ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)
Dunkel an der Wand voran zu dem kleinen Kasten mit dem Nummernfeld. Olsen hatte sich die Position des Kastens und den Code von seinem ersten Besuch hier gemerkt. 71296 gab er als Zahlenfolge ein. Unidentified Code erschien auf dem kleinen Display. Olsen überlegte nicht lang, warum das so war. Er zweifelte auch keine Sekunde, dass er sich die richtige Zahlenfolge gemerkt hatte. Seine Gegner mussten den Code geändert haben. Egal. Eines war nun klar. Sein cleverer Plan würde für immer nur ein Plan bleiben.
Olsen griff nach seiner Waffe. Auf einmal fühlte er sich wie bei einem seiner ersten Einsätze. Zu Beginn des Bürgerkriegs in Äthiopien war er von der CIA zusammen mit fünf anderen hinter den feindlichen Linien der kommunistischen Putschisten abgesetzt worden. Sie sollten Sabotageakte verüben, um die Bevölkerung zu demoralisieren. Tagelang schlichen sie durch diese fremde Welt, und immer hatte Olsen das Gefühl, beobachtet zu werden. So wie jetzt. Er wusste, dass seine Gegner ihn sehen konnten. Er jedoch starrte nur ins Schwarz.
Ein Schuss.
Aus dem Nichts.
Olsen spürte einen stechenden Schmerz, warf sich zu Boden. Er hatte sich gemerkt, aus welcher Richtung geschossen wurde. Doch wusste er auch, dass der Schütze nun dort nicht mehr stehen würde. Seine Gegner waren Profis. Sie ballerten nicht blöd drauflos wie die Gangster im Fernsehen. Sie setzten ihre Schüsse sehr gezielt. Die Waffe im Anschlag, den Zeigefinger immer am Druckpunkt. Freies Schussfeld. Abdrücken. So hatte er es selber gelernt.
Olsen entledigte sich des Rucksacks, griff an seine Schulter. Die Wunde, die das Projektil geschlagen hatte, pochte wie wild. Olsen konnte das ignorieren und war nun ganz Instinkt. Seine Gegner waren ihm überlegen. Weil sie zu dritt waren, aber mehr noch durch ihre technische Ausrüstung. Genau das war auch ihr Schwachpunkt. Olsen horchte in die Stille, sah sich um und entdeckte nicht weit entfernt einen nervös pulsierenden, schwachen Lichtpunkt ...
Klack!
Plötzlich flackerten in der gesamten Halle alle Halogenlampen auf. Olsen hatte den Hauptschalter, den der nervöse Lichtpunkt anzeigte, umgelegt und sah nun nicht weit entfernt zwei seiner Gegner mit den Nachtsichtgeräten stehen. Für einen Moment wirkten sie orientierungslos, dann rissen sie sich die Monsterbrillen vom Kopf. Doch es war schon zu spät.
Mit zwei präzisen Schüssen hatte Olsen sie erledigt. Als er den Schuss des Dritten hörte, hatte er das Licht schon wieder ausgeschaltet. Das Projektil schlug über ihm in die Wand ein und brach Beton heraus, der auf Olsen niederrieselte. Jetzt waren sie nur noch zu zweit.
Olsen spürte, wie er schwächer wurde. Er erlebte das nicht zum ersten Mal. Er verlor Blut und eigentlich musste er den Blutverlust stoppen. Doch das ging im Moment nicht. Noch galt es zu handeln. Er wollte unbedingt diesen Computer zu Linus bringen, wollte unbedingt mit ihm in Kommunikation treten.
Vorsichtig und unter Schmerzen war Olsen mit wenigen Schritten zu einem seiner Opfer geschlichen und tastete nach dem Nachtsichtgerät. Fand es. Setzte es auf. Schaute sich um. Und spürte plötzlich, wie kühles, rundes Metall in seinem Genick aufgesetzt wurde.
„Hab dich, Arschloch!“
Eine Taschenlampe leuchtete auf und zielte wie die Waffe auf Olsens Kopf.
„Waffe weg und umdrehen!“
Olsen warf seine Pistole auf den Boden, drehte sich um und nahm das Nachtsichtgerät vom Kopf. In dem fahl-weißen LED-Licht der Lampe wirkte er mit seinem deformierten Kopf wie eine Horrorfigur. Für einen winzigen Moment war Olsens Gegner durch diesen Anblick irritiert. Das reichte aus. Mit einem blitzschnellen Griff seines intakten Armes schlug Olsen die Waffe weg. Der Schuss, der sich löste, ging ins Leere. Im selben Augenblick waren Olsens Finger der anderen Hand vorgeschossen und trafen den Kehlkopf seines Gegners. Röchelnd brach er zusammen. Olsen spürte den Schmerz seiner Schulter im ganzen Körper. Er hatte Mühe, sich aufrecht zu halten. Schwer atmend schritt er über seinen letzten Gegner hinweg. Er wusste, dass er ihm den Kehlkopf zertrümmert und der Mann nur noch kurze Zeit zu leben hatte.
In dem Büro fand Olsen einen Verbandskasten. Er stoppte die Blutung und versorgte seine Wunde. Dann schaute er sich gezielt um und fand in einem Tageskalender die Wachablösungen notiert und die täglich wechselnde Codenummer für die Tür. 105195.
Olsen schulterte den Rucksack mit dem Computer, der so wichtig für Linus war, und ging
Weitere Kostenlose Bücher