Abbey Road Murder Song
Stehen.
»Du hast gesagt, ich soll ihn einkassieren, wenn er sich anstellt«, sagte Jones.
Der Raum war grell beleuchtet. Eine der beiden Neonröhren über ihren Köpfen surrte. An einer Stelle war die Röhre dunkelblau, und hin und wieder flackerte sie.
Als Breen Rider in seiner Wohnung befragt hatte, hatte dieser die ruhige Zuversicht ausgestrahlt, die seinem Alter entsprach. Er musste ungefähr Anfang sechzig sein. Frührentner. Hier wirkte er kleiner. Die Platzwunde an seiner Unterlippe blutete.
»Das war sehr ungehörig«, sagte Mr Rider. Er wirkte verwirrt und verängstigt. »Ich habe nur einen Spaziergang in Primrose Hill gemacht und mir nichts zuschulden kommen lassen.«
»Hat er schon was zu der Sache gesagt?«
»Nur, dass er eigentlich nicht hier sein dürfte.«
»Es muss sich um einen Irrtum handeln«, sagte Mr Rider. »Sie sitzen einem schwerwiegenden Irrtum auf.«
»Warum blutet er?«
»Niemand sagt mir, warum ich hier bin. Sie haben kein Recht, mich ohne mein Einverständnis herzubringen.« Mr Riders Stimme hatte jetzt etwas Schrilles, Flehentliches. Unter seiner rechten Achsel hatte sich ein Schweißfleck gebildet.
»Hat Constable Jones Sie gebeten, ihn wegen einiger Fragen auf die Wache zu begleiten?«
»Er hat mich abgeführt und zum Streifenwagen gebracht. Vor den Augen aller Welt.«
»Warum blutet er? Tozer, würden Sie bitte ein bisschen Watte aus dem Erste-Hilfe-Kasten holen?«
»Er hat nicht mal einen Grund genannt.«
»Mr Rider hat sich beim Einsteigen in den Wagen gestoßen, Paddy. Das ist alles, bloß eine Beule.«
»Der Kerl hat mich absichtlich geschubst.« Riders Stimme klang seltsam kindisch.
Breen betrachtete die Hände des dicken Mannes. Sie zitterten. Dann sah er Jones an. Jones zuckte mit den Schultern, als wollte er sagen, na und?
»Wir haben einen Durchsuchungsbefehl für Ihre Wohnung«, sagte Breen.
»Wonach suchen Sie denn?«
»Würden Sie Constable Jones bitte die Schlüssel aushändigen?«
»Diesem Rowdy händige ich gar nichts aus.«
»Wenn Sie uns die Schlüssel nicht übergeben, werden wir Ihre Tür aufbrechen müssen. Wie gesagt, wir haben einen Durchsuchungsbefehl, der Constable ist dazu befugt. Das wollen Sie doch nicht, oder?«
»Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen«, schrie der Mann plötzlich mit lauter Stimme. »Das alles ist ein Irrtum.«
Jones streckte die Hand aus. »Geben Sie mir einfach die Schlüssel, wenn’s recht ist.«
Aus dem Gang draußen drang Gelächter. »Sie sollten wissen, dass ich Mitglied des Conservative Club bin und zufällig mit dem Parlamentsabgeordneten unseres Bezirks sehr gut befreundet.«
»Wenn wir uns irren«, sagte Breen, »haben Sie gar nichts zu befürchten.«
»Warum sollte ich Ihnen meine Wohnungsschlüssel anvertrauen. Sie haben mir weh getan.«
»Na gut, dann los«, sagte Breen zu Jones.
»Nein«, schrie Rider. »Warten Sie.«
»Ruhig Blut«, sagte Jones.
Rider schien nachzudenken, die Situation abzuwägen. Schließlich kramte er in seinen Taschen und übergab die Schüssel, lediglich zwei Schlüssel an einem Ring. »Das obere Schloss ist ein bisschen schwergängig«, sagte er. »Sie müssen die Tür erst ranziehen. Ich erwarte, meine Wohnung aufgeräumt wiedervorzufinden, wenn Sie fertig sind.«
Rider schien sich ein kleines bisschen zu entspannen, nachdem Jones den Raum verlassen hatte. Er wurde durch Tozer abgelöst, die mit einem Wattebausch und einer kleinen Schale Wasser zurückkehrte. Sie tunkte die Watte ins Wasser, aber Rider fuhr sie an: »Danke, ich mach das selbst.«
»Wie Sie meinen«, sagte sie.
»Muss ich wirklich hier sein?«
»Sie würden uns sehr helfen, wenn Sie uns ein paar Fragen beantworten könnten«, sagte Breen. »Sollte es zu einer Verhandlung kommen, kann es nur zu Ihrem Vorteil sein, wenn Sie mit uns kooperieren.«
»Verhandlung?«, fragte Mr Rider. »Aber ich habe doch nichts verbrochen.«
»Dann haben Sie sicher nichts dagegen, wenn wir Ihnen einige Fragen stellen«, sagte Breen. Der Schmerz in seiner Schulter hatte noch immer nicht nachgelassen. Wenn überhaupt, dann war er schlimmer geworden.
»Ich denke, ich habe wohl ein paar Minuten«, sagte Mr Rider. Er betupfte die Platzwunde an seiner Lippe, dann ließ er den Wattebausch in das Schälchen fallen, das Wasser verfärbte sich leicht rosa.
»Wir haben ein Kleid gefunden«, sagte Breen. »Einschwarzes Kleid. Es lag in einem der Müllcontainer von Cora Mansions.«
Die Feststellung zeigte sofort Wirkung.
Weitere Kostenlose Bücher