Abby Cooper 01 - Detectivin mit 7. Sinn
aller Ruhe darüber nach, und Sie finden die Lösung. Also, möchten Sie für Januar einen Termin haben, oder melden Sie sich in ein paar Monaten noch mal?«
»Ich rufe Sie wieder an«, sagte sie ernüchtert.
»Einverstanden. Einen schönen Tag noch, Allison«, sagte ich energisch.
Mit einem Hauch Befriedigung legte ich auf. Wenn mir keine Erleichterung vergönnt war, warum dann anderen? Doch die Befriedigung war nicht von langer Dauer. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr schämte ich mich. Warum hatte ich nicht netter sein können? Warum hatte ich mir ihre Fragen nicht einfach angehört und eine telefonische Sitzung mit ihr abgehalten? Das hatte ich für andere Klienten auch schon getan. Warum war ich so zickig gewesen?
Die Wahrheit lautete, ich war kleinlich und lieblos, weil ich einen Scheißtag hinter mir hatte. Ich fühlte mich, als hätte ich eine kleine alte Dame vom Highway abgedrängt, die bloß die Fahrspur wechseln wollte.
»Scheißdreck«, fluchte ich in die Stille hinein.
Tja, jetzt war es zu spät. Ich hatte keine Telefonnummer von Allison, und sofern sie nicht noch einmal anrief - was im Augenblick höchst unwahrscheinlich war -, war eine Kontaktaufnahme unmöglich. Ich schaute über den Schreibtisch und beschloss, für heute Schluss zu machen, ehe ich noch mehr Schaden bei meinen Klienten anrichtete. Ich griff nach meiner Handtasche und schloss die Praxis hinter mir zu.
In düstere Gedanken versunken stieg ich die Treppe hinab und verließ das Haus. Plötzlich beschlich mich ein unangenehmes Gefühl, und zum hundertsten Mal in dieser Woche schaute ich mich ängstlich um. Das ging nun schon seit Montag so. Mir war, als ob mich jemand beobachtete, und ständig hielt ich aus den Augenwinkeln nach finsteren Kerlen Ausschau.
Ich spähte die Washington Avenue rauf und runter, aber wie jedes Mal konnte ich niemanden entdecken. Ich ging über die Straße zur Garage und die Rampe hinauf zu meinem Wagen, doch sowie ich mich meinem Stellplatz näherte, verstärkte sich das Gefühl. Jemand folgte mir. Ich lief schneller und anstatt direkt zum Auto, rannte ich in die entgegengesetzte Richtung, wo die Treppe lag. Ich stürmte durch die Tür des Treppenschachts, rannte in die nächsthöhere Etage, wo ich die Tür laut zuschlagen ließ, schoss um einen Pfeiler und wartete. Die Sekunden tickten, und während ich die Ohren spitzte, hörte ich Schritte die Stufen heraufkommen. Als ich um die Pfeilerkante spähte, sah ich einen großen, gut aussehenden Schwarzen in Freizeithosen und Polohemd durch die Tür treten und aufmerksam umherblicken. Außerdem horchte er, wahrscheinlich auf meine Schritte. Er schob sich ein Stückchen vor, blickte hierhin und dorthin. Das war also der Kerl, der mir schon die ganze Woche folgte.
Ich hatte es gespürt und geglaubt, ein paarmal einen fremden Wagen am Ende meines Wohnblocks gesehen zu haben, hatte das aber schulterzuckend abgetan. Jetzt stellte sich tatsächlich heraus, dass ich beobachtet wurde. Aber wer war der Kerl, und was wollte er von mir? Was hatte ich ihm getan?
In dem Moment rutschte mir die Handtasche von der Schulter und schlug dumpf gegen den Pfeiler. Der Mann horte das Geräusch, drehte abrupt den Kopf, und unsere Blicke trafen sich. Er wirkte erschrocken. Einen Moment lang sah er mich seltsam an, dann straffte er die Schultern und ging in die andere Richtung davon.
Ich zögerte nur einen Moment, ehe ich beschloss, den Spieß umzudrehen. Hinter die Wagen geduckt, schlich ich ihm nach. Er ging bis ans Ende der Parkreihe, lehnte sich gegen die Wand und sah auf die Uhr. Nach fünf Minuten sah er erneut auf die Uhr, stieß sich von der Wand ab und lief zur Treppe, wo er die Tür aufdrückte und aus meinem Blickfeld verschwand.
Vorsichtig eilte ich ihm nach, glitt auf Zehenspitzen die Stufen hinab, riskierte einen Blick in den Treppenschacht und sah ihn ein paar Meter vor mir. Unten angelangt, stahl ich mich durch die Tür, die ich lautlos hinter mir zugleiten ließ, und lief geduckt zur vordersten Wagenreihe, hinter der ich ab und zu hervorspähte, um den Mann nicht aus den Augen zu verlieren.
Er steuerte einen mir vertrauten Stellplatz an. Ungläubig sah ich, dass er vor meinem Wagen haltmachte. Er betrachtete ihn kurz, prüfte, ob die Motorhaube warm war, ging zur Fahrertür und schaute mit den Händen an den Schläfen durch die Scheibe. Kurz danach richtete er sich wieder auf und sah sich nach allen Seiten um. Als er den Kopf in meine Richtung drehte,
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