Abby Cooper 02 - Moerderische Visionen
setzen, wohin Sie wollen, und wenn Sie Ihren Tee ausgetrunken haben, schicke ich sie für die Sitzung zu Ihnen, einverstanden?«
Ich nickte ein klein wenig verwundert, trug meine dampfende Tasse und das Gebäck zu einem Tisch und setzte mich. Ich nahm einen Schluck von dem orangebraunen Tee und rollte mit den Augen - er war wunderbar.
Er schmeckte süß und zitronig, aber leicht und mild. Ich trank ihn und versuchte mich gar nicht erst in vornehmer Zurückhaltung, sondern schlang die Zimtschnecke und den Blaubeermuffin einfach hinunter. Dabei war ich ziemlich gespannt auf diese Brishka.
Zwar war ich bisher ein paarmal bei anderen Medien gewesen, aber ich suchte sie nicht ständig auf. Andererseits kamen viele Kollegen zu mir und baten um Austausch. Stile und Informationen zu vergleichen machte eigentlich immer Spaß.
Kendal war bei Weitem der beste Hellseher, den ich kannte, und weil ich ihn ganz zu Anfang meiner Karriere kennengelernt hatte, bildete er den Standard, an dem sich alle anderen messen mussten - mich selbst eingeschlossen. Ich fragte mich, wo Brishka einzuordnen war, und vor allem, weshalb meine Geister mich zu ihr geführt hatten.
Da ich wusste, dass Brishka eigentlich schon fast auf dem Nachhauseweg gewesen war, trank ich meinen Tee rasch aus und brachte die Tasse der Frau hinter der Theke. Sie lächelte mich freundlich an und reichte mir ein Glas Wasser, dann bat sie mich, wieder Platz zu nehmen, während sie Brishka holte.
Ich wartete nur ein paar Augenblicke, dann teilte sich der Vorhang und aus dem hinteren Bereich kam eine füllige, braungebrannte Frau mit üppigen langen Locken und großen braunen Augen. Ihre Aufmachung war ein bisschen verrückt und von Kopf bis Fuß violett: Violette Ohrringe baumelten an ihren Ohrläppchen, die Lippen waren violett geschminkt, ein violettes Baumwoll-T-Shirt schmiegte sich an ihren rundlichen Körper wie eine zweite Haut und ein langer, weiter violetter Rock schwang um ihre Beine. Zielstrebig kam sie an meinen Tisch, in der Hand meine Teetasse.
Ich schätzte sie auf Ende fünfzig, Anfang sechzig, aber sie hatte sich recht gut gehalten. Ihre Wangen waren weich, aber ohne Falten, ihr eckiges Kinn kräftig, die Lippen voll. Sie verströmte eine machtvolle Energie, und als ich über ihren Kopf hinweg ins Leere blickte, wurde ihre Aura rasch sichtbar. Mir war sofort klar, dass ich eine Frau mit großem Talent vor mir hatte.
Sie trat an den Tisch und reichte mir die Hand. »Hallo«, sagte sie mit einem breiten slawischen Akzent, »ich bin Brishka.«
»Abby«, sagte ich, während ich ihr die Hand schüttelte. Ich war gespannt. Brishka setzte sich und nickte mir zu, dann schloss sie ganz kurz die Augen, riss sie wieder auf und blickte in meine Tasse.
»Aha ...«, begann sie, »Sie haben auch sechsten Sinn.«
Ich wackelte verschwörerisch mit den Augenbrauen und Brishka erwiderte mein Lächeln, als sie fortfuhr: »Sie besuchen von weit her, nein?«
Ich nickte.
»Sie kommen aus Norden, nein?«
Ich nickte wieder.
Brishka schloss die Augen und ging die Botschaften durch. »Kennen Sie Andrew?«, fragte sie mich und ich spürte, wie mir ein Frösteln durch die Glieder lief.
»Ja«, sagte ich. Ich wusste, sie hatte Andros erfasst.
»Er ist sehr schlechter Mensch«, sagte sie und blickte mich an. Ist er Ihr Freund?«»Nein«, antwortete ich.
»Nun, Sie müssen sich fernhalten von diesem Andrew. Er ist schlechter Mensch.«
Ich nickte.
»Außerdem gibt es anderen Mann, den Sie mögen. Ein Blonder ... Er ist aus Europa, nein?«
Ich lächelte. Dutch kam nicht aus Europa, aber sein Spitzname deutete natürlich daraufhin.
»Er hat gefährlichen Beruf, er ist Polizist, richtig?«
»Ja.«
»Sie müssen Mann aus Europa sagen, er muss sehr vorsichtig sein. Zwischen ihm und diesem Andrew ist etwas, aber nichts Gutes. Ich glaube, Andrew ist eifersüchtig auf Mann aus Europa, und er plant etwas gegen ihn.«
Ich bekam eine Gänsehaut. Brishka sah mich ernst an und sagte: »Sie gehen bald zu einer Beerdigung. Sehr traurig für Sie, aber Sie werden denken, Leben geht weiter.«
»Wessen Beerdigung?«, fragte ich bestürzt.
»Ist ein Mann Sie kennen. Er ging Risiko ein und verlor. Aber Leben geht weiter ...«, sagte Brishka nüchtern.
Ich war noch dabei, das zu verdauen, aber sie redete schon weiter, als hätte sie mir lediglich vorhergesagt, dass eine Kaltfront heranrücke und ich einen Pullover bräuchte. »Sie suchen neues Haus, nein?«, fragte sie mich.
Das
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