Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
Viertel am Hudson River zu fahren. Vorher wollte er jedoch einen alten Freund besuchen. Wenn einer mehr über die Apokalyptiker wusste, dann Ernest Macombe.
Aaron stürmte aus der Pension und rannte zur U-Bahn-Station. Er hasste diese Bahnen. Als er auf dem Gleis wartete, erregte ein zerknittertes Flugblatt, das durch den Luftzug zwischen den Wartenden über den Bahnsteig glitt, seine Aufmerksamkeit.
Er lief dem Papier nach und stellte den Fuß darauf, bevor es im Sog des Tunnels auf Nimmerwiedersehen verschwand. Die Schrift darauf war verblasst. Nur die Überschrift war schemenhaft zu lesen, wenn man den Zettel gegen das Licht hielt: Folgt Luzifer. Die Zeit des Untergangs ist nahe.
Am oberen Rand waren die Umrisse einer Kirche zu erkennen. Wütend zerknüllte er das Flugblatt und pfefferte es in den Papierkorb, der neben der Fahrplanauskunft hing. Diese Sekte entwickelte sich zur Plage.
Aaron kannte Ernest schon seit vielen Jahren, als er einmal im Kampf gegen Dämonen verletzt worden war und vor Luzifer hatte fliehen müssen. Ernest hatte ihm in seiner Kirche Unterschlupf gewährt. Seitdem trafen sie sich in regelmäßigen Abständen. Der Priester hatte mittlerweile seine Gemeinde an einen Kollegen abgegeben und arbeitete jetzt als Dozent am Manhattan Christian College. Ein ruhigeres Leben, wie er beteuerte. Seine Erfahrungen mit den dunklen Mächten hatten ihn dazu bewogen, die Satanisten zu studieren.
Ernest wohnte seit ein paar Monaten in einem Mietshaus in der Anderson Avenue, nur wenige Schritte vom College entfernt. Aaron hatte ihn angerufen und kurzfristig um ein Gespräch gebeten. Eine Stunde später betrat er den Fahrstuhl, der ihn in den zwanzigsten Stock des Mietshauses zu Ernests Wohnung beförderte. Ein seltsames Gefühl stieg in ihm auf, als er aus dem Lift trat. Jemand beobachtete ihn. Doch sein Blick suchte den langen Flur, der im Halbdunkel lag, vergeblich ab. Es roch muffig nach der Holzdecke, die sicherlich vom Wurm befallen war. An den Wänden blätterte die Farbe ab.
Aarons Muskeln spannten sich sofort an, als über ihm eine Tür zuknallte. Er lauschte. Nichts. Auch das Gefühl eines Beobachters hatte sich verflüchtigt. Seine Hand tastete nach dem Spyderco-Messer und umschlang den Knauf. Noch immer nichts. Nach einer Weile zuckte Aaron die Achseln und drückte den Klingelknopf von Ernests Wohnung, die schräg gegenüber vom Lift lag. Schritte erklangen hinter der Tür, bevor ihm der Afroamerikaner öffnete.
«Hallo, Ernest.»
Die Freude über seinen Besuch im Gesicht seines Gegenübers war offensichtlich und tat gut. «Aaron, schön dich wiederzusehen. Komm rein.»
Ernest trug selbst in seiner Freizeit die für einen Priester typische Kleidung, bestehend aus einer schwarzen Hose, weißem Hemd und schwarzem Pullover. Aaron konnte sich nicht daran erinnern, ihn je in etwas anderem gesehen zu haben.
Er folgte Ernest in das winzige, spartanisch eingerichtete Wohnzimmer, das von dem klobigen Ahornschreibtisch erdrückt wurde, den er aus dem Pfarrhaus der Baptistengemeinde mitgenommen hatte. Anstelle der Shakerstühle stand nun ein cognacfarbenes Sofa an der Wand, direkt neben einem überquellenden Bücherregal.
Aaron zog das Schwert zwischen den Schulterblättern hervor und ließ sich auf das Ledersofa sinken.
«Du kommst wegen der Apokalyptiker? Was ist geschehen?»
Ernest setzte sich hinter seinen Schreibtisch, stützte die Arme auf, faltete die Hände und sah ihn erwartungsvoll an. Der Freund war während seiner Arbeit als Gemeindepriester auf die Apokalyptiker gestoßen und wusste, zu welchen Gräueltaten sie fähig waren.
«Diese Sekte und ihr Anführer sind verantwortlich für den Tod unserer Prophetin.» Aaron beschrieb, was bei der Versammlung der Nephilim geschehen war, auch Luzifers Erscheinen erwähnte er.
Ernests Miene wechselte zwischen Zorn und Fassungslosigkeit. «Das konnten sie nur dank Luzifers Unterstützung wagen!»
«Die Aktivitäten der Apokalyptiker werden immer dreister und ausgeklügelter. Sie haben gestern eine Frau in ein Haus am Hudson River entführt. Durch Dämonenstaub war es mir gelungen, sie ausfindig zu machen und zu befreien. Du hast recht, der Verkünder fühlt sich durch Luzifers Rückendeckung mehr als sicher.»
Aaron umriss in groben Zügen die Geschehnisse der vergangenen Stunden. «Ich suche nach ihrem Anführer. Das unselige Treiben muss ein Ende haben, so schnell wie möglich. Du musst mir dabei helfen.»
Als Aarons Faust auf die
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