Abby Cooper 02 - Moerderische Visionen
Opfer fallen würde, aber ich schob den Gedanken beiseite, weil ich daran im Augenblick gar nichts ändern konnte. Solange ich nicht meine eigenen Probleme gelöst hatte, konnte ich auch der Polizei nicht unter die Arme greifen, um eine weitere Tat zu verhindern.
Nachdem ich mehrere Blocks gegangen war, kam ich zu einer Nebenstraße, die ich an einer Ampel überqueren musste. Als ich auf der anderen Seite war, wurde meine linke Körperhälfte schwer. Mitten in der Bewegung hielt ich inne und überlegte kurz, dann drehte ich mich herum, überquerte die Straße wieder und ging nach rechts. Sekunden später fühlte sich meine linke Seite wieder schwer an. Ich blieb stehen und sah in die Richtung, aus der ich gekommen war. Okay ... ich soll also hier irgendwo anhalten.
Ich ging zurück zu der Nebenstraße und sah zum Straßenschild hoch. Water Street. Das löste eine vage Erinnerung aus. Ich zog mein Notizbuch aus der Handtasche, blätterte durch die Seiten und überflog die Notizen zu meinem Traum. Als ich durch die Tür gehen wollte, hatte J. R. mich vor nassen Füßen gewarnt, und die Pfütze war direkt vor der Tür mit meinem Namen darüber gewesen. Genau, ich sollte in die Water Street einbiegen. Während ich die Südseite entlangging, blieb ich unvermittelt stehen, blickte hinüber zur anderen Seite und sah ein großes gemaltes Schild über einer Tür: J.R.’s ANTIQUITÄTEN.
Rasch wechselte ich die Straßenseite und wollte das Antiquitätengeschäft schon betreten, als ich wieder mitten im Schritt innehielt. Direkt neben dem Laden war eine Tür mit einem kunstvoll bemalten Rahmen. Blühende Ranken umgaben eine leuchtend gelbe Tür. Ich sah auf das Schild darüber: In goldenen kalligrafischen Buchstaben stand dort BRISHKA’S TEAROOM.
Ich öffnete die Tür und trat ein. Mein sechster Sinn summte und knackte vor Aufregung und ein köstlicher Duft stieg in meine Nase. Es roch süß und zugleich nach Zitrone.
Die gesamte Teestube war in einem ruhigen Minzgrün gestrichen, das für das Auge sehr angenehm war, und unter der Decke liefen zwei weiße Ventilatoren, sorgten für einen leichten Luftzug und verteilten das Zitrusaroma.
In dem Hauptraum links von mir standen nur vier Tische mit schmiedeeisernen Stühlen, die mit bunten Pastellschnüren und farblich passenden Kissen dekoriert waren. Die Tischplatten bestanden aus weißem Marmor und auf jeder stand ein Tablett mit Sahne, Zucker und Süßstoff. An einer Wand gab es ein Regal mit gebrauchten Büchern und darüber ein Schild: NEHMEN SIE EINES, BRINGEN SIE EINES.
Rechts von mir befand sich eine große Kühltheke mit köstlich aussehenden Backwaren, die auch den letzten Diätfanatiker in Versuchung geführt hätten. Ich trat näher heran. Da lagen Törtchen, Croissants, Scones, großzügig glasierte Zimtschnecken und riesige Muffins in einem Dutzend verschiedener Geschmacksrichtungen. Es hing noch ein Hauch Hefe in der Luft, der sich vom Backen am Morgen gehalten hatte.
Links von der Kühltheke standen ein riesiger Samowar und eine Tafel, auf der die Preise für die angebotenen Köstlichkeiten angeschrieben waren. Als ich die Tafel las, knurrte mein Magen.
Ich hatte zwei Tage lang fast nichts gegessen.
In dem Moment kam eine große, dünne Frau mit platinblondem Haar hinter einem Vorhang hervor, der vermutlich zur Küche und Backstube im hinteren Teil des Lokals führte. Sie erschrak, als sie mich sah, und fasste sich keuchend an die Brust.
»Ach du je! Entschuldigen Sie. Ich habe nicht bemerkt, dass jemand hereingekommen ist. Warten Sie schon lange?«
Ich lächelte sie an, denn sie war mir sofort sympathisch. »Nein, gar nicht. Aber ich habe ziemlichen Hunger. Kann ich etwas bestellen?«
»Aber natürlich.« Sie winkte mich näher an die Kühltheke heran. Ich bestellte eine Zimtschnecke und einen Blaubeermuffin. Ich fand, dass ich die Kohlenhydrate verdient hatte.
»Sonst noch etwas?«, fragte sie.
»Ja, können Sie mir sagen, was hier so fantastisch duftet?«, fragte ich und atmete tief ein.
Die Frau lachte. »Das ist unsere Hausmischung. Möchten Sie eine Tasse?«
»Ja, bitte.«
»Und möchten Sie dazu auch eine Sitzung?«
Ich zögerte und legte den Kopf schräg, als meine Intuition sich überschlug. Hatte ich gerade richtig gehört? Sie fragte mich, ob ich eine Sitzung wollte? Rechte Seite leicht und luftig. »Äh, klar, sehr gem.«
»Okay. Sie sind gerade noch rechtzeitig gekommen. Brishka wollte schon nach Hause fahren. Sie können sich
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