Abby Cooper 01 - Detectivin mit 7. Sinn
schlecht gegessen.
Der extravagante Tischanweiser taxierte Dutch, angefangen bei den Füßen und langsam hinauf bis zu seinem unverschämt gut aussehenden Gesicht. Das Urteil schien günstig auszufallen, denn er schenkte Dutch ein strahlendes Lächeln und sagte: »Hier entlang bitte!« Ich hätte genauso gut unsichtbar sein können.
Während wir ihm folgten, kam ich nicht umhin zu bemerken, wie viele Köpfe sich nach Dutch umdrehten. Er hatte diese Wirkung auf andere; er verströmte eine ungeheure Männlichkeit, die den entsprechenden Interessenten quasi in die Nase stach. Ich fühlte mich ein bisschen unsicher und wünschte mir nicht zum ersten Mal, ich hätte mehr Sorgfalt auf mein Äußeres verwendet, bevor ich von zu Hause weggegangen war.
Wir setzten uns und nahmen die Speisekarte zur Hand. Nachdem die Kellnerin unsere Bestellung aufgenommen hatte, wandte Dutch sich mir zu und sagte: »Dein Mr Hardbody hat sich als harmlos herausgestellt.« Ich konnte nicht ganz folgen und blickte ihn fragend an. »In der Zeit, als Allison ermordet wurde, hat Dirk sich Pornos heruntergeladen.«
»Iiiih«, sagte ich und verzog das Gesicht. Ich wollte ihn mir wirklich nicht dabei vorstellen.
»Du hast Glück, dass er sich als unschuldig erwiesen hat, Abby. Wenn er nun der Mörder gewesen wäre, was dann? Du hättest in große Gefahr geraten können.«
Ich verdrehte die Augen und erwiderte: »Ich sagte doch, mein Radar irrt sich nicht, Dutch, und wenn es sagt, dass jemand harmlos ist, dann ist er auch harmlos. Aber ich fürchte, da war wohl eine gewisse morbide Neugier von meiner Seite am Werk. Ich wollte wissen, was für ein Typ Allison zum Ausgehen bewegen konnte, weißt du? Das hätte mir vielleicht etwas über den Mörder verraten.«
»Du meinst also, sie hat mal ein Verhältnis mit ihrem Mörder gehabt?«
Ich überlegte eine Minute und betrachtete die Frage intuitiv. Das passte nicht ganz, war aber nahe dran. »Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht kein richtiges Verhältnis, aber ich denke, jemand aus ihrer Vergangenheit ist gekommen und wollte sie zum Schweigen bringen. Ich meine, du hast doch den Tatort gesehen. Er hat sie nicht einfach schnell und effektiv umgebracht. Er hat sie gehasst. Warum? Was hat sie getan, das ihn so wütend gemacht hat?«
»Ammarretti ist jemand aus der Vergangenheit«, gab Dutch zu bedenken.
»Oh, bitte.« Ich warf ihm einen empörten Blick zu. »Warum sollte Marco sie töten? Welches Motiv hatte er denn?«
»Wir haben von mehreren Leuten gehört, dass Allison ihm bei der Beerdigung ihrer Schwester eine Szene gemacht hat und ihm die Schuld an ihrem Tod gab. Sie hat ihn öffentlich gedemütigt. Vielleicht hat sie ihn verhöhnt. Vielleicht war sie so verstört über den Tod ihrer Schwester, dass sie ihn belästigte, ihn sogar zum Essen einlud und quälte, bis er durchdrehte.«
Das Essen kam, und ich starrte es eine Weile an, bevor ich die Gabel in die Hand nahm. Es sah köstlich aus, aber ich war mit meinen Gedanken woanders. Schließlich sagte ich: »Dutch, ich weiß einfach, dass er es nicht war. Er macht sich Vorwürfe ihretwegen und glaubt, er hat Alyssas Selbstmord ausgelöst.«
»Also gut, denken wir es doch mal gründlich durch. Vielleicht hat er Alyssa im Schlaf abgeknallt, hat es wie einen Selbstmord aussehen lassen, und Allison ist dahintergekommen.«
»Aber warum, Dutch? Welchen Grund sollte er gehabt haben, Alyssa umzubringen? Alle dachten, dass sie zusammen glücklich sind.«
»Er hatte sogar ein ziemlich gutes Motiv. Erstens hat Alyssa ihn im Testament als Haupterben genannt. Die Mädchen hatten ein paar Millionen von ihren Eltern geerbt, und durch Alyssas Tod hatte Marco Anspruch auf das halbe elterliche Vermögen. Der Clou ist, dass Allison Alyssa zu ihrer Erbin bestimmt hatte, sodass ihre Hälfte nun ebenfalls an Marco fällt. Ich finde, das sind gute Gründe für einen Mord, du etwa nicht?«
Zum ersten Mal bekam ich Angst um Marco. Ich sah es plötzlich mit den Augen der Geschworenen. Die Theorie war in einem barbarischen Sinne einleuchtend, und mir war klar, dass der von Schuldgefühlen geplagte Marco sich kaum wehren würde. Er würde einen Schuldspruch sogar willkommen heißen, würde eine Verurteilung als gerechte Strafe ansehen. Dazu durfte ich es nicht kommen lassen.
»Na schön, Detective«, sagte ich und legte den Kopf schräg. »Dann verrate mir doch mal eines: Warum sollte Marco sich die Mühe machen, durchs Fenster zu steigen, um Alyssa umzubringen? Er
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