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Ab die Post

Ab die Post

Titel: Ab die Post Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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könnte?«
    »Bist du betrunken?«, fragte Fräulein Liebherz.
    »Leider nicht«, sagte Feucht. »Aber ich wäre es gern. Nun, Fräulein Liebherz? Ich habe sogar meinen guten Anzug gerettet!«
    Sie war noch immer verblüfft, doch eine Antwort entkam, bevor natürlicher Zynismus die Tür schließen und verriegeln konnte. »Mein Bruder nannte mich…äh…«
    »Ja?«
    »Killer«, sagte Fräulein Liebherz. »Aber er meinte es nett. Wag du es bloß nicht, mich so zu nennen!«
    »Wie wäre es mit Spike?«
    »Spike? Nun… mit Spike könnte ich leben«, sagte Fräulein Liebherz. »Und du ebenfalls. Aber dies ist nicht der geeignete Zeitpunkt, um zu tanzen…«
    »Ganz im Gegenteil, Spike«, sagte Feucht und strahlte im Feuerschein. »Dies ist genau der richtige Zeitpunkt. Wir tanzen, und dann sorgen wir dafür, dass hier aufgeräumt wird, damit wir morgen früh öffnen können und die Post wieder zugestellt werden kann. Wir geben den Wiederaufbau des Gebäudes in Auftrag, und dann ist alles wieder so, wie es einmal war, warte nur ab.«
    »Vielleicht stimmt es tatsächlich, dass die Arbeit im Postamt Leute verrückt macht«, sagte Fräulein Liebherz. »Woher willst du das Geld für den Wiederaufbau nehmen?«
    »Die Götter werden uns helfen«, sagte Feucht. »Verlass dich drauf.«
    Sie musterte ihn. »Ist das dein Ernst?«
    »Ja«, sagte Feucht.
    »Du willst um Geld beten?«
    »Nicht ganz, Spike. Die Götter bekommen jeden Tag tausende von Gebeten. Ich habe andere Pläne. Wir bringen das Postamt zurück, Fräulein Liebherz. Ich muss nicht wie ein Polizist denken oder wie ein Postbote oder wie sonst jemand. Es genügt, wenn ich die Dinge auf meine Weise erledige. Und bis zum Ende der Woche treibe ich Reacher Gilt in den Ruin.«
    Der Mund von Fräulein Liebherz bildete ein perfektes O. »Wie willst du das anstellen?«, brachte sie hervor.
    »Ich habe keine Ahnung, aber alles ist möglich, wenn ich mit dir tanzen kann und alle meine Zehen behalte. Tanzen wir, Fräulein Liebherz?«
    Sie war erstaunt, verblüfft und verwirrt, und das mochte Feucht von Lipwig. Er war überglücklich. Den Grund dafür kannte er nicht, und er wusste auch nicht, was er als Nächstes tun würde, aber eins war ihm klar: Es würde Spaß machen.
    Er spürte das alte elektrisierende Gefühl, das man bekam, wenn man direkt vor einem Bankier stand, der sorgfältig eine Fälschung prüfte, bei der man sich besonders viel Mühe gegeben hatte. Das Universum hielt den Atem an, und dann lächelte der Mann und sagte: »Ausgezeichnet, Herr Deckname, ich werde veranlassen, dass man dir sofort das Geld bringt.« Es war die Aufregung, nicht die der Jagd, sondern des Stillstehens, des Bemühens, ruhig und gefasst und echt zu sein, gerade lange genug, um die Welt zu täuschen und sie um den Finger zu wickeln. Das waren die Momente, für die er lebte. Während dieser Momente war er wirklich lebendig, und seine Gedanken glitten wie Treibsand dahin, und die Luft selbst funkelte. Später würde das Gefühl seine Rechnung präsentieren, aber derzeit flog er.
    Er war wieder im Spiel. Doch zunächst, im Licht des brennenden Gestern, tanzte er mit Fräulein Liebherz, während zerlumpte Gestalten musizierten.
    Anschließend kehrte sie heim und ging ins Bett, verwirrt und mit einem seltsamen Lächeln, und er betrat sein Büro, dem eine ganze Wand fehlte, und wurde religiös.
     
    Der junge Priester des Krokodilgottes Offler war um vier Uhr morgens ein wenig verwundert, aber der Mann mit dem Flügelhut und dem goldenen Anzug schien genau zu wissen, was passieren sollte, deshalb ließ der Priester ihn gewähren. Er war nicht sehr intelligent, was erklärte, warum er um diese Zeit Dienst hatte.
    »Du möchtest diesen Brief für Offler zustellen?«, fragte er und gähnte. Der Besucher hatte ihm einen Umschlag in die Hand gedrückt.
    »Er ist an ihn adressiert«, sagte Feucht. »Und es klebt eine Briefmarke drauf. Ein gut geschriebener Brief erregt immer Aufmerksamkeit. Ich habe auch ein Pfund Würste mitgebracht, das ist so üblich, glaube ich. Krokodile mögen Würste.«
    »Eigentlich wendet man sich mit Gebeten an die Götter«, sagte der Priester skeptisch. Das Hauptschiff des Tempels war leer, bis auf einen kleinen alten Mann, der eine schmutzige Kutte trug und verträumt fegte.
    »So wie ich das verstehe, erreicht die Wurstgabe Offler, indem sie gebraten wird«, erwiderte Feucht. »Und der Geist der Würste erreicht Offler durch den Geruch, nicht wahr? Und dann esst ihr die

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