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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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fiel nichts ein.
    »Wie kommen Sie darauf?«, fragte Miller im Gehen. »Sie wissen nicht, was hier drin ist. Türen und Ecken. Betreten Sie nie einen Tatort, solange Sie nicht sicher sind, dass dort niemand lauert, der Sie erledigen will. Zuerst müssen Sie den Raum sichern. Aber vielleicht haben wir Glück. Vorübergehend jedenfalls. Ich würde Ihnen aber nicht empfehlen, es noch einmal zu versuchen.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    Sie erreichten einen Platz, wo der Boden anscheinend mit Flimmerhaaren oder Pflanzenstängeln bedeckt war, die sich leise in einem nicht existierenden Wind wiegten. Miller ging darum herum, Holden folgte vorsichtshalber seinem Beispiel. Als sie vorbeikamen, schoss ein Schwarm blauer Glühwürmchen aus der Deckung am Boden empor und flog in ein Lüftungsloch in der Decke.
    »Es gab da mal ein nicht lizenziertes Bordell in Sektor achtzehn. Wir gingen rein und dachten, wir nehmen vielleicht fünfzehn oder zwanzig Leute fest. Womöglich ein paar mehr. Als wir da ankamen, war der Laden bis auf den blanken Stein ausgeräumt«, sagte Miller. »Aber es lag nicht daran, dass sie von unserer Razzia Wind bekommen hätten. Die Loca Greiga hatte von dem Schuppen gehört und die eigenen Leute zum Aufräumen geschickt. Wir brauchten ungefähr eine Woche, um die Leichen zu finden. Laut der Gerichtsmedizin hatten sie ungefähr zu der Zeit, als wir noch eine Tasse Kaffee tranken, allesamt zwei Schüsse in den Kopf bekommen. Wären wir ein wenig schneller gewesen, dann hätte es Stress gegeben. Es ist ziemlich beschissen, wenn man glaubt, man könnte mal eben einige Typen festnehmen, die im Sexgeschäft ein paar schnelle Mäuse verdienen wollten, und stattdessen wird man von einer gut organisierten Killertruppe empfangen.«
    »Was hat das jetzt wieder zu bedeuten?«
    »Das Ding hier ist genau das Gleiche«, erklärte Miller. »Hier sollte etwas sein. Eine ganze Menge sogar. Hier sollte … verdammt, mir fehlen die richtigen Worte. Ein Imperium. Eine Zivilisation. Eine Heimat. Mehr als eine Heimat, ein Herr und Meister. Aber hier gibt es nur ein paar versperrte Türen und mit dem Timer gesteuerte Lampen. Ich will nicht, dass Sie da mitten reinstürmen. Das würde Sie den Arsch kosten.«
    »Was, zum Teufel, meinen Sie damit?«, fragte Holden. »Sie oder das Protomolekül oder Julie Mao oder was auch immer hat die ganze Sache inszeniert. Den Auftrag, den Angriff, alles.«
    Das machte Miller nachdenklich. Mit gerunzelter Stirn drehte er sich zu Holden herum. »Julie ist tot, mein Junge. Miller ist auch tot. Ich bin nur die Maschine, die verlorene Dinge findet.«
    »Das verstehe ich nicht«, entgegnete Holden. »Wenn Sie das hier nicht getan haben, wer war es dann?«
    »Sehen Sie, das ist jetzt mal eine wirklich gute Frage, und zwar gleich auf mehreren Ebenen. Es kommt nämlich sehr darauf an, was Sie mit ›das hier‹ meinen.« Miller hob den Kopf wie ein Hund, der einen unbekannten Geruch witterte. »Ihre Freunde sind da. Wir sollten gehen.« Er entfernte sich etwas schneller in Richtung der Rückwand des Raumes.
    »Die Marinesoldaten«, setzte Holden an. »Können Sie sie aufhalten?«
    »Nein«, antwortete Miller. »Ich beschütze nichts. Ich kann der Station sagen, dass die Leute eine Bedrohung sind. Das hätte allerdings Konsequenzen.«
    Holden spürte einen Knoten der Angst im Bauch.
    »Das klingt übel.«
    »Es wäre nicht gut. Kommen Sie. Wenn wir das hier erledigen wollen, dann müssen wir ihnen immer einen Schritt voraus sein.«
    Die Korridore und Durchgänge wurden breiter und schmaler, trafen aufeinander und verzweigten sich wie die Blutgefäße eines riesigen Organismus. Holdens Anzuglampen konnten die weitläufige Dunkelheit nicht durchdringen, und die tanzenden blauen Glühwürmchen kamen in Wellen und verschwanden bald wieder. Unterwegs passierten sie weitere metallisch blaue, insektenähnliche Konstruktionen.
    Holden deutete auf ein besonders großes und gefährlich aussehendes Modell, an dem sie gerade vorbeikamen. »Was sind das für Dinger?«
    »Sie sind, was immer sie sein müssen.« Miller drehte sich nicht einmal um.
    »Oh, wundervoll, dann sind wir jetzt wieder bei unverständlichem Unsinn angelangt, ja?«
    Miller fuhr mit besorgter Miene herum und verschwand schlagartig. Auch Holden drehte sich um.
    Auf der anderen Seite des riesigen Raums kam eine Gestalt aus dem Tunnel. Holden hatte schon einmal eine ähnliche Montur gesehen. Die motorgetriebenen Rüstungen der marsianischen

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