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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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immer mit dem Kopf in Richtung Decke und mit den Füßen auf den Boden zu zielen, obwohl es wahrscheinlich sicherer und einfacher war, sich an den Wänden entlangzuziehen. Wer daran gewöhnt war, sein Gewicht unter Schwerkraft zu spüren, verhielt sich instinktiv so. Clarissa bemerkte es, weil sie es nicht tat. Der Raum war einfach ein Raum, es gab kein Oben und Unten, weder Boden noch Wand oder Decke. Sie machte sich auf eine Welle der Übelkeit gefasst, die jedoch ausblieb.
    »Sie wissen, dass es keine Rolle spielt«, sagte sie.
    Cortez lächelte sie an und legte fragend den Kopf schief.
    »Wenn wir alle Opfer sind, spielt es keine Rolle, wann wir sterben«, erklärte Clarissa. »Die Ingenieurin ist kurze Zeit vor uns gestorben, wir sind etwas später an der Reihe. Es spielt nicht einmal eine Rolle, ob wir freiwillig zum Altar schreiten, nicht wahr? Wichtig ist nur, dass wir den Ring zerstören, damit alle Menschen auf der anderen Seite sicher sind.«
    »Ja, da haben Sie recht«, stimmte Cortez zu. »Danke, dass Sie es mir vor Augen geführt haben.«
    Nebenan ertönte ein Alarmsignal. Clarissa drehte sich sofort um. Ashford hatte die Gurte gelöst und schwebte über dem Steuerpult. Sein Gesicht war eine wütende Maske.
    »Was ist los, Jojo?«
    »Ich glaube, wir haben ein Problem, Sir …«

43    Holden
    Die ehemaligen Kolonisierungsbüros machten Holden traurig. Die eintönigen grünen Wände, die an eine Anstalt erinnerten, die Verschläge im zentralen Büro, das Fehlen von Fenstern oder architektonischem Dekor. Die Mormonen hatten die Absicht gehabt, die erste Kolonie der Menschheit außerhalb des Sonnensystems von einem Bürotrakt aus zu leiten, der einem Buchhalter hätte gehören können. Was für eine Ernüchterung. Herzlich willkommen nach der jahrhundertelangen Reise, um eine menschliche Siedlung in einem anderen Sonnensystem aufzubauen. Hier ist Ihr Büroabteil.
    Nach dem Umbau erweckten die Räume immerhin den Ein druck, bewohnt zu sein. In einem Schrank, dicht neben dem Hauptsender, steckte eine eilig zusammengeschusterte Funkanlage. Die Größe verriet, mit welcher Hast sie konstruiert worden war. Die Sendeleistung war zweitrangig, denn in dieser kleinen Flotte konnte jedes Schiff die Signale eines guten Handfunkgeräts auffangen. Ein Touchscreen an einer Wand diente als Weißwandtafel für das Büro, dort waren mögliche Interviewpartner, Themen, Kontaktpersonen und wichtige Informationen aufgelistet. Holden fühlte sich geschmeichelt, als er seinen Namen und eine Notiz dazu entdeckte: Heißes Thema, müssen wir machen.
    Der Raum summte vor Geschäftigkeit. Bulls Leute trafen einzeln oder in kleinen Gruppen ein. Die meisten brachten Duffelbags mit Waffen oder Munition mit. Ein paar hatten Werkzeug in rollbaren Plastikboxen dabei. Sie machten sich daran, die Büroräume in eine kleine Festung zu verwandeln. Holden lehnte an einem unbenutzten Schreibtisch und bemühte sich, die anderen nicht zu stören.
    »He.« Wie aus dem Nichts erschien Monica an seiner Seite und nickte in die Richtung der Wandtafel. »Als ich hörte, dass Sie von der Station zurückgekehrt waren, hatte ich auf ein Interview gehofft. Die Gelegenheit habe ich jetzt wohl verpasst.«
    »Warum?«
    »Verglichen mit dieser Weltuntergangsgeschichte hat Ihre Wichtigkeit um ein paar Stufen abgenommen.«
    Holden nickte, zuckte mit den Achseln. »Ich war früher schon mal berühmt. Es ist nicht so berauschend.«
    Monica setzte sich neben ihn auf den Schreibtisch und reichte ihm einen Trinkbeutel. Holden kostete und stellte fest, dass es sich um ausgezeichneten Kaffee handelte. Er schloss die Augen und seufzte erfreut. »Gut. Ich glaube, ich habe mich gerade ein wenig in Sie verliebt.«
    »Necken Sie kein Mädchen, mit dem Sie es nicht ernst meinen«, gab sie zurück. »Wird es klappen? Wird Bulls Plan funktionieren?«
    »Ist das zur Veröffentlichung gedacht?«
    Irgendjemand schweißte gerade eine Metallplatte an die Wand. Monica und Holden hoben instinktiv die Hände, um sich vor dem grellen Licht zu schützen. Es roch nach Schwefel und heißem Stahl.
    »Immer«, antwortete sie.
    »Vielleicht. Es gibt einen Grund dafür, dass Militärschiffe im Eimer sind, sobald jemand das Maschinendeck einnimmt. Wenn man dieses Terrain nicht besitzt, dann besitzt man nicht das Schiff.«
    Monica lächelte, als hätte sie es ganz genau verstanden. Holden fragte sich, wie viel sie wirklich begriff. Sie war keine Kriegsreporterin, sondern eine

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