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ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)

ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)

Titel: ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jeltsch
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Zugangsdaten zu dem Computer und stellte einen letzten Zugriff fest. Sofort begriff er, wer sich der Daten bemächtigt hatte. Er fluchte – wieder hatte er Greta unterschätzt. Doch diesmal würde sie damit nicht davonkommen.
    Victor rief Greg zu sich. Es gab jetzt Wichtigeres zu tun, als sich um Bixby zu kümmern.
    [3121]
    „Jetzt schauen wir mal, ob wir schon unser Geschäft gemacht haben“, lächelte die dralle Schwester.
    Linus ahnte, was da gleich Schreckliches mit ihm passieren würde, und wollte sich wehren, wollte protestieren. Doch ihm war klar, dass er keine Chance hatte. Er schloss die Augen. Was die Schwester da zwischen seinen Beinen trieb, warf ihn in seine Babyzeit zurück. Niemals hätte er gedacht, dass er sich noch daran erinnern würde, wie seine Mutter ihn gewickelt hatte ... Ihm war das Ganze so entsetzlich peinlich, und dass er nichts spürte, machte alles nur noch schlimmer.
    „Na, feinfeinfein“, sagte die Schwester, als hätte sie zufällig zwischen seinen Beinen einen kleinen Schatz entdeckt. „Alles ganz normal. Feinfein.“
    Nein!, schrie es in Linus auf. Nichts ist normal! Nichts ist „feinfeinfein“, verdammte Scheiße!
    In Anbetracht der Situation hätte er über seinen Fluch lachen mögen, aber seine Verzweiflung war einfach zu groß. Was war mit ihm geschehen? Hatte der Schuss sein Rückgrat zerstört? War bei der Operation irgendetwas schiefgegangen? Warum sagte ihm niemand klipp und klar, was los war? Wann er wieder gesund sein würde. Er war ja bereit, alles auf sich zu nehmen. Aber er wollte doch, verdammt noch mal, Gewissheit. Wahrheit! Tränen traten in seine Augen und er hasste das.
    „Wir haben’s gleich“, sagte die Schwester und packte eine frische Windel aus. Linus wollte fliehen. Wollte nicht hier sein. Warum bin ich nicht tot?
    Tot!
    Der Moment, in dem er sich so frei gefühlt hatte, kam ihm in den Sinn. Eins zu sein mit allem, was ihn umgab, das war die absolute Freiheit gewesen. Warum hatte man ihn nur zurückgeholt? Für dieses würdelose Leben jetzt?
    „So, alles wieder frisch!“, sagte die Schwester und versprühte einen Citrusduft, der Linus an billige Klosteine erinnerte. Sie kam noch einmal nah zu ihm. „Wird schon, gell?“, sagte sie.
    Das war wohl die Zukunft. Zurück in den Baby-Zustand. Windeln und Heiteitei. Linus versuchte, seine Zunge zu bewegen. Es gelang. Er wollte Spucke sammeln, um sie der Schwester als Antwort auf ihr „Gell?“ mitten in ihr rundes Gesicht zu schicken. Mit schönen Grüßen. Doch da hatte sie sich schon zurückgezogen und die Spucke lief Linus in einem schmalen Rinnsal zwischen den Lippen hervor. Sofort war die Dralle wieder da und wischte. Klar, ein Baby. Auch noch Sabbern.
    „Mach dir keine Sorgen“, sagte die Schwester, als sie sich in der Tür noch einmal umdrehte. „Die Polizei wird den schon finden, der auf dich geschossen hat.“ Damit verschwand sie samt des kleinen Schatzes, den sie gehoben hatte.
    Polizei ... Sorge breitete sich in Linus aus. Sie hatten seinen Namen, sein Foto. Und wenn sie nicht allzu dämlich waren, dann bestand die Gefahr, dass sie ihn in Verbindung mit Clints Tod bringen würden. Linus hielt inne. Warum dachte er nicht die Wahrheit? Die Wahrheit lautete, dass Clint ermordet worden war. Von ihm. Von Linus. Er schloss die Augen. Er war ein Mörder. Und das jetzt hier, das war seine Strafe.
    „Einmal schließen bedeutet ‚ja‘, zweimal schließen bedeutet ‚nein‘.“ Die Ärztin war hereingekommen und hatte sich an sein Bett gesetzt. Jetzt wartete sie auf eine Reaktion.
    „Hast du mich verstanden?“, versuchte sie es erneut. „So können wir miteinander kommunizieren. Einmal das Augenlid schließen bedeutet ‚ja‘.“
    Sie versuchte zu lächeln.
    „Irgendwann wirst du so ganze Sätze formulieren können. Wir lesen dir Buchstaben vor und du signalisierst mit dem Lid, welchen du meinst. Einer nach dem anderen. Und wenn wir Glück haben, bekommen wir bald einen Computer, über den du dann über deine Augenbewegungen kommunizieren kannst.“
    Linus reagierte nicht. Nicht, weil er sie nicht verstanden hatte. Er hatte einfach keine Lust zu kommunizieren und „irgendwann“ einmal Sätze formulieren zu können. Scheiß auf so eine Kommunikation! Und dann mit dieser Ärztin, die ihn doch nur als „interessanten Fall“ wahrnahm. Ihr Lächeln war falsch. Das konnte er ihr ansehen. Klar und deutlich. Es war nur das Locken einer Sirene. Linus dachte an die Geschichte von Odysseus. Sie

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