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ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)

ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)

Titel: ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jeltsch
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    Simon fühlte sich im Flow mit den Dingen. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er das Gefühl, seine Kapazität zu erreichen. Jetzt hatte er keine Angst mehr. Er war frei und verstand nicht einmal mehr, was ihm solche Angst gemacht hatte.
    Am Boden fanden sie noch ein weiteres Flugzeug, doch die Kabine war zerbrochen. Der Pilot längst gefressen von den Fischen und den Krebsen, oder wenn er Glück gehabt hatte, war er damals mit dem Fallschirm abgesprungen und vielleicht gerettet worden. Noch weiter entfernt lag das Wrack eines alten Kutters. Sie ahnten nicht, dass Bernikoff einst mit diesem Schiff die Insel besucht hatte.
    Über ihnen im Boot, das sie ausgesetzt hatte, befand sich Schifter und dirigierte Simon und Gopal mittels eines Lageplans über Funk durch die Tiefe. Durch Blasen und Wirbel, die vor wenigen Tagen noch gedroht hatten, Simons Leben auszulöschen. Simon und Gopal gaben sich immer wieder Handzeichen, um sich gegenseitig zu versichern, dass alles okay war, und stapften weiter durch das trübe Wasser, ihre Lampen auf den Meeresboden gerichtet. Sie waren ein Team. Und Simon fühlte sich großartig. Sie leisteten etwas Großes, Wichtiges. Er war erwachsen. Ein Schwarm riesiger Barsche kam vorbei und schwamm zwischen den beiden Tauchern hindurch. Simon hätte sie mit den Händen berühren können, aber die steckten in Handschuhen.
    „Wir sind jetzt dei ß ig Schritt hinter dem zweiten Flugzeug“, sagte Gopal über Funk zu Schifter.
    „Circa fünf Meter nördlich läuft das Kabel“, antwortete er.
    Simon überlegte einen Augenblick, dann folgte er dem Kegel von Gopals Lampe an den Wracks vorbei weiter über den Meeresgrund. Die schweren Schuhe fühlten sich hier unten seltsamerweise leichter an als über Wasser, aber trotzdem musste er langsam wie eine Lehmfigur, die mühsam gehen lernte, weiterstapfen. Über ihm waren Tausende von Tonnen dunklen Wassers, tausend mal tausend Kilometer erstreckte sich die Nordsee. Ein Meer, auf dem Schlachten geschlagen und Kulturen untergegangen waren.
    Wie in Zeitlupe bewegte sich Simon weiter voran. Seine einsamen Dauerläufe in Mannheim kamen ihm in den Sinn, die ihn weggeführt hatten von Davids Tod, von den Streitigkeiten zwischen seinen Eltern. Er dachte daran, wie er sich bei seiner Rückkehr immer vorgestellt hatte, dass er in Zeitlupe als Sieger eines imaginären Olympiamarathons das Zielband zerriss. Wie die Massen ihm applaudierten. Simon wusste, dass er keine imaginären Siege mehr brauchte.
    „Hier ist das Kabel“, hörte er Gopal sagen.
    „Seid vorsichtig“, sagte Schifter. „Wenn dort unten Bomben liegen, können sie jederzeit hochgehen, falls die Zünder durchgerostet sind.“
    Simon gab Gopal ein Zeichen.
    Beiden war klar, dass sie sich unbedingt aufeinander verlassen können mussten. Zum Glück war die starke Antipathie, die Simon für Gopal auf der »Shiva« empfunden hatte, zusammen mit seiner Eifersucht verschwunden. Simon spürte die innige Verbindung, die Gopal zu Schifter hatte, und fühlte sich beiden zugehörig, sogar ein bisschen geehrt. Immer stärker hatte Simon das Gefühl, seine Bestimmung zwischen diesen Männern gefunden zu haben. Aber er vermisste Linus. Wie gern hätte er diese Aktion mit ihm unternommen. Das hier wäre nach seinem Geschmack gewesen.
    Simon stoppte neben Gopal, der bei dem dicken Unterseekabel angekommen war, das sich wie eine riesige schwarze Schlange nach wenigen Metern in der grünen Unendlichkeit verlor. Unbeholfen fingerte Simon nach dem Limiter in der Umhängetasche. Als er ihn endlich herausgeholt hatte, fiel er taumelnd in den Schlamm neben dem Kabel. Simon musste auf die Knie gehen und wühlte das Gerät aus dem Schlick, während Gopal ihm mit beiden Lampen leuchtete.
    Schließlich setzten sie den Limiter auf das dicke Kabel. Der starke Magnet fixierte die Box auf der Verbindung und das Flackern einer kleinen Diode zeigte an, dass der Kontakt zustande gekommen war. Über Funk wurde das von Sudden bestätigt, die den empfangenden Computer auf der P2 bediente. Sie jubelte auf, denn wie ein Schwarm Sardinen auf der Flucht schossen sofort unendlich viele Zahlen über ihren Bildschirm und all diese Zahlen bedeuteten Geld.
    Simon und Gopal blickten sich an. Lachten. Die Aufgabe war erfüllt.
    „Wir kommen wieder hoch“, sagte Simon über Funk.
    Er gab Gopal das Daumen-rauf-Zeichen. Im Hochgefühl des Triumphes bemerkte keiner der beiden das Herannahen der dunklen Struktur, die sich langsam, aber

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