Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)
schaute Lucy sich in der großen Wohnung um.
„Keine Ahnung.“
„Ist jemand hier?“
Lucy zuckte mit den Achseln.
„Wie bin ich hierhergekommen?“
„Du bist zusammengeklappt ... Ah, mein Scheißkopf! Würd ihn am liebsten abhacken!“
„Mit wem sind wir hierhergekommen? Mit dem Typen von der Band?“
Lucy schüttelte leicht den Kopf und verzog vor Schmerzen das Gesicht. „Nee, ich glaub mit seinem Manager und seinem Freund.“ Sie lächelte selig. „Der liebt mich.“
Lucy rollte sich wieder in den Teppich zusammen, während Edda vorsichtig durch die Zimmer schlich und schaute, ob noch jemand außer ihnen dort war. Die Wohnung war leer. Auf dem Küchentisch fand sie einen Zettel, der an Lucy gerichtet war. Sie nahm ihn auf und ging zurück zu Lucy.
» Danke für die heiße Nacht, Süße! Du warst echt foxy! Wenn du magst, bleib hier mit deiner Freundin. Ich bin am Sonntagabend wieder da. Bedient euch am Eisschrank ... XOX Marc «
Lucy lächelte und Edda ließ zweihundert Euro auf sie herabregnen.
„Hast du mit ihm geschlafen? Foxy?“
„Krieg bloß nicht den Moralischen, sag ich dir! Fragen stellst du ...“
Edda beschloss, nicht weiter nachzufragen und ging zurück in die Küche. Der Eisschrank war voller Essen und Alkohol. Champagner. Er war doppelt so groß wie ein gewöhnlicher Eisschrank und hatte eine Glastür, sodass man von außen sehen konnte, was sich darin befand. Edda machte Tee und Eier, nachdem sie geduscht hatte.
Als Lucy endlich aufstand, wollte sie nichts essen, sondern rührte ein Eigelb in ein Glas Champagner, setzte sich damit auf das Sofa im Wohnzimmer und schlürfte Flüssigkeit aus dem Glas. Sie schaute Edda an.
„Die Typen steh´n auf dich. Du könntest ’ne Menge Geld verdienen – wenn du das richtig einsetzt.“
Edda fragte nicht nach, was genau Lucy damit meinte, aber sie war froh, dass sie bis Sonntag eine Unterkunft hatte, in der sie niemand suchen oder finden würde.
Als Lucy wieder fit war, gingen sie zusammen an die frische Luft. Bummelten durch die Umgebung, probierten schreckliche Kleider an und machten sich über die Frauen lustig, die die Klamotten wirklich kauften. Sie spielten kleine große Welt und Edda war glücklich. Weil sie an nichts anderes denken musste.
Am Nachmittag lud Lucy Edda zum Essen in ein nobles Restaurant ein. Sie bestellten die Speisekarte rauf und runter, und als die Rechnung kam, legte Lucy hundertfünfzig Euro auf den Tisch.
„Stimmt so“, sagte sie, als der Kellner die Rechnung abholte.
„Danke, das war toll“, sagte Edda, nachdem sie das Lokal verlassen hatten. „Aber – zwanzig Prozent, wieso gibst du so viel Trinkgeld? Wer weiß, wann du wieder Geld haben wirst?“
„Wo das herkommt, is noch mehr.“
Edda verstand nicht.
„Für Mädels wie uns ist es das Einfachste auf der Welt, ohne Kosten rumzukommen.“
„Mädels wie uns.“ Edda blieb irritiert stehen.
„Meine Großmutter sagt, nichts auf der Welt ist umsonst – nicht einmal der Tod.“
„Jaja, der kostet das Leben“, lachte Lucy.
Edda lachte nicht mit. Sie merkte, wie der Gedanke an Marie ihr einen Stich versetzte.
„Und wo ist das Friedhofsgemüse? Wir leben und wir sind jung.“
Edda schaute Lucy in die Augen.
„Du hast mit dem Typen geschlafen, stimmt´s? Für Kohle!“
Lucy funkelte Edda aus ihren dunklen Augen an.
„Und wenn? Was ist denn schon dabei? Ich mache, worauf ich Bock hab. Wenn der Typ dafür zahlt, umso besser. Vielleicht steht er ja drauf, was zu zahlen.“
Edda schüttelte den Kopf. Jemand wie Lucy war ihr noch nie begegnet.
„Ich könnte das nicht.“
„Hast du es denn überhaupt schon mal probiert?“ Lucy stemmte die Hände in die Hüfte. „Hattest du überhaupt schon mal Sex?“
Edda antwortete nicht, aber an ihrem Schweigen merkte Lucy, dass Edda noch Jungfrau war.
„Ich will, dass alles stimmt beim ersten Mal“, sagte Edda.
Lucy winkte ab und zündete sich eine Zigarette an.
„Stimmt sowieso nie alles“, sagte Lucy. „Zu klein, zu lang, zu schief ...“
„Das mein ich nicht! Herrgott, du kannst ja nur an das eine denken! Ich will den Jungen lieben, mit dem ich schlafe.“
Lucy zuckte mit den Achseln.
„Hindert dich doch keiner dran!“
Edda war perplex. Sie versuchte Lucy zu erklären, dass Sexualität etwas Besonderes für sie war, etwas, das sie nicht mit jedem beliebigen Mann oder Jungen haben wollte.
„Mit wie vielen hast du schon geschlafen?“, fragte Edda.
„Glaubst du, ich zähl
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