Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
verließ. Draußen blies ein kalter Wind. Er stellte zum Schutz den Kragen seines Mantels hoch. Immer wieder blickte er über die Schulter zurück, als er spürte, dass ihm jemand folgte. Es war weder ein Dämon oder Gefallener, noch ein Mensch.
Aaron hasste es, den Verfolger nicht einschätzen zu können. Er versteckte sich hinter der nächsten Hausecke und wartete auf ihn. Aber außer einer Handvoll betrunkener Jugendlicher, die einen aktuellen Hip-Hop-Song grölten, war niemand weit und breit zu sehen. Nachdem ihre Stimmen verklungen waren, hörte er nichts außer dem üblichen Großstadtlärm. Keine Schritte, kein Atmen, kein Rascheln, nichts. Anscheinend hatte der Verfolger aufgegeben.
Dieses Mal bereute er es nicht, sich für die U-Bahn entschieden zu haben, denn das Spiel der Yankees war gerade zu Ende und die Straßen verstopft von den Besuchern, die aus dem Stadion strömten. In der U-Bahn-Station beobachtete er zwei Männer, die die Wartenden auf den Bahnsteigen ansprachen und Flugblätter verteilten.
Nephilim! Die dunkle Ausstrahlung war unverkennbar. Aaron fischte einen ihrer Zettel aus dem Müllkorb. Und wieder die Apokalyptiker. Das hätte er sich denken können. Dieselben Worte wie vorhin.
Er steckte den Zettel in die Manteltasche und lief den beiden Nephilim auf dem Bahnsteig hinterher. Aaron erwog die beiden zu stellen, überlegte es sich aber im letzten Moment anders und beobachtete stattdessen jeden ihrer Schritte. Nach einer Weile packten sie die letzten Flugblätter zusammen und stiegen in die nächste Bahn ein.
Aaron sprintete hinterher in den Wagen. Nach einem Dutzend Stationen verließen sie die Bahn schließlich an der Hochstation in Harlem und liefen die Treppe hinunter. Aaron wusste aus Nathanaels Beschreibungen, dass sich um die Ecke eine stillgelegte U-Bahn-Station befand, in der sich die Apokalyptiker früher getroffen hatten. In dem Tunnel hatte auch ein Höllentor existiert. In der Zwischenzeit hatte Luzifer es sicher versiegelt. Aber vielleicht nutzte die Sekte den Ort noch immer.
Die düstere Ausstrahlung des Höllentors schwebte wie eine Dunstglocke über dem verlassenen Betongebäude. Sein Schwert vibrierte auf dem Rücken. Hätte Nathanael damals das Gleiche gespürt, wäre ihm die unliebsame Begegnung mit dem Gefallenen erspart geblieben. Aber die Fähigkeiten eines Blutengels reiften verschieden aus und wuchsen mit jedem Jahr heran. Aarons Sinne reagierten besonders sensibel auf Schwingungen.
Eine Weile beobachtete er von der gegenüberliegenden Straßenseite aus die verschlossene Tür des Tunnels. Wie schon in Ernests Haus spürte er erneut die seltsamen Vibrationen seines Verfolgers. Absätze klapperten auf dem Asphalt und weckten Aarons Aufmerksamkeit. Eine Blondine näherte sich dem Tunnel. Aaron kniff die Augen zusammen, sein Herzschlag beschleunigte sich. Rebecca? Steckte sie mit dem Verkünder unter einer Decke?
Bevor er seinen Gliedern befehlen konnte, ihr zu folgen, verschwand sie schon durch das Tor im Innern des Tunnels. Die beiden Männer mit den Flugblättern folgten ihr. Aaron spürte die Gewaltbereitschaft der beiden und fürchtete um Rebecca. Und er hatte geglaubt, sie hätte aus der Erfahrung mit Lattisaw gelernt.
Aaron eilte über die Straße. Es gelang ihm, das Tor geräuschlos aufzuziehen und genauso wieder hinter sich zu schließen. Leise schlich er im Halbdunkel voran. Unten im Tunnel brannten Fackeln, deren Licht heraufleuchtete und einen Teil des oberen Bereichs erhellte.
Das Klappern der Absätze hallte durch die Station. Bevor er sich die Frage stellen konnte, wo die beiden Nephilim abgeblieben waren, hörte er Stimmen. Aaron erreichte die Treppe, die hinab zu den ehemaligen Bahnsteigen führte. Sein Blick suchte nach dem Höllentor. Nur eine Rußschicht zog sich vertikal über eine Seite der Tunnelmauer, an der Stelle, wo es sich befunden haben musste. Luzifer hatte es tatsächlich versiegelt.
Aaron lehnte sich an die Mauer und blickte über das Treppengeländer nach unten. Rebecca ging auf und ab, dann drehte sie sich zu den Nephilim um, die die Treppe hinabstiegen.
«Wo ist der Verkünder?», fragte sie barsch.
Die Stimme gehörte eindeutig Rebecca. Die Enttäuschung brannte wie Säure in seinen Adern.
«Er wird nicht kommen. Du musst uns schon sagen, was du willst», forderte der Schmächtigere von beiden.
Aaron konnte von oben erkennen, dass sie etwas hinter dem Rücken versteckte. Was wollte sie von dem Verkünder? Er wollte ihr
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