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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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nicht wie eine schreckliche Parodie ihrer gleichen Geste von vor drei Nächten an. Im Gegenteil, daß sie es hier tut, in dieser Unglücksanstalt, diesem Tollhaus, empfinde ich als großen Vertrauensbeweis in meine Schulter. Ich spüre, wie sich ein ungewohnter Mantel um eben diese Schultern legt, der des Beschützers. Na ja, im kalten Licht des Warteraums betrachtet, ist es vielleicht einfach so, daß sie einschlafen kann und ich nicht. Hin und wieder rutscht ihr Kopf auf meine Brust runter, aber jedesmal legt sie ihn, ohne aufzuwachen, sofort wieder zurück. Einen solchen Tiefschlaf kann ich mir nicht mal in meinen Träumen vorstellen.
    Das Ganze hier - der antiseptische Geruch, in den sich der grüne Zungenbelag-Atem der Patienten mischt, das unentwegte Pumpgeräusch des Krankenhausgenerators, der blinkende Cursor auf dem Computerbildschirm der Stationsschwester — wirkt durch die Wand meiner Müdigkeit so gedämpft auf meine Sinne ein, daß es schon fast wie eine Erinnerung erscheint, obwohl es in diesem Augenblick geschieht. Vor einer Weile versuchte ich, mir eine Tasse Kaffee aus dem Automaten gegenüber den Toiletten zu holen, aber sowie der braune Sud in den beigen Plastikbecher gesprudelt war, stellte ich fest, daß ich ihn nicht zu meinem Stuhl zurücktragen konnte; jeder Schritt verursachte ein Überschwappen und jedes Überschwappen ein unfreiwilliges Händezittern, das dann ein noch wilderes Überschwappen bewirkte. Bis ich wieder beim Notaufnahmeschreibtisch angelangt war, überlegte ich jedenfalls ernsthaft, mich mit Verbrennungen ersten Grades am Venushügel hier einliefern zu lassen.
    Ein Asiate, Anfang zwanzig, der vor einer Weile mit einem in die Stirn geritzten Muster ankam, das eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Union Jack hatte, wankt, einen kunstvollen Verband um den Kopf, durch die Doppeltüren neben dem Notaufnahmetresen. Die »8« auf dem Nummernwechsler fällt nach vorn wie in einer Zeitlupenszene aus einem 30er Jahre-Film, und dahinter kommt eine »9« zum Vorschein. Ich höre, wie sich das Paar hinten von seinen Sitzen hochkämpft und das leise Knurren des Mannes, mit dem er seine Frau fragt, ob sie’s auf der Reihe hat, was sie sagen soll. Nick stößt auf seinem Rückweg von den Telefonen mitten durch das Paar und setzt sich neben mich, blind gegenüber der Tatsache, daß der rotgesichtige Mann sich umgedreht hat und ihn auf eine Wenn du Ärger suchst, den kannst du haben- Art anguckt. Glücklicherweise zieht ihn seine kleine dicke Frau am Ärmel weiter, was ihm erlaubt, sein Gesicht, ohne es zu verlieren, wegzudrehen; sonst hätte er Nick wohl in alle Ewigkeit angestarrt.
    »Wen hast du angerufen?« frage ich.
    »Eine Freundin«, sagt er, ohne mich anzusehen. Seit wir hier angekommen sind, ist seine Hilflosigkeit wie weggeblasen, und er kehrt wieder die selbstgerechte, aggressive Seite seiner Verrücktheit hervor, womöglich weil er die auf ihn lauernde Irrenanstalt wittert.
    »Um drei Uhr nachts?«
    Er guckt stur weiter - geradeaus. »Manche Leute unterwerfen sich nicht den Gesetzen von Nacht und Tag.«
    Ich ignoriere die himmelschreiende Ironie, daß er das zu mir sagt, und versuche es mit einem letzten Appell an seine dahingegangene Vernunft.
    »Nick. Du wolltest herkommen, erinnerst du dich?«
    »Ach wirklich?«
    »Du wolltest Hilfe.«
    »Das stimmt«, sagt er und dreht sich endlich zu mir um, »die Frage ist nur, welche Sorte Hilfe!«
    Er betont jedes Wort, legt so viel Rätselhaftigkeit in den Satz, wie er kann. Das Dumme an Nicks Verrücktheit ist, daß es die Verrücktheit eines Blödmanns ist. In unserer Kultur sind wir so überzeugt von der Nähe zwischen Wahnsinn und Genie, daß wir nicht auf banale, klischeehafte Durchgedrehtheit vorbereitet sind, auf die Verrücktheit von Nicht-Maupassants. Blöd ist vielleicht ein zu starkes Wort für Nick Munford als er noch normal war - er hatte den scharfen Witz eines guten Typs -, aber er war kein übermäßig origineller Denker. Was ja auch weiter kein Problem ist, wenn man sowieso nur Windschutzscheiben, Heiße Titten und Bradford City im Kopf hat; aber ist erst einmal die Chemie in einem solchen Hirn aus dem Gleichgewicht, und es fängt plötzlich an, sich Gedanken über Leben und Tod, Verrücktheit und Normalität zu machen - kurz, wie Hamlet zu denken -, ohne daß damit jene Erweiterung des Intellekts einhergeht, die nötig ist, dieses neue Themenspektrum zu umfassen, dann kommt ein Gefasel dabei heraus wie bei einem von

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