ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)
Sein isoliertes Leben, seine heimliche Kontrolle über all das, was Greta erforschte. Jetzt wähnte Bixby sich am Ziel.
Er ging durch den Schnee zurück zu seinem Wagen. Wieder kehrten seine Gedanken zu Greta zurück. Wie sehr sie sich verrannt hatte in ihre Idee von einer Elite. Sie war wirklich alt geworden. Sehr alt. Bixby lächelte milde. Es war ihm klar, dass man das so viel leichter an anderen Menschen feststellte als an sich selber. Ja. Er war auch alt geworden. Aber ihm hatte sein Alter Klarheit gebracht, dachte er. Er und seine Truppe da draußen auf dem Meer verrannten sich nicht in fixe Ideen. Sie würden jetzt tatsächlich die Welt verändern.
Mit den Händen schaufelte er den frisch gefallenen Schnee von seiner Windschutzscheibe und fuhr davon.
Über einen Monitor hatte Victor in der Zentrale von gene-sys beobachtet, wie Bixbys Wagen das Gelände verließ. Neben Victor stand ein Mann in Kampfmontur und kurz rasiertem Haar. Er hatte zu den Söldnern gehört, die im vergangenen Herbst unter Clints Führung Edda, Simon und Linus nicht aus den Augen gelassen hatten. Jetzt war er „commander in chief“, wie er es gerne nannte. Endlich hatte er hier das Kommando. Georg-Wilhelm Haie, bei der Bundeswehr ausgebildet zum Einzelkämpfer, später in der Antiterrorbekämpfung aktiv. Als man bei einer Routineuntersuchung vor zwei Jahren ein Melanom festgestellt hatte, legte man ihm nahe, den Job zu quittieren. Greg, wie er sich nannte, ignorierte die Diagnose. Er brauchte Zeit zu überlegen und nahm den nächstbesten simplen Job an. Bei gene-sys . Niemals hätte er gedacht, dass er in Berlin in eine so schräge und geheimnisvolle Geschichte reingezogen werden könnte. Noch hatte er all das mit den Kindern nicht begriffen und es hätte ihn auch nicht weiter interessiert, aber jetzt waren drei seiner Leute hinterrücks erschossen worden. Von einem Profi, wie es aussah. Jetzt galt es zu handeln, so wie er es gelernt hatte. Darauf freute er sich.
Gern hätte Greg das Kommando über die Schutztruppe von gene-sys schon früher übernommen und Clint aufs Altenteil geschickt, wie er es verdient gehabt hätte. Aber diese Urgroßmutter, die bis eben noch gene-sys geleitet hatte, schien irgendwie einen Narren an Clint gefressen zu haben. Wahrscheinlich, weil sie beide der gleichen Generation angehörten, hatte Greg mit den anderen Söldnern gewitzelt.
„Ihre erschossenen Kameraden ... glauben Sie, er hat damit zu tun?“, fragte Victor und deutete auf den davonfahrenden Bixby.
„Nein. Das war Profiarbeit; absolut.“ Greg schüttelte den Kopf. „Wer es auch immer war ... ich nehme an, dass dieser Kerl auch meine Männer im Tunnel gelinkt und den Jungen weggeschafft hat.“
Victor nickte kurz. „Bleiben Sie trotzdem auch an Bixby dran.“
„Warum?“
„Ich will einfach wissen, was er treibt“, sagte Victor. „Nicht, dass er uns doch noch in die Quere kommt.“ Damit wandte er sich ab und horchte seinen eigenen Worten noch ein wenig nach. Es gefiel ihm, Befehle zu geben. Es schützte ihn davor, weiter über Gretas Prophezeiung nachzudenken. „Und kümmern Sie sich um die Toten“, sagte er noch. „Das sollte nicht offiziell werden.“
Damit hatte Victor den ersten Teil der Verantwortung weitergereicht. An Greg. Nun musste er nur noch den anderen Teil an den Chef von M.O.T. Nanos übergeben.
Zufrieden marschierte Victor in den Raum, in dem sie Marie „behandelt“ hatten, um endlich die Aufzeichnungen zu sichten. Hier lag der Rohstoff, aus dem er nun für Ono, den neuen Herren von gene-sys , die Essenz formen sollte, die ihm und seinem Konzern die Macht über den Willen aller Konsumenten bescheren würde. Diese Macht würde sich beliebig steuern lassen. Während alle Menschen noch glaubten, in einer Demokratie zu leben. Victor war fest entschlossen, sich dieses Patent teurer als teuer bezahlen zu lassen. Er schaltete seinen Rechner ein, richtete sich seine Notizen her und wartete, bis der Bildschirm hochgefahren war. Fassungslos fielen seine Gesichtszüge zusammen, als er feststellte, dass er die Dateien nicht mehr finden konnte. Weg! Alles, was Basis seiner nun endlich lukrativen Zukunft sein sollte, war verschwunden. Die gesamte Festplatte war blank.
Für eine ganze Weile war er unfähig, sich zu rühren. Nicht einmal Panik konnte er empfinden. Nur Angst.
Was zum Teufel sollte er jetzt Ono sagen? Keinen Cent würde er bekommen.
Langsam kehrte Vernunft in Victors Denken zurück. Er checkte die
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