Abby Cooper 02 - Moerderische Visionen
Shampoo, Haarspülung, Zahnbürste, Zahnpasta, Bodylotion, Mascara und Rouge zusammen. Ich fand sogar ein Kontaktlinsendöschen und jede Menge Kochsalzlösung, um mir den Ruß aus den Augen zu spülen, die noch immer brannten.
Eine halbe Stunde später war ich zurück in meinem Motelzimmer. Ich zog die Klamotten aus und legte Cats Geschenke sorgsam aufs Bett, während ich meine Unterwäsche in den Abfalleimer warf.
Das Duschen war wundervoll, und da ich so erschöpft war, stand ich gute zwanzig Minuten unter dem Wasserstrahl, seifte, schamponierte und spülte, bis der Gestank nach Rauch endgültig in den Abfluss geschwemmt war. Rosig von dem heißen Wasser stieg ich aus der Dusche und wickelte mich in ein Handtuch ein, ging hinüber ins Zimmer, um die Wal-Mart-Tüte zu holen, und packte ein T-Shirt, Slip und BH und ein Paar Socken aus. Dann bürstete ich mir die Haare und betrachtete kurz mein leicht verschwommenes Bild in dem beschlagenen Badezimmerspiegel. Meine Augen gefielen mir nicht. Sie waren kalt und zornig. Ich mochte nicht, welche Gedanken sie widerspiegelten.
Mit dem Wandfön des Motels trocknete ich meine Haare, aber weil ich so müde war, hörte ich auf, als sie noch ein wenig feucht waren, und verließ das Bad. Das Bett lockte mich, doch ich musste mir einen Plan zurechtlegen, bevor an Schlaf überhaupt zu denken war. Seufzend ging ich um das Bett herum und setzte mich im Schneidersitz auf die Tagesdecke. Den Kopf in die Hände gestützt, die Augen geschlossen, fragte ich meine Crew: Was soll ich jetzt tun?
Geh zu J. R., war die Antwort.
Ich hob den Kopf. Was?, fragte ich.
Geh zu J. R., hörte ich erneut.
Mein Blick wanderte zu meiner Handtasche. Der Notizblock, auf dem ich mir die Einzelheiten des Traums notiert hatte, steckte in der Seitentasche. Ich hatte ihn wohl vom Nachttisch genommen, bevor ich mich auf dem Dachboden versteckt hatte. Ich zog die Handtasche zu mir heran, dann las ich, was ich aufgeschrieben hatte.
Die gerade empfangene Botschaft lautete, dass ich zu J. R. gehen solle. Soll ich vielleicht nach Dallas fahren?
Linke Seite Schweregefühl. Also nein.
Wohin dann?
Krispy Kreme ... kam es mir in den Sinn, gefolgt von einem Bild des Sheriffsterns, den J. R. getragen hatte.
Ich runzelte die Stirn. Der Sheriffstern war einfach zu deuten - ich sollte nach Texas fahren. Der J. R. aus meinem Traum deutete ebenfalls daraufhin. Aber wohin genau wusste ich nicht. Nach Dallas jedenfalls nicht. Wenn ich meine Geister wörtlich nahm, dann sollte ich zu einem Krispy-Kreme-Donutladen gehen.
Schwer seufzend betrachtete ich meine Notizen, genauer gesagt die Beschreibung des Donutladens. Donuts in einem Sarg, wie seltsam. Warum wollte meine Crew, dass ich in einen Sarg schaute? Laut dachte ich über die Metapher nach.
»Donuts ... Sarg ... Krispy Kreme ... tot... Leiche ... Krispy Kreme ... Du meine Güte!«, hauchte ich. »Corpus Christi, in Texas!«, rief ich aus.
Ein leichtes Gefühl auf der rechten Seite.
Hastig griff ich zum Telefon und rief die Auskunft an. Ich bekam die Nummer von Northwest Airlines und wählte. Als ich jemanden an der Strippe hatte, fragte ich nach verfügbaren Flügen von Toledo nach Corpus Christi. In Houston würde ich umsteigen müssen, aber wenn ich den frühen Flug um 6.30 Uhr nähme, wäre ich um 13.30 Uhr dort. Ich warf einen Blick auf den Wecker und stöhnte.
»Soll ich den Flug für Sie buchen, Ma’am?«
Kurz zögerte ich und wollte schon Ja sagen, dann überlegte ich es mir anders, sagte »Nein, danke« und legte auf. Am Flughafen hätte ich mich ausweisen müssen, was schon ungünstig genug war. Aber davon abgesehen wollte ich auf keinen Fall, dass man meine Kreditkartenzahlungen zurückverfolgen und mich allzu schnell finden konnte.
Ja, man würde registrieren, dass ich einen Flug genommen hatte, aber es würde hoffentlich ein paar Tage dauern, bevor jemand daran dachte, die Fluggesellschaften außerhalb von Detroit zu überprüfen. Im Augenblick war es einfach sicherer, bar zu bezahlen.
Ich stellte den Wecker auf fünf, was keine vier Stunden hin war, und schaltete das Licht aus. In der Dunkelheit weinte ich um mein Haus und alle meine weltlichen Besitztümer, bis ich erschöpft einschlief.
15
Ich war noch nie zuvor in Texas und die Weite des Landes traf mich völlig unvorbereitet. Aus dem Flugzeugfenster hatte ich beobachtet, wie sich die Landschaft unter mir veränderte, und immer wieder war lange Zeit nur nackter, ausgedörrter Boden zu
Weitere Kostenlose Bücher