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Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Titel: Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Kraemer
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die?“
    „Aber ist es dir denn dann überhaupt was wert?“
    Lucy blieb stehen.
    „Du bist lustig! Gerade hast du dir den Bauch vollgeschlagen in einem superteuren Fresstempel und du fragst MICH, ob es was wert war?“
    „Also hast du für Geld mit ihm geschlafen!“
    „Nein, habe ich nicht! Ich habe mit ihm geschlafen weil – er mich will.“
    „Und willst du ihn?“
    „Natürlich ... nicht.“ Sie zuckte mit den Schultern, schien noch einmal zu überlegen und schüttelte dann den Kopf.
    „Und wieso gibt er dir Geld?“
    „Mensch, weil ER MICH mag! Bist du bescheuert?“ Mittlerweile waren sie wieder vor dem Apartmentgebäude angekommen. Lucy holte den Schlüssel hervor und schloss die Haustür auf. „Glaubst du vielleicht, er würde mir den Schlüssel geben, wenn er mich nicht lieben und mir vertrauen würde?“ Der Fahrstuhl kam und die beiden sahen sich im Spiegel an. „Wirklich Kontakt hab ich sowieso nicht mit denen. Ich benutz immer Gummi.“
    Lucy kapierte nicht, wie sie sich die Wahrheit zurechtlegte.
    „Ich möchte kein so’n Gummi zwischen mir und dem Mann, den ich liebe“, sagte Edda. „Brauchst gar nicht gucken wie die Kuh, wenn´s donnert!“
    Lucy lachte über den Spruch.
    „Ohne würde ich’s nur mit meiner großen Liebe machen.“
    „Wieso machst du es dann mit anderen?“, fragte Edda.
    Lucy schüttelte den Kopf.
    „Also wirklich! Wie willst du denn sonst rausfinden, wer der Richtige ist?“ Sie lachte und sie verließen den Aufzug, der sie zurück in den achten Stock gebracht hatte.
    Edda war fasziniert von den Widersprüchen, die sich in Lucy vereinten, und von der Tatsache, dass sie handelte, anstatt zu überlegen. Und dass es durchaus nicht immer im Desaster endete, wie Edda befürchtete, sondern dass Dinge passierten, die sie an den Rand ihrer alten, vertrauten Welt brachten – und manchmal eben darüber hinaus. Wenn Lucy abstürzte, dann machte sie daraus keine lange Arie von Selbstzweifeln und Selbstvorwürfen, wozu Edda neigte, sondern stand auf, schüttelte den Staub ab und machte weiter. Rock ’n’ Roll.
    Den Rest des frühen Abends verbrachten sie damit, sich über Jungs zu unterhalten. Sie badeten in der übergroßen Badewanne und Lucy erkundigte sich nach Linus und Simon und Thorben und Marco, den sie am besten fand. Sie erzählte ein wenig über sich. Auch Lucys Eltern hatten sich früh getrennt und auch sie war bei ihrer Großmutter aufgewachsen. Aber das war nicht das Einzige, was sie mit Edda verband. Lucy war eine Turbo-Version der alten Edda. Ein Mädchen, das alle Fäden in der Hand zu haben schien und sich auf der Oberfläche der Welt bewegte wie ein Wasserläufer auf Speed – und keiner merkte, dass sie das nur tat, weil sie sonst in der Tiefe versinken würde, so wie Edda in den Kisten auf dem Dachboden ihrer Erinnerungen.
    Obwohl Lucy älter war, hatte Edda irgendwie das Bedürfnis, sie zu beschützen. Davor, sich mit immer neuen Eindrücken geradezu zu betäuben. Doch Lucy konnte nicht mit sich selbst alleine sein. Sie ertrug sich nicht, dachte Edda, und nach einer Weile würde ihr sicher auch die Gesellschaft von Edda nicht mehr ausreichen.
    Je länger die Sonne hinter der Silhouette der großen Stadt verschwunden war, desto unruhiger wurde Lucy. Sie wollte hinaus in die Nacht, wollte sich präsentieren. Wollte Blicke auf sich ziehen. Begehren. Und mit ihrem Schwärmen von einer Welt voller Luxus nahm sie auch Edda in ihren Bann. Lucy wollte etwas erleben. Etwas, das sie spüren ließ, dass sie lebte.
    „Lass uns ausprobieren, ob die Stadt so viel Schönheit wie uns beide erträgt!“
    Edda lachte. Warum nicht? Lucy drehte Musik auf. Die Bässe hämmerten. Sie fingen an sich zurechtzumachen. Dramatisch war schließlich das Make-up. Perfekt passten die Frisuren und in den knappen Outfits von Lucy standen sie vor dem Spiegel im Bad.
    „Das wird unsere Nacht!“
    Sie starteten ihre Tour in einer Bar, in der Lucy ein paar Leute kannte. Edda flirtete mit den Jungs hinter der Theke und die Jungs flirteten mit Edda. Ihr gefiel das und sie konnte es nicht lassen, die Frau ihr gegenüber, im Spiegel hinter der Bar, dabei zu beobachten. Sie war wild geschminkt, hatte die Haare aufgebrezelt und sah aus, wie eine Edda in vielleicht fünf Jahren aussehen könnte. Und doch war sie hier und jetzt. Edda konnte genau erkennen, wie künstlich diese Edda war. Sie sah, wie falsch sie lachte, weil einer der Typen einen Witz gemacht hatte, den sie nicht komisch fand,

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