
«Wie begründen Sie das? Welche Analysen haben Sie vorgenommen? Welche Fakten
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