Abbey Road Murder Song
weiß, vielleicht bekomme ich ja ein Autogramm.«
»Passen Sie auf, dass Sie sich keinen Ärger einhandeln.«
»Mir egal«, grinste sie. »Die ganzen Hippies behaupten sowieso, dass Pilcher die Drogen bei Lennon deponiert hat, und wenn wir ehrlich sind, ist das auch gar nicht so abwegig. Ekelhaft ist das.«
Eine Traube uniformierter Beamter kam die Treppe heruntergepoltert. »Hey, Helen«, sagte einer von ihnen. »Kommst du nachher mit zu mir?«
»Verpiss dich.«
»Pass auf, dass du deinen Tee nicht verschüttest, Süße.«
Als sie weg waren, meinte sie: »Haben Sie noch was über den verbrannten Mann rausgefunden?«
»Wellington hält ihn für einen Penner. Prosser auch.«
»Was hat Prosser damit zu tun?«
»Bailey hat uns gemeinsam drauf angesetzt. Soll uns wohl wieder zusammenbringen.«
»Prosser ist immer noch stocksauer auf Sie. Vergangene Woche kam er ins Wohnheim und hat Sie als … was Unschönes bezeichnet.«
»Als was hat er mich bezeichnet?«
»Als Drecksau, wenn Sie’s genau wissen wollen.«
Breen lächelte. »Ich sehe ihn kaum. Er ist nie da. Ständig hat er irgendwo anders zu tun, ich stelle keine Fragen.«
»Ich glaube, er hat seinen Sohn besucht. Dem ging’s nicht gut.«
»Sein Sohn? Ich wusste nicht …«
»Er ist Spastiker. Prosser redet nicht drüber, aber alle wissen es. Er zahlt für ihn und alles, aber seine Frau kümmert sich. Seine Ex, meine ich. Er wohnt immer noch in der Dienstwohnung.«
»Ich hatte keine Ahnung.«
Sie nickte. Er stellte den Fuß auf die nächsthöhere Stufe.
»Was ist mit dem Mädchen?«, fragte sie.
»Nichts Neues. Manchmal werden solche Ermittlungen auch einfach eingestellt.«
»Ich weiß.« Da war wieder die Härte in ihrem Gesichtsausdruck.
»Natürlich.«
Beide standen sie dort, warteten darauf, dass der andere ging. Polizisten und Polizistinnen kamen die Treppe rauf und runter. »Wirklich schade. Glauben Sie immer noch, dass es der Vater war?«
»Ich weiß nicht. Ich glaube nicht, dass wir das je erfahren werden.«
»So ist das nun mal, oder? Na ja«, sagte sie. »Mein Tee wird kalt, Sir.«
»Ja«, sagte er und ging weiter die Treppe hinauf. Als er wieder in seinem Büro war, hätte er sich am liebsten in den Arsch gebissen, weil er nicht den Mumm aufgebracht hatte, sie zu Ezeokes Party einzuladen. Er hatte Angst gehabt, sie könnte nein sagen.
Da Breen nicht wusste, wie er im Fall Morwenna Sullivan weitermachen sollte, konzentrierte er sich zunächst auf den unbekannten Toten, ging die Baustellen in der Gegend ab, in der er gefunden worden war. »Willst du mitkommen?«, fragte er Prosser.
»Nein. Das kriegst du doch auch alleine hin, oder?«
»Alles in Ordnung?«
»Klar, wieso nicht?«
»Hab gehört, dein Sohn ist krank.«
»Kümmer dich um deinen eigenen verfluchten Scheiß«, sagte Prosser.
Nicht zum ersten Mal wurde London von Iren erbaut. Die Männer, die Breen auf den Baustellen traf, waren jung und muskulös, nach dem Sommer unter englischer Sonne immer noch braungebrannt.
»Nein. Nein, von uns fehlt keiner«, sagten sie automatisch, ohne ihm in die Augen zu sehen.
Polizei machte sie nervös und maulfaul. Erst als er ihnen erklärte, dass er die Identität eines Toten klären wolle, wurden sie zugänglicher.
»Ob jemand vermisst wird?«, fragte ein junger Mann aus dem County Offaly. »Klar, wir werden zu Hause alle vermisst, ist es nicht so Jungs?«
Als Teenager hatte er seinen Dad ein paar Mal um einen Ausfhilfsjob beim Bau gebeten. Sein Vater hatte sich immer geweigert. Er hatte nicht gewollt, dass er sich mit diesen Männern abgab.
Breen stand vor einem Häuserblock, der zum neuen Abbey Estate gehörte, ein hochaufragender Betonturm, an den die Wohnungen später angebaut werden sollten, wie Rippen an eine Wirbelsäule.
»Wird seit dem sechsten Oktober jemand von dieser Baustelle vermisst?«, wiederholte er lauter, um das Dröhnen des Betonmischers zu übertönen.
Kopfkratzen. Die Arbeiter wechselten oft. Männer verschwanden urplötzlich, wenn sie von einem anderen Vorarbeiter ein besseres Angebot bekamen. Oder auch einfach nur so.
»Joey vielleicht.«
»Nein, Joey war gestern da. Der hatte sich den Zeh gequetscht«, sagte ein Mann mit einer Stimme, die der von Breens Vater ähnelte. »Deshalb hat er sich nicht blicken lassen.«
»Kommen Sie aus Kerry?«
»Um Gottes willen, nein. Ich bin aus Cork.«
»Knapp daneben.«
»Werden Sie nicht ausfallend.« Als der Mann grinste, entblößte er abgebrochene Zähne.
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