Ab ins Bett!
Fantasie würde durch diese Selbsterkenntnis endgültig abgetötet, denn ich hätte, wahrscheinlich völlig zu recht, das Gefühl, daß ich etwas wirklich Peinliches gesagt habe. Aber einfach sagen, was man tut — das kriege ich hin; und im Falle von analem Sex ist da keine ausgeklügelte Fantasietätigkeit vonnöten.
»In den Arsch«, wiederholte ich mechanisch. »Ich ficke dich in den Arsch.« So stolz ich grundsätzlich auf meine Redegewandtheit bin, hatte ich doch das Gefühl, mich noch nie so treffend ausgedrückt zu haben wie jetzt, so dicht an den mots justes. Mehr war nicht nötig: ein klarer, nüchterner Prosastil, der eine einfache und leicht verständliche Geschichte erzählt. Und, ausnahmsweise, hatten meine Worte sogar eine unmittelbare, eine chemische Wirkung. Dina stöhnte: »Sag’s noch mal.«
»Ich fick dich in den Arsch. In dein kleines, enges, fickriges Arschloch.«
Sie sehen, auf einmal wurde ich sogar ziemlich experimentierfreudig. Und obwohl sie direkt aus meinem Herzen kamen, diese Worte, beobachtete ich mich plötzlich dabei, wie ich sie sagte, und kam mir wirklich sehr dämlich vor. Aber das schien Dina nicht zu stören, die anfing, all die richtigen Töne auszustoßen. Mit einiger Anstrengung gelang es mir, ihre kreisende Hüfte zu umfassen und mit dem Finger ihre Klitoris zu lokalisieren; ihr Schambein scheuerte sich an meinem Handgelenk.
Wir blieben bei der Sache, mal schweigend, mal mit Worten. Dann wiegte sich Dina plötzlich hin und her, wobei der weiche Schmelz ihrer Rückenhaut über meine Brust glitt wie ein Seidentuch. Zuerst dachte ich, sie wolle bloß meine Lust steigern damit und mich zu weiteren Wiederholungen meines verwegenen Mantras inspirieren, aber als das Wiegen dann zum Zucken wurde, war mir klar, daß es unwillkürlich geschah. Nur noch ab und zu ein leises Keuchen unterbrach Dinas, wie es aussah, verzweifelte Konzentration, ehe ihr Körper von einem heftigen Schütteln erfaßt wurde, beinahe einem Aufbäumen, als sei ich ein ihr aufs Gesicht gedrücktes Kissen, und genauso, als sei das wirklich der Fall, endete das Aufbäumen mit seiner Verkehrung ins Gegenteil: einem plötzlichen Erschlaffen. Ich kam zur selben Zeit, nachdem ich den Moment, meinen geistigen Zugriff auf Mr. Hillmans Nasenlöcher zu lockern, genau getimed hatte.
Als Dina aus dem Bad zurückkam, sagte ich: »Tut mir leid, daß ich vorhin von Miles angefangen habe.«
»Ich hab doch gesagt, ist schon in Ordnung«. Sie stellte ihr Kissen senkrecht gegen die Wand, drehte sich zur Seite und kramte in ihrer Arzttasche. Nach einer Weile förderte sie eine Schachtel Silk Cut und irgendein Imitat-Zippofeuerzeug zutage, das ich noch nicht bei ihr gesehen hatte.
»Er war total versessen darauf«, sagte sie, machte einen Schwung mit dem Hinterteil und lehnte sich gegen das Kissen.
»Auf was?«
»Was wir gerade gemacht haben.«
Sie schüttelte das Silk Cut-Päckchen, bis ein Zigarettenkopf rausguckte. Ich hatte das Gefühl, sie gab sich einen Ruck, um über Miles zu reden, so wie ein Querschnittsgelähmter, ehe er es wagt, den ersten Schritt an seinem Gehgestell zu tun.
»Es hatte irgendwie ’ne bestimmte Bedeutung für ihn.« Der im Halbdunkel aufflackernde Flammenwerfer ihres Feuerzeugs blendete mich eine Sekunde, und ich konnte ihr Gesicht nicht sehen. Das ganze Zimmer stank plötzlich nach Benzin; dann klappte sie das Feuerzeug zu und blies den Rauch aus. »So’ne Art Gipfelstürmen war es wohl für ihn. So was wie’n Symbol seiner Herrschaft über mich. Wasweißich.«
»Also... na ja... könnte schon sein, daß es ’ne Art machistischer Selbstbestätigung ist... Dann war es also ein fester Bestandteil von eurem Sexleben?«
Sie schüttelte den Kopf, zerklüftete Rauchwolken kamen aus ihrem Mund. »Nein, wir haben es nie gemacht.«
»Wie bitte? Ich dachte du hättest gesagt, er wäre ganz versessen... «
»Wir haben’s ziemlich oft versucht. «
Ich lag auf dem Rücken, die Arme unter meinem zerwühlten Kissen verschränkt, und war mir sicher, an der Decke abstrakte Formen zu erkennen, die für eine Sekunde, wie in einem Kaleidoskop, zu einer festen Kontur erstarrten.
»Habt es aber nie wirklich getan, weil...?«
»Gabriel«, sagte sie, drückte mit der linken Hand ihre Zigarette auf der Untertasse neben dem Bett aus und streichelte mir mit der rechten über den Hals, »laß uns schlafen.«
»Nein, warte noch einen Moment...«
Aber es war zu spät. Schon hatte sie sich auf die Seite
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