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Abaton

Abaton

Titel: Abaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Jeltsch
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einem Hakenkreuze noch so zuwider waren ... diese geometrischen Gebilde hatten etwas seltsam Faszinierendes. Linus konnte sich dem nicht entziehen. War es das gewesen, was seinen Vater so erstaunt hatte? Waren es diese Bilder, zu denen er keine Erklärung gefunden hatte?
    Linus fand schnell heraus, dass die Bilder wohl ziemlich genau auf Höhe der S-Bahn-Fenster angebracht waren. War das Absicht? Sollte man sie aus den Waggons sehen können? War die Strecke deshalb stillgelegt worden? Quatsch, man hätte sie überpinseln können, dachte Linus und wunderte sich, warum das nicht längst geschehen war. Sofort fiel ihm ein, was er einmal gelesen hatte. Von Spezialfarben, die mit schwach radioaktiven Partikeln versetzt waren und nicht übermalt werden konnten, sondern immer wieder durchschienen. Hatte man deshalb das erste Nazigraffiti verputzt? Er ging an die Wand und überkritzelte ein winziges Stück des Bildes mit seinem Marker. Er hatte richtig vermutet; das Bild ließ sich nicht übermalen.
    Linus stand staunend in dem Tunnel wie ein Zwerg in einer Märchenhöhle. Was hatte er da entdeckt? Er war überzeugt, dass diese unzählig gleichen Bilder etwas mit dem Verschwinden seiner Eltern zu tun haben mussten. Er spürte das. Linus griff in eine seiner Westentaschen und holte sein Handy hervor. Er schaute auf die Balken in der Anzeige. Er hatte Netz. Aber darum ging es jetzt nicht. Er lief nun die ganze Strecke ab und fotografierte jedes einzelne der Bilder. Eines nach dem anderen. Ein weiter Weg.
    Bild für Bild riss der Blitz den Tunnel für einen winzigen Moment aus seinem düsteren Schlaf. Am Ende des Tunnels schließlich, dort wo eine Wand den weiteren Weg versperrte, hatte Linus insgesamt fast 200 Fotos geschossen ...
    [ 1127 ]
    Das Signal ließ die Frau herumschnellen. Sie eilte zurück zum Bildschirm: Da waren sie.
    Die drei Kinder waren wieder zusammen. Sie mussten sich einander bis auf mindestens 30 Meter genähert haben. Das System hatte sie geortet. Darunter leuchtete die Anzeige des geografischen Zielpunktes auf. 52°31’16’’ N, 013°23’10’’ E.
    Sofort griff die Frau in der Einsatzzentrale von gene-sys zum Telefon und benachrichtigte Clint und jeden einzelnen seiner Leute. „Sie sind im Tunnelsystem. Ich schicke Ihnen die Anzeige auf Ihre Handys.“
    „Verstanden“, sagte Clint und schaltete die GPS-Funktion seines Handys ein. Da blinkte ein kleiner roter Punkt. Der Zielpunkt war nicht weit entfernt. Clint kannte diesen Ort. Er hatte dort an derselben Stelle vor einem Jahr eine schnelle Operation durchgeführt. Es war seine erste Arbeit für gene-sys gewesen und seither war er bei der Firma eine Art freier fester Mitarbeiter. Gut bezahlt und weitgehend sein eigener Herr. Gut, es war nicht Asien, aber eine Zeit lang würde er sich auch hier heimisch fühlen.
    Clint musste nur noch diese Eisentür passieren. Er drückte die Klinke und stemmte sich dagegen. Die Tür bewegte sich nicht. Er war irritiert, aber nur kurz. Er war trotz seines Alters immer noch so muskulös, dass diese Tür kein Hindernis für ihn darstellte. Also stemmte er sich diesmal mit voller Wucht dagegen. Wieder nichts. Komisch. Durch diese Tür mussten doch die Kinder gelangt sein. Wie sollte er das nicht schaffen? Er trat ein paar Schritte zurück und versetzte der Tür einen gekonnten Eskrima-Tritt, so wie er es in seiner Zeit in Manila bei seinem Meister gelernt hatte. Zufrieden nahm er das splitternde Geräusch wahr. Die Tür ließ sich nun leicht öffnen und er sah den zerbrochenen Spaten, mit dem die Jugendlichen die Tür verriegelt hatten. Sie wissen, dass wir hinter ihnen her sind, dachte er und benachrichtigte seine Männer. Sie sollten sich nun von ihren Punkten aus in das Tunnelsystem begeben und immer näher auf das Zielobjekt zugehen. Und die Kinder so einkreisen. Sodass die drei keine Chance mehr hatten zu entkommen.
    Wurde aber auch Zeit, dachte Clint und sprang auf die Gleise, ohne dass man es hätte hören können.
    [ 1128 ]
    Tic Tac Toe ...
    „Du mogelst!“, schimpfte Linus. Er hockte mit Simon vor ihrem Zelt. Jeder hatte seine Vision von der Zukunft präsentiert und nun vertrieben sie sich die Zeit bis zum Abendessen, indem sie auf der Sandfläche, die Linus vor dem Zelt geschaffen hatte, das Spiel mit Kreuzen und Kreisen spielten. Mit einer Hand wischte Linus die Spuren seiner letzten Niederlage weg. Es war offensichtlich nicht seine erste.
    „Noch mal!“
    „Kreuz in die Mitte ...!“, rief Edda. Und

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