Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ab die Post

Ab die Post

Titel: Ab die Post Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
die Fragen nur deshalb stellte, damit alles seine Ordnung hatte.
    »Vielleicht war es eine besonders große Taube«, hatte Feucht gesagt. »Von Tauben wimmelt’s in diesem Gebäude.«
    »Das bezweifle ich«, erwiderte der Hauptmann geduldig. »Wir glauben, dass es ein Banshee gewesen sein muss. Sie sind sehr selten.«
    »Ich dachte, sie schreien nur auf den Dächern von Leuten, die bald sterben«, sagte Feucht.
    »Das gilt für die zivilisierten. Die wilden übergehen den Zwischenhändler. Der Junge sprach davon, dass er etwas geschlagen hat…«
    »Stanley erwähnte ein, äh, fliegendes Geschöpf«, sagte Feucht. »Aber ich dachte, es wäre nur eine…«
    »… besonders große Taube gewesen. Verstehe. Und du hast keine Ahnung, wie das Feuer ausbrach? Ich weiß, dass ihr hier Sicherheitslampen verwendet.«
    »Wahrscheinlich haben sich die Briefhaufen spontan selbst entzündet«, sagte Feucht, der Zeit gehabt hatte, darüber nachzudenken.
    »Niemand hat sich seltsam verhalten?«
    »Das ist im Postamt schwer zu sagen, glaub mir.«
    »Keine Drohungen? Von Leuten, die du vielleicht verärgert hast?«
    »Nein.«
    Der Hauptmann hatte geseufzt und sein Notizbuch eingesteckt.
    »Ich lasse das Gebäude trotzdem heute Nacht bewachen«, hatte er gesagt. »Kompliment für die Rettung der Katze. Dafür hast du großen Applaus bekommen. Nur noch eine Sache…«
    »Ja, Hauptmann?«
    »Warum sollte ein Banshee – oder vielleicht eine besonders große Taube – Herrn Grütze angreifen?«
    Und Feucht dachte: die Mütze…
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte er.
    »Ja, da bin ich sicher«, erwiderte der Hauptmann. »Natürlich hast du keine Ahnung, völlig klar. Ich bin Hauptmann Eisengießersohn, doch die meisten nennen mich Hauptmann Karotte. Zögere nicht, Kontakt mit mir aufzunehmen, wenn dir noch irgendetwas einfällt. Wir sind zu deinem Schutz hier.«
    Und was hättest du gegen einen Banshee unternommen?, dachte Feucht. Du verdächtigst Gilt. Gut. Aber Leute wie Gilt scheren sich nicht um das Gesetz. Sie brechen es nie, aber sie benutzen andere Leute, die das tun. Und du wirst nirgends etwas Schriftliches finden.
    Kurz bevor der Hauptmann gegangen war… Feucht war sicher gewesen, dass ihm der Werwolf zugezwinkert hatte.
    Als es jetzt zu regnen begann und die noch heißen Steine zischten, sah sich Feucht um. Es gab noch immer viele Feuer, dort, wo die Golems den Schutt zusammengeschoben hatten. Und da dies Ankh-Morpork war, hatte sich das Nachtvolk versammelt, um sich ein wenig zu wärmen.
    Es würde ein Vermögen kosten, das Postamt wieder aufzubauen. Und? Er wusste, wo es viel Geld gab. Bisher hatte er kaum Verwendung dafür gehabt. Es diente ihm eigentlich nur als Maß seines Erfolgs. Aber dann würde dies alles enden, denn es hatte Albert Spangler und den anderen gehört, nicht einem unschuldigen Postminister.
    Feucht nahm die goldene Mütze ab und betrachtete sie. Ein Avatar, hatte Pelc gesagt. Die menschliche Verkörperung eines Gottes. Aber er war kein Gott. Er war nur ein Betrüger in einem goldenen Anzug, und der Betrug hatte sein Ende erreicht. Wo war jetzt der Engel? Wo waren die Götter, wenn man sie brauchte?
    Die Götter konnten helfen.
    Die Mütze glänzte im Schein der Feuer, und Teile von Feuchts Gehirn glitzerten. Er atmete nicht, als der Gedanke kam, aus Furcht, ihn zu verscheuchen. Es war so einfach. Und etwas, das einem ehrlichen Mann nie eingefallen wäre…
    »Was wir brauchen«, sagte er, »ist…«
    »Ist was?«, fragte Fräulein Liebherz.
    »Musik!«, verkündete Feucht. Er stand auf und wölbte die Hände vor dem Mund. »He Leute! Sind irgendwelche Banjospieler unter euch? Vielleicht auch Fiedler? Jeder von euch, der Walzerklänge zu bieten hat, bekommt von mir eine Ein-Dollar-Briefmarke mit hohem Sammlerwert. Ihr wisst schon: eins-zwei-drei, eins-zwei-drei?«
    »Bist du vollkommen verrückt geworden?«, fragte Fräulein Liebherz. »Das kann doch nicht dein…«
    Sie unterbrach sich, als ein zerlumpter Mann Feucht auf die Schulter klopfte.
    »Ich spiele Banjo«, sagte er, »und mein Freund Humphrey hier bläst ordentlich in die Mundharmonika. Das Honorar beträgt einen Dollar, Herr. Bitte in Form einer Münze, weil ich nicht schreiben kann und niemanden kenne, der lesen kann.«
    »Liebstes Fräulein Liebherz«, sagte Feucht und lächelte wie ein Irrer. »Hast du noch einen anderen Namen? Einen Spitznamen vielleicht, irgendeine entzückende Verkleinerungsform, mit der ich dich ansprechen

Weitere Kostenlose Bücher