Ab die Post
Einen Augenblick lang war die Welt still, und dann richtete sich Boris auf, schaffte in einer Sekunde den Übergang von friedfertig zu völligem Wahnsinn. Die hinteren Hufe klackten auf den Steinplatten, und die vorderen versuchten, die Luft zu zerstampfen.
»Wundervoll! Bleib so!«
Die Welt wurde weiß. Und Boris raste los.
7A
Schnelle Post
Das Wesen des Pferds Boris – Der unheimliche Turm – Herr Lipwig kühlt ab – Die Dame mit Knoten an den Ohren – Einladung angenommen – Herrn Robinsons Box – Ein geheimnisvoller Fremder
Hobson hatte versucht, Boris als Rennpferd einzusetzen, und er wäre ein sehr gutes gewesen, wenn er nicht die fest in ihm verankerte Gewohnheit gehabt hätte, das Pferd neben ihm anzugreifen und in der ersten Kurve über den Zaun zu springen. Feucht presste eine Hand auf die Mütze, klemmte die Zehen unter den Bauchgurt und hielt sich an den Zügeln fest, als ihm der Breite Weg entgegensprang. Karren und Leute huschten schemenhaft an ihm vorbei, und seine Augen schienen sich ihm in den Kopf zu bohren.
Weiter vorn stand ein Karren quer auf der Straße, doch es gab keine Möglichkeit, Boris zu steuern. Gewaltige Muskeln spannten sich, und in einem langen, stillen Moment schwebte der Hengst über dem Karren.
Dann schlugen Hufe Funken sprühend auf das Kopfsteinpflaster, als Boris landete, sich sofort fing und beschleunigte.
Die übliche Menge am Mittwärtigen Tor stob auseinander, und die Ebene erstreckte sich bis zum Horizont. Sie stellte irgendetwas mit Boris’ irrem Pferdegehirn an. So viel Platz, und alles hübsch flach, nur einige wenige leicht zu überspringende Hindernisse, zum Beispiel Bäume…
Boris sammelte zusätzliche Kraft und wurde noch schneller. Büsche, Bäume und Karren flogen ihm entgegen.
Feucht verfluchte die gespielte Tapferkeit, mit der er Hobson aufgefordert hatte, den Sattel abzunehmen. Alle seine Körperteile hassten ihn bereits. Aber eigentlich, wenn man unter die Ananas sah, war der Ritt mit Boris gar nicht so schlimm. Er hatte seinen Rhythmus, einen schnellen Passgang, und der Blick seiner brennenden Augen war auf die blaue Ferne gerichtet. Sein Hass auf alles verlor sich derzeit in der wilden Freude über das Raumangebot. Hobson hatte Recht, man konnte ihn nicht einmal mit einem Knüppel lenken, aber wenigstens lief er in die richtige Richtung, und zwar weg vom Stall. Boris wollte seine Tage nicht damit verbringen, Ziegelsteine aus seiner Wand zu treten, während er darauf wartete, den nächsten aufgeblasenen Idioten abzuwerfen. Er wollte den Horizont beißen. Er wollte laufen.
Feucht zog sich vorsichtig die Mütze vom Kopf und nahm sie in den Mund. Er wagte nicht daran zu denken, was geschehen würde, wenn er sie verlor. Er musste sie am Ende der Reise auf dem Kopf haben. Das war wichtig. Es war eine Frage von Stil.
Vorn und ein wenig auf der linken Seite sah er einen Turm des Großen Strangs. Es gab zwei von ihnen auf den zwanzig Meilen zwischen Ankh-Morpork und Sto Lat, denn sie übernahmen fast den gesamten Nachrichtenverkehr des Kontinents. Hinter Sto Lat teilte sich der Große Strang in Nebenstränge, doch hier strömten die Worte der Welt durch die Luft…
Besser gesagt: Sie sollten durch die Luft strömen. Doch die Klappen bewegten sich nicht. Als er näher kam, sah Feucht Männer hoch oben auf dem offenen Holzturm arbeiten. Ein ganzer Teil davon schien abgebrochen zu sein.
Ha! Bis dann, ihr Blödis! Die Reparatur würde eine Weile dauern. War es vielleicht einen Versuch wert, Post für Pseudopolis über Nacht zuzustellen? Feucht nahm sich vor, mit den Kutschern zu reden. Sie hatten das Postamt nie für die verdammten Kutschen bezahlt. Und es spielte keine Rolle, ob der Klackerturm rechtzeitig repariert wurde, denn das Postamt hatte sich bemüht. Die Klackergesellschaft war ein großer Schinder, der Leute hinauswarf, die Gebühren erhöhte und viel Geld für einen schlechten Dienst verlangte. Das Postamt war der Underdog, und ein Underdog kann immer eine weiche Stelle zum Zubeißen finden.
Vorsichtig zog er an der Decke unter sich. Mehrere Organe waren taub.
Die weit aufragenden Rauchschwaden von Ankh-Morpork blieben hinter ihm zurück. Die kleineren Rauchfahnen von Sto Lat zeigten sich zwischen Boris’ Ohren. Der erste Turm verschwand, und der zweite geriet in Sicht. Er hatte in nur zwanzig Minuten mehr als ein Drittel der Strecke zurückgelegt, und Boris lief noch immer mit voller Geschwindigkeit.
Etwa auf halbem Wege
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