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Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Titel: Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Kraemer
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tat dabei so, als müsse sie Edda unbedingt etwas mitteilen. Sie lachte laut, ohne etwas gesagt zu haben.
    Der Junge blieb stehen und blickte direkt an Lucy vorbei zu Edda.
    „Hey, du bist neu hier“, sagte er und reichte Edda die Hand.
    „Ich komm aus Cuxhaven.“ Sie wusste nicht, warum sie das sagte, oder was der Junge damit anfangen sollte. Edda merkte, dass ihr Herz schlug. Dass sie aufgeregt war. Doch der Junge kannte die Stadt an der Nordsee. Seine Schwester war als Ärztin in einem Krankenhaus dort tätig.
    „Sind gerade angekommen“, mischte Lucy sich ein.
    Der Junge nickte lächelnd ohne Lucy anzusehen, als könnte er seine Augen nicht von Edda wenden, weil er dann eine ihrer Bewegungen verpassen würde. Lucy merkte, dass sie ins Abseits geriet, und schrie laut: „Klar!“, als der Junge sie einlud, mit an einen der Tische im hinteren Teil des Raums zu kommen.
    Edda und Lucy folgten ihm und setzen sich zu einer Gruppe von sechs oder sieben Männern und drei Frauen, die dabei waren, eine dünne Linie durch ein Metallröhrchen vom Glastisch in die Nase zu ziehen. Eine der Frauen, die gerade gezogen hatte, warf den Kopf in den Nacken und schüttelte sich, als habe sie in eine Zitrone gebissen. Ihre Augen waren weit aufgerissen und kaum hatte sie die Nase wieder frei, plapperte sie wie ein Wasserfall. Niemanden schien das im Mindesten zu stören. Edda konnte nicht glauben, wie offen hier zelebriert wurde, was überall streng verboten war – und dass sie mit 15 in diese Kreise gelangt war.
    Sie hielt sich an ihrem Drink fest, doch der Alkohol stieg ihr zu Kopf. Edda nahm das Glas und ging zur Tanzfläche. Sie brauchte Abstand und freute sich darauf, endlich wieder ihren Körper zu spüren, nicht beim Klettern oder während einer Verfolgungsjagd oder bei all dem, was das Leben auf der Straße ihr abverlangte. Edda tanzte für ihr Leben gern. Auch wenn die Musik, die lief, ihr zu hart war, kam sie bald in ihren Rhythmus. Sie stellte ihr Glas auf einen Tisch und tanzte zur Mitte der Tanzfläche. Merkwürdig, wie manche Bewegungen ihre Energie freizusetzen schienen, anstatt sie zu erschöpfen. Die Unruhe, die Angst der letzten Wochen, die Trennung von Linus und Simon ... All das schien mit jedem Song, den Edda mit Tanzen verbrachte, weiter wegzurücken. Sie merkte, wie sie jünger und kräftiger wurde. Ab und an erhaschte sie einen Blick auf Lucy oder nahm einen kleinen Schluck aus ihrem Glas. Dann tauchte sie wieder ganz in die Musik ein und überließ sich ganz und gar ihrem Körper.
    Edda merkte nicht, dass währenddessen eine Hand etwas in ihr Glas fallen ließ. Etwas, das sich in dem Alkohol auflöste und für Edda nicht zu schmecken war.
    Je länger Edda tanzte, desto wohler wurde ihr. Sie war hellwach und wurde immer euphorischer. Als Lucy und der Sänger auf die Tanzfläche kamen, begann Edda, mit beiden zu tanzen. Das machte Spaß und Edda hatte das Gefühl, als würde eine besondere Verbindung zwischen den dreien bestehen. Immer weiter fielen Sorgen und Zweifel von ihr ab und sie hatte einfach nur noch Lust, sich gehenzulassen.
    Eine andere zu sein.
    Eine, die sie schon immer hatte sein wollen, aber die sie sich nicht getraut hatte zu sein. Glaubte Edda wirklich, sie war geboren, die Welt zu retten? Mit zwei Schuljungen wie Linus und Simon? Wie kindisch und blöd! Sie lebte hier und jetzt, in diesem Moment! Sie war noch nicht einmal sechzehn und wollte endlich leben! Ab und an blitzten Bilder aus den letzten Wochen in ihrem Hirn auf, wie Blaulichter in der Nacht, nur um gleich darauf wieder zu verschwinden oder von der Lightshow auf der Tanzfläche überlagert zu werden. Und von den Augen des Jungen, die jedes Mal da zu sein schienen, wenn Edda ihre Augen öffnete. Sie tanzten aufeinander zu. Der Junge ergriff Eddas Arme, kam näher, dann ließ er sie wieder los. Es war angenehm. Er sah gut aus, schien zu wissen, was er wollte, und er holte es sich. Anders als Linus und Simon, die ihr oft so verdruckst erschienen.
    Bei einem ihrer Seitenblicke sah Edda, wie auch Lucy eine Linie des weißen Pulvers zog, mit einem kleinen Röhrchen, das ihr einer der Jungs unter die Nase hielt. Edda sah, wie sie den stechenden Schmerz beiseitelachte und sich an den Typen schmiss, der ihr die Droge gegeben hatte. Er trug einen dunklen Anzug und sein weißes Hemd war fast bis zum Bauchnabel geöffnet. Edda mochte ihn nicht. Sie wandte sich wieder dem Jungen zu, der immer näher kam und sie schließlich von der

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