Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)
Sauna, an ihr Lächeln und die Zunge, die sie ihm herausgestreckt hatte. Simon versuchte diese Bilder zu vertreiben.
„Du denkst an Sex!“, sagte plötzlich eine Stimme. Simon erschrak. Es war nicht Eddas Stimme. Und die Stimme war auch nicht in seinem Kopf, wie er zuerst gedacht hatte. Sie kam aus der Ecke des winzigen Raumes. Erst jetzt nahm Simon den jungen Mann wahr. Wie war das möglich? Er hatte doch schon von Anfang im Raum sein müssen.
„Klar, du denkst an Sex.“
„Schwachsinn!“, schimpfte Simon. Aber der andere hatte recht. In Gedanken war Simon Edda in der Sauna gerade viel näher gekommen als jemals in Wirklichkeit. Ein Blick von Simon und er rollte sich auf das untere der beiden Etagenbetten. Das harte Plastik, das die Matratze umschloss, knirschte. Simon drehte sich zur Wand. Horchte.
„Zum ersten Mal hier, was?“
Simon wollte nicht antworten. Er hatte jetzt bestimmt keine Lust, mit irgendeinem wildfremden Idioten darüber zu reden, wie beschissen er sich gerade fühlte. Sicher würde der sich nur lustig machen.
„Kannst ruhig mit mir reden. Mach mich nicht lustig.“
Simon drehte sich unter dem Knirschen der Matratze zurück und sah den Jungen an. Hellblau waren seine Augen. Fast durchsichtig. Seine dünnen blonden Haare hatte er zu einem Zopf zusammengebunden.
„Nikto“, sagte er und streckte Simon die Hand hin. Simon zögerte, nickte nur.
„Mir scheißegal, ob du dich lustig machst“, knurrte Simon. Er wollte cool wirken. Sicher. Erwachsen. Er wollte unter keinen Umständen ein Opfer sein.
„Heyheyhey! Bin auf deiner Seite, Simon.“
„Woher weißt du, wie ich heiße?“
„Ein guter Knacki hat nun mal einen guten Draht zum Schließerpersonal.“ Er grinste. „Hausfriedensbruch im Hallenbad. Nett. In einer Stunde hat dich dein Daddy hier wieder raus, wenn er nicht ganz unterbelichtet ist.“ Er sah Simon an, sah seine stumme Reaktion. „Ist er das?“, fragte Nikto. „Unterbelichtet?“
„Halt die Klappe!“
Simon schaute in Niktos Augen. Sie waren so klar und lebendig. Irgendetwas in Simon signalisierte ihm, dass er Nikto vertrauen konnte.
„Mein Vater sitzt auch.“ Als Simon sich überlegte, was er gerade gesagt hatte, musste er genauso grinsen, wie Nikto es tat.
„Weshalb?“, fragte Nikto. „Weshalb sitzt er?“ Da Simon nicht sofort antwortete, nickte Nikto nur. „Unschuldig, verstehe ...“
„Ist er wirklich“, sagte Simon. „Er ist reingelegt worden. Er hat an einer neuen Energieform geforscht. Kostenlose Energie für jeden.“
Nikto sah Simon plötzlich ganz anders an. Ernster. Besorgt. Die Leichtigkeit, die sich in den letzten Minuten zwischen den beiden aufgebaut hatte, war wieder verschwunden. Sie schwiegen. Nikto zog sich auf das obere Bett zurück. Simon wartete, bis das Knirschen des Plastiks verstummt war.
„Was ist das für ein Name, » Nikto « ?“, fragte er.
„Russisch! Heißt » Niemand « .“
„Blöder Name.“
„Hab ich mir selbst gegeben. Besser als Igor.“
„Stimmt. Weshalb bist du hier?“
„Erstens war’s mir draußen zu kalt, heute Nacht ...“
„Und zweitens?“
„Versuchtes widerrechtliches Aneignen von Staatseigentum oder so ähnlich“, erklärte Nikto.
„Und? Was hast du klauen wollen?“
„’nen Jet.“
Simon glaubte, nicht richtig gehört zu haben. Es dauerte, bis er nachhakte. „So’n Düsenjäger?“
„Japp!“
„Blödsinn!“
Kurz darauf knirschte es über ihm, dann beugte sich Nikto zu ihm herunter und zeigte ihm auf seinem kleinen Handydisplay einen Videoclip, den er aufgenommen hatte. Der kurze Film zeigte, wie Nikto tatsächlich in das Cockpit eines Jets stieg und es sogar schaffte, die Triebwerke zu starten, bevor man ihn schnappte. Nach der kurzen Vorführung legte sich Nikto wieder zurück auf die Matratze.
„Wieso hast du dein Handy noch?“, fragte Simon misstrauisch. Ihn hatten die Beamten akribisch durchsucht und alles abgenommen. Die Waffe hatten sie nicht finden können. Die hatte er im Schwimmbad zurückgelassen. In einem der Schließfächer dort. Den Schlüssel dazu hatte er in dem schmalen Ritz unter dem Garderobenschrank verschwinden lassen. „Mir haben sie alles abgenommen“, ergänzte Simon, nachdem Nikto nicht antwortete.
„Ach, wenn man ein bisschen zaubern kann.“ Er lächelte, was Simon nicht sehen konnte.
„Wie bist du überhaupt da in den Jet reingekommen?“, fragte Simon. Er wusste, dass so was für einen Zivilisten ohne Erlaubnis niemals möglich
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