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ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)

ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)

Titel: ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jeltsch
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möchte ... Und Linus ... dieser Idiot ... stirbt einfach.“ Judith schniefte. „Scheiße!“, sagte sie. „Ich hasse solche Geschichten. Die sind so ... so schön. Echt Scheiße.“
    Olsen schwieg. Auch ihm hatte die Geschichte die Kehle zugeschnürt. Er trank seinen Tee aus, räusperte sich und wechselte das Thema.
    „Danke, dass du so gut auf Timber aufpasst“, sagte Olsen. Er hatte längst registriert, dass der Hund zu Judiths Füßen lag und nicht zu seinen.
    „Er kann jetzt ’ne ganze Menge Kunststücke“, sagte Judith. Sie war froh, nicht mehr von Linus’ Tod reden zu müssen.
    „Würdest du noch eine Zeit lang auf ihn achtgeben?“, fragte Olsen. „Ich hab noch ein paar Sachen zu erledigen.“
    „Geht in Ordnung“, sagte Judith. „Wir sind hier.“
    Olsen lächelte, zahlte, streichelte Timber noch einmal über den Kopf und ging. Auf dem Weg nach draußen zog er sein Handy aus der Tasche und erkundigte sich im » The George « in Portsmouth nach einem Zimmer für heute Abend.
    [3223]
    Nie wieder Wodka.
    Eddas Schädel schien so groß und quer wie ein Zeppelin, in dem offenbar mit schwerstem Gerät gerade neue Nervenbahnen ausgehämmert wurden. Seit sie aufgewacht war, klopfte und dröhnte er so, dass sie ihren Kopf am liebsten abgeschraubt und ausgetauscht hätte. Gegen einen Luftballon. Oder eine Seegurke. Oder ein Vakuum am besten. Vollkommen leer und leicht. Ihr Wunsch wurde noch stärker, als sie ihr Gesicht im Spiegel sah. Verwischtes Kajal, orangefarbene Lippen und Fingernägel, ein Dosenverschluss als Ohrring und auf ihrem Kopf eine Frisur aus lauter kleinen Zöpfchen. Fukushima-Barbie, dachte sie. Und ganz langsam kroch aus der Tiefe der Bauarbeiten in ihrem Hirn heran, was ihr wiederfahren war, aber noch traute sie sich nicht, daran zu denken. Noch bewahrte Angst sie davor. Edda wusste, dass das Erinnern an die letzten Stunden mit unguten Dingen verbunden sein würde. Sie schaute aus dem Bullauge auf das Meer. Es war Nacht. Noch immer oder schon wieder? Von fern hörte Edda Musik. Auf der P3 blinkten bunte Lichter. Das zweitägige Fest zum Fünfjährigen war voll im Gange.

    Ein Traum hatte Edda gefangen genommen, sie entführt und auf eine verwirrende Reise geführt. Wie aus einer Hülle hatte sie sich aus ihrem Körper gelöst und war entkommen. Und doch war es nicht sie gewesen, sondern das, was sie ausmachte. Was Edda Wilding einzigartig machte. Eine Essenz all dessen, was sie war und woraus sie entstanden war. Eltern, Großeltern, Ahnen und Urahnen. Diese Edda war geflogen, sicher getragen vom Wissen der Alten. Sie hatte die Plattform hinter sich gelassen, das Meer, die Welt. Schließlich konnte sie den blauen Planeten unter sich sehen; wie er sich drehte. Sie sah Wolken ziehen. Sah den Mond, der die Erde umkreiste. Sah das Sonnenlicht den Tag beginnen und beenden. Sie fühlte sich frei, weil sie eins mit allem war. Und so fern dem Leben erkannte sie, dass es einzig die Menschen waren, die Angst erschufen.
    „Wenn sie Angst erschaffen können, könnten sie es genauso gut mit absoluter Freiheit probieren.“
    Edda nahm die Stimme wahr, die das behauptet hatte, spürte sie in sich. Edda war irritiert.
    „Freiheit. Gleichheit ... Pfannkuchen.“
    „Linus?“
    Er lachte und Edda wusste, es war wirklich Linus. Sie konnte ihn nicht sehen, nahm ihn einfach nur wahr. Und lachte mit. Es war wie in den Momenten, in denen sie miteinander verbunden waren. Nur das hier war ein Traum. Und mitten in diesem Traum wunderte sich Edda, dass die Verbindung auch jetzt funktionierte.
    „Hab dich vermisst“, empfing Edda von Linus. „Ist das vermessen, dich zu vermissen?“
    „Es war vermessen, dich zu verpissen“, erwiderte Edda. Sie lachte, empfing aber keine Antwort. Linus erwiderte ihr Lachen nicht. Nach einer Weile versuchte Edda, den Kontakt aufzunehmen.
    „Wir träumen, oder?“
    „Japp.“
    Mehr kam von Linus nicht, doch Edda spürte weiter seine Nähe. Als säße sie mit ihm auf dem Deich bei Maries kleinem Haus und schaute mit ihm in den Sonnenuntergang. Sie stellte sich vor, dass er seinen Arm um sie legte.
    „Kitsch-Bitch!“, ließ Linus von sich hören.
    „Geht es dir gut?“, wollte Edda wissen, und als sie abermals keine Antwort bekam, wiederholte sie ihre Frage.
    „Folge dem Sternenstaub, Edda“, vernahm sie noch, dann blieb Linus stumm. Stattdessen erhob sich eine fremde, kleine Melodie aus nur drei Tönen und erfüllte zuerst Edda und dann das gesamte Universum. Für einen

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