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Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Titel: Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Kraemer
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links“, dirigierte Edda von der Rückbank aus. Linus fuhr links. Schon setzte das Hupen ein. Sie standen auf einer Spur, auf der man nicht abbiegen durfte.
    „Sorry, rechts hab ich gemeint.“ Edda verzog schuldbewusst die Schnute.
    Linus blinkte rechts, aber niemand ließ ihn passieren.
    „Arschgesichter!“, schimpfte Linus hinter dem Steuer und hupte gegen die anderen an. Ohne Erfolg. Als er langsam anfuhr, wurde er fast gerammt. Er nahm den Fuß wieder vom Gas und versuchte, eine Lücke im Verkehr abzupassen. Die Folge waren ein lautes Hupkonzert und Flüche und Verwünschungen, die man durch das Blech der sich ständig voranschiebenden Autolawine hörte. Er spürte, wie sein Adrenalinspiegel stieg und ihm der Schweiß auf die Stirn trat. Stress. Und damit die Angst, all dem nicht gewachsen zu sein. Eine kleine Session unter Olsens Angstkappe hätte ihm jetzt gutgetan. Hätte seinen Mutpegel hochschnellen lassen. Nicht einmal geblinkt hätte Linus und trotzdem hätte er wie in einem Computerspiel gewusst, dass er den Wagen unbeschadet ans Ziel bringen würde. Level completed. Er betätigte den Warnblinker. Ein Taxifahrer hielt neben ihnen, kurbelte sein Fenster herunter und brüllte ihn an.
    „Dir hammse wohl ins Hirn jeschissen, Männeken“, fluchte der bemützte Mann.
    „Dir eher nicht“, säuselte Edda den Mann fröhlich an. „Wo nichts ist, kann man nicht hinscheißen, stimmt’s?“
    Sie hatte die Scheibe heruntergekurbelt und strahlte. Der Taxifahrer wollte sofort aussteigen, aber da hupten andere ihn an.
    „Sorry, alte Männer und Verkehr“, erklärte Edda dem Fahrer hinter ihnen zweideutig und tat, als hätte nur der Taxifahrer Schuld an dem Stau. Der wütete hinter dem Steuer, gab dann aber doch Gas und Edda schenkte ihm einen Handkuss. Linus schaute in den Rückspiegel – was für ein Mädchen. Erst da bemerkte er, dass Simon ihn beobachtete. Linus konzentrierte sich wieder auf die Straße und als der Verkehrsstrom kurz verebbte, fuhr er schließlich geradeaus weiter. Zu spät bemerkte er, dass er sich jetzt in einen mehrspurigen Kreisel geschleust hatte. In dem dichten Verkehr kam er nun erst recht nicht mehr nach rechts heraus. Wieder setzte er den Blinker, wieder ließ ihn niemand die Spur wechseln. Zweimal schon war Linus auf seiner Spur im Kreis gefahren.
    „Bieg einfach ab“, drängte Simon genervt. „Is doch nicht so schwer. Die passen schon auf.“
    „Soll ich crashen oder willst du fahren?“, giftete Linus gestresst zurück.
    „Du tust doch immer, als hättest du alles im Griff“, schimpfte Simon los.
    „Klar. Wer Verantwortung übernimmt, ist am Ende immer der Arsch.“
    „Fick dich!“
    „Bestimmt nicht.“
    „Hey!“, rief Edda nach vorne. „Kriegt euch ein.“
    Linus zog abrupt nach rechts. Hupen schrillten auf. Bremsen quietschten. Fast hätte er einen Lkw gerammt. Aber Linus blickte nicht zurück zu dem keifenden Fahrer, er gab Gas und schoss aus dem Kreisverkehr in eine Seitenstraße. Er hielt an, blitzte Simon an.
    „Was is? Willst du ans Steuer?“
    „Gib einfach nicht so an“, maulte Simon. „Okay?“
    „Ich geb an? Ich geb an?“ Linus’ Stimme verstieg sich vor Wut in kindliche Höhen. Er sah zu Edda. „Geb ich an? Sag schon!“
    „Linus“, versuchte Edda zu beruhigen.
    Aber das gelang ihr nicht. Linus stieg aus dem Wagen und warf scheppernd die Tür zu. Er marschierte auf dem Bürgersteig auf und ab, blieb stehen und brüllte auf einmal los. Dann kam er zurück zu Eddas Tür.
    „Er will mich loswerden. Verstehst du?“ Linus nickte eindringlich, als hätte er ihr ein jahrtausendealtes Geheimnis verraten.
    „Schwachsinn“, kam es von Simon.
    „Er will mich loswerden“, beharrte Linus. „Wegen dir!“, sagte er und deutete mit dem Finger auf Edda, als hätte sie noch nicht verstanden, wen er meinte. Dann war es still. Jeder der drei wusste, was Linus damit gesagt hatte. Und jeder wusste, dass es Linus furchtbar wehtun würde, wenn es wirklich zu einer Trennung der Freunde kommen sollte. Edda schaute vor sich hin. Kurz sah sie auf zu Linus, dann zu Simon, der sie über den Rückspiegel beobachtete. Irgendwie war das jetzt zu einem Moment geworden, der zu verlangen schien, dass Edda sich für einen der beiden entscheiden musste. Edda spürte die Erwartung der Jungs. Und sie spürte ihre Überforderung. Plötzlich erinnerte sie sich an eine Geschichte, die sie im Deutschunterricht gelesen hatten. Irgendein Kreidekreis. Edda wusste den genauen Titel

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