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Abbau Ost

Titel: Abbau Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Baale
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Rechtsprofessor weit stärker getroffen, als er sich eingestehen
     mag. Die entscheidenden Fragen sind niemals geklärt worden. »Ich bin bis zum Schluss nicht dahintergekommen, welche Absprachen
     da gelaufen sind. Besonders der Deal zwischen dem Bundesfinanzministerium und den Banken ist mir immer ein Rätsel geblieben.
     Wer hat es ermöglicht, dass westdeutsche Banken die DDR-Staatsbanken noch vor dem 3. Oktober 1990 gekauft haben? Das Bundesverfassungsgericht
     hat nichts unternommen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Die haben überhaupt nicht nach den Hintergründen gefragt! Der
     eigentliche Prozessstoff wurde nie geklärt!« Obwohl nun schon einige Jahre vergangen sind, spricht Karl Albrecht Schachtschneider
     über das Verfahren, als sei es erst gestern gewesen. Andererseits sei er damals regelrecht erleichtert gewesen, als es endlich
     vorbei war. »Man fühlte sich wie im Zentrum eines Orkans, drinnen ist es unheimlich still, aber man spürt richtig, wie es
     draußen tobt.« Eine maßgeblich in die Schuldenproblematik involvierte Bank hatte ihn zum damaligen Zeitpunkt sogar zu sich
     eingeladen. »Ich bin da nicht hingefahren. Das war mir nicht geheuer.«
    So unbefriedigend das Verfahren auch ausging, so muss doch gesehen werden, dass die verfehlte Währungsumstellung auf dem Wege
     der Rechtsprechung, ganz gleich, wie sich das Bundesverfassungsgericht positioniert hätte, nicht korrigiert werden konnte.
     Die Richter standen auf dünnem Eis. Auf dem früheren Territorium der DDR hatte sich in der ersten Hälfte der 90er Jahre eines
     der schlimmsten Kapitel der jüngeren deutschen Geschichte abgespielt. Die Menschen hatten einiges durchgemacht. Zum damaligen
     Zeitpunkt gab es noch Hoffnungen auf einen baldigen Aufschwung. Alle schauten ängstlich, wie sich die Dinge in Ostdeutschland
     entwickelten. Niemand wollte an die Wunden rühren, die wirtschaftlicher Kahlschlag und Bevormundung bei den Menschen hinterlassen
     hatten. Die gesamte Treuhandpolitik wäre ins Unrecht gesetzt worden, wenn die Bundesrichter die Altschuldenregelung für verfassungswidrig
     erklärt hätten. »Viele Not leidende Unternehmen«, sagt Karl Albrecht Schachtschneider, »sind |61| von der Treuhandanstalt zulasten des Bundes verkauft worden, denn die Altschulden wurden entweder von dem verkehrswertorientierten
     Kaufpreis abgesetzt oder von der Treuhandanstalt übernommen. Wegen der Altschulden wurden die verkauften Unternehmen entgegen
     ihrem Wert haushaltswidrig verschleudert, aber von den Altschulden saniert. Opfer sind auch die Arbeitnehmer, jedenfalls der
     Unternehmen, die durch die Altkredite die Sanierungsfähigkeit eingebüßt haben, aber auch die, welche die rigorose Sanierungspolitik
     der Unternehmenskäufer hinnehmen mussten.« Karl Albrecht Schachtschneider schätzt den Schaden, der dem wiedervereinigten Deutschland
     durch die verfehlte Altschuldenregelung entstanden ist, auf mindestens 500 Milliarden D-Mark. Werden auch die infolge des
     Industriesterbens auf unbestimmte Zeit notwendigen Transferleistungen von West nach Ost in Rechnung gestellt, muss der Schaden
     noch sehr viel höher beziffert werden. Entstanden war das Problem durch handwerkliche Fehler bei der Währungsumstellung, indem
     wertlose Ostmark-Verrechnungseinheiten in reale D-Mark-Schulden verwandelt wurden. »Die Währungsumstellung«, sagt Karl Albrecht
     Schachtschneider, »wurde so schlecht wie nur irgend möglich gemacht.«
    Das wenigstens sahen die Verfassungsrichter genauso, auch wenn sie ihre Kritik nicht so auf den Punkt brachten wie der Beschwerdeführer.
     »Ob der Gesetzgeber dabei die zweckmäßigste Lösung gewählt hat«, schrieben die Verfassungsrichter, »ist vom Bundesverfassungsgericht
     nicht zu entscheiden. Das gilt auch für die von dem Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vertretene Ansicht, dass
     es ökonomisch sinnvoller und finanziell günstiger gewesen wäre, alle Guthaben und Forderungen, die innerhalb der geschlossenen
     sozialistischen Staatsverwaltungswirtschaft entstanden waren, zu verrechnen, die Differenz aus öffentlichen Mitteln zu decken
     und lediglich die externen Forderungen aufrechtzuerhalten, die einerseits aus den Spareinlagen der Bevölkerung, andererseits
     aus den Außenhandelsbeziehungen der Deutschen Demokratischen Republik stammten. Verfassungsrechtlich wäre der Gesetzgeber
     an einem solchen Weg nicht gehindert |62| gewesen. Die Verfassung verlangte aber auch nicht, dass gerade

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