Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
Tischplatte knallte, schepperte der metallene Briefbeschwerer.
«Ich weiß nicht, ob ich das kann. Der Verkünder ist wie ein Phantom.» Ernest kratzte sich am Kopf. «Wenn man ihn greifen will, löst er sich in Nichts auf. Manche munkeln in die Hölle.» Er zog eine Grimasse, die Aaron klar machte, wie sehr auch Ernest sich wünschte, dass der Kerl im ewigen Feuer schmorte. Und er selbst würde dafür sorgen, dass er da auch hinkam. Auf Nimmerwiedersehen.
«Rebecca, die Frau, die ich gerettet habe, ist ihm begegnet. Und weißt du was? Er hat sie laufen lassen! Aber wieso? Die ganze Zeit über stelle ich mir die Frage und komme zu keinem Ergebnis.»
Ernest unterbrach ihn nicht. Hinter seiner gerunzelten Stirn schien er zu grübeln. «Wenn die Rebecca nichts angetan haben und auch kein Geld erpressen, bleiben nicht mehr viele Möglichkeiten. Vielleicht besitzen sie oder ihre Eltern etwas, was die Sekte begehrt.»
«Ihre Gabe?»
Ernest schüttelte den Kopf. «Warum gerade sie? Es gibt genügend andere, die über ähnliche Fähigkeiten verfügen. Nein, es muss was anderes sein.»
«Du meinst, dass die Sekte an ihr Wissen gelangen will? Klingt gut. Es würde auch erklären, weshalb er ihr nichts angetan hat.»
«Hast du sie gefragt, ob sie irgendwas über die Apokalyptiker weiß? Oder ihre Eltern?»
«Sie schwört Stein auf Bein, dass sie nichts weiß, und ich glaube ihr. Ihre Angst war nicht gespielt.»
Die Variante, dass ihre Eltern mit der Sekte in Verbindung stehen könnten oder gestanden haben und sie nichts davon gewusst hatte, erschien ihm plausibler.
«Was weißt du über sie?»
Ernests Frage erwischte Aaron kalt. «Ehrlich gesagt, nichts.»
«Du solltest noch mal mit ihr reden. Vielleicht hat sie was übersehen oder vergessen?»
«Du hast recht. Sobald ich zurück bin, werde ich sie nach ihren Eltern fragen.»
Vielleicht waren ihre Eltern Mitglieder der Sekte und besaßen brisante Informationen? Oder hatten ihre Seelen verpfänden müssen?
«Habt ihr eigentlich über die im Internet recherchiert?»
Aaron schüttelte den Kopf.
«Hm, es soll da eine geheime Plattform geben, auf der sie sich austauschen. Leider bin ich eine technische Null und vergesse sogar mein eigenes Passwort. Gibt es da nicht einen unter euch, der quasi ein Informatikgenie ist? Wie hieß der noch gleich …»
Ernest schnippte mit den Fingern. Aaron wusste sofort, an wen er dachte.
«Du meinst Seth. Der ist seit der Affäre mit deiner Schwester und Greenberg spurlos verschwunden. Wir wissen nicht, ob er überhaupt noch lebt.»
Aber wir könnten ihn jetzt wirklich gut gebrauchen , ergänzte Aaron in Gedanken.
«Schade. Die Sekte agiert im Geheimen. Ich kenne zwar einige ihrer Anhänger, Nephilim und auch Menschen, sie gehörten früher zu meiner Gemeinde, aber leider sind sie nicht gerade kooperativ. Sobald du sie nach der Sekte fragst, schweigen sie. Ich habe wenigstens den Namen ihres Anführers erfahren: Joshua. Seine Herkunft liegt im Dunkeln. Er soll sich eine Zeit lang in Rom aufgehalten haben. Aber das kann niemand mit Gewissheit sagen.»
Wenn der Verkünder tatsächlich in Rom gewesen war, wussten auch seine Lehrmeister davon. Die Gegenwart eines neuen Nephilim sprach sich in ihren Kreisen sehr schnell herum. Weshalb hatte Alessandro nie etwas erwähnt?
«Sie sind wie eine Phalanx der Hölle. Alle halten zusammen aus Ehrfurcht vor ihrem Anführer.»
Aaron schnaubte verächtlich. Ernest war still geworden. Irgendetwas beschäftigte ihn. Aaron forschte in der Miene des Freundes, aber nichts verriet etwas über dessen Gedanken. Er hätte sich auch einfach in seinen Geist einklinken können, aber Freunde waren tabu.
«Woran denkst du, Ernest?»
«Du sagtest, der Verkünder und Luzifer hätten einen Pakt wegen der Seelen geschlossen. Aber diese entführten und ermordeten Frauen passen da irgendwie nicht rein.»
Ernest rieb sich nachdenklich übers Kinn. Aaron hasste es im Dunkeln zu tappen. Es war viel leichter einen Dämon zu erledigen, als diesen verfluchten Verkünder zu schnappen. Hinter dessen Stirn konnte er schauen.
Ernest stützte seufzend den Kopf in die Hände. «Der Verkünder braucht Luzifer zur Durchsetzung eines Plans. Diese ganzen Selbstentzündungen, sie deuten darauf hin …»
Aaron verstand sofort, worauf Ernest hinauswollte. «Dass sie Seraphiel vom Bann befreien wollen. Natürlich. Der Verkünder ist auf Luzifers Hilfe angewiesen. Während Luzifer und seine Schergen die Gewalten überwältigen,
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