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Ab die Post

Ab die Post

Titel: Ab die Post Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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bevor der Mob eintraf. Und wenn der Chef in Selbstgesprächen seine eigene Genialität lobte – dann wurde es kritisch.
    »Hoffnung ist der Fluch der Menschheit, Igor«, sagte Gilt und faltete die Hände hinterm Kopf.
    »Könnte fein, Herr«, sagte Igor und versuchte, den schrecklichen, krummen Schnabel zu meiden.
    »Der Tiger hofft nicht, seine Beute zu erreichen, und die Gazelle hofft nicht, den Krallen zu entgehen. Sie laufen, Igor. Nur das Laufen zählt. Beide wissen, dass sie laufen müssen. Und ich muss jetzt zu den netten Leuten von der Times laufen, um allen von unserer strahlenden Zukunft zu erzählen. Bitte lass die Kutsche vorfahren.«
    »Ja, Herr. Wenn du geftatteft, hole ich mir zuerft einen anderen Finger.«
    Ich glaube, ich kehre in die Berge zurück, dachte Igor, als er in den Keller ging. Dort hat ein Ungeheuer wenigstens den Anstand, wie eines auszusehen.
     
    Bei den Ruinen des Postamts erhellten Fackeln die Nacht. Die Golems brauchten sie nicht, wohl aber die Landvermesser. Feucht hatte eine gute Vereinbarung getroffen. Immerhin waren die Götter an dieser Sache beteiligt. Es konnte einer Baufirma nicht schaden, mit diesem Phönix von einem Gebäude in Verbindung gebracht zu werden.
    In dem noch stehenden, abgestützten und von Planen überspannten Teil arbeitete das Postamt beziehungsweise die Personen, die das Postamt bildeten. Eigentlich gab es für sie alle nicht genug zu tun, aber sie erschienen trotzdem. Es war eine solche Nacht. Man musste zugegen sein, um später sagen zu können: »Und ich war dabei, in jener Nacht…«
    Feucht wusste, dass er hätte schlafen sollen, aber er musste ebenfalls dabei sein, voller Schwung und Elan. Es war… erstaunlich. Die Leute hörten ihm zu, erledigten Dinge für ihn und eilten hin und her, als wäre er wirklich ein fähiger Chef und kein Betrüger.
    Und dann die Briefe. Die Briefe schmerzten. Immer mehr trafen ein, an ihn adressiert. Die Neuigkeit hatte sich in der Stadt herumgesprochen. Es hatte in der Zeitung gestanden! Dieser Mann genoss die Aufmerksamkeit der Götter!
    … Wir stellen auch bei den Göttern zu…
    Er war der Mann mit dem goldenen Anzug und der Flügelmütze. Sie hatten einen Gauner zum Boten der Götter gemacht, und auf seinem verkohlten Schreibtisch häuften sich ihre Hoffnungen und Ängste… mit falscher Interpunktion und der kostenlosen Tinte des Postamts geschrieben, die von Eile kündende Kleckse bildete.
    »Man hält dich für einen Engel«, sagte Fräulein Liebherz, die auf der anderen Seite des Schreibtischs saß und ihm half, die Mitleid erregenden Bittschriften durchzugehen. In Abständen von etwa einer halben Stunde brachte Herr Pumpe weitere.
    »Das bin ich nicht«, erwiderte Feucht scharf.
    »Du sprichst zu den Göttern, und die Götter hören dir zu«, sagte Fräulein Liebherz und lächelte. »Sie haben dich zum Schatz geführt. Woher hast du übrigens gewusst, wo all das Geld lag?«
    »Glaubst du nicht an Götter?«
    »Natürlich nicht. Nicht solange Leute wie Reacher Gilt unter dem Himmel herumspazieren. Es gibt nur uns. Also, was ist mit dem Geld?«
    »Ich kann es dir nicht sagen«, entgegnete Feucht.
    »Hast du einige der Briefe gelesen?«, fragte Fräulein Liebherz. »Kranke Kinder, sterbende Ehefrauen…«
    »Einige wollen einfach nur Bares«, warf Feucht hastig ein, als machte er es damit besser.
    »Kann man es ihnen verdenken, Herr Schick? Dir ist es sogar gelungen, die Götter anzupumpen!«
    »Was soll ich mit all diesen… Gebeten machen?«, fragte Feucht.
    »Stell sie zu. Das ist deine Pflicht. Du bist der Bote der Götter. Und sie sind frankiert. Manche Umschläge sind voller Briefmarken! Es ist dein Job. Bring die Briefe zu den Tempeln. Das hast du versprochen!«
    »Ich habe nie versprochen…«
    »Du hast es versprochen, als du ihnen die Briefmarken verkauft hast!«
    Feucht wäre fast vom Stuhl gefallen. Fräulein Liebherz schwang den Satz wie eine Keule.
    »Und es wird ihnen Hoffnung geben«, fügte sie ruhiger hinzu.
    »Falsche Hoffnung«, sagte Feucht und richtete sich wieder auf.
    »Diesmal vielleicht nicht«, meinte Fräulein Liebherz. »Darum geht es bei der Hoffnung ja gerade.« Sie nahm die Reste von Anghammarads Armband. »Er trug eine Nachricht durch die ganze Zeit. Du glaubst, dass du es schwer hast?«
    »Herr Lipwig?«
    Die Stimme schwebte aus dem Saal empor, und gleichzeitig fielen die Hintergrundgeräusche wie ein schlechtes Soufflé zusammen.
    Feucht ging dorthin, wo einst eine Wand

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