Abby Cooper 02 - Moerderische Visionen
Höchstgeschwindigkeit. Dass diese üblen Mafiatypen einen Strafzettel für zu schnelles Fahren fürchteten, ließ mich grinsen. Eine Dreiviertelstunde später erreichten wir das Anwesen von Kapordelis. Ich wurde aufgefordert, meine Reisetasche im Wagen zu lassen. Gleichgültig zuckte ich die Achseln, was meine drei Begleiter ein winziges bisschen nervös machte, das merkte ich ihnen an. Es musste sie ganz schön beunruhigen, dass ich meiner offensichtlich prekären Lage so unbekümmert gegenüberstand, und dass ich ständig grinste, trug auch nicht zu ihrem Seelenfrieden bei.
Kobold hielt mir die Tür auf, als wir ins Haus traten, und ich folgte ihm. Er schlug den Weg zu Kapordelis’ Arbeitszimmer ein. Als wir näher kamen, sah ich, dass die Tür bereits offen stand, und dann entdeckte ich den Killer, der wahrscheinlich auch Dutch ermordet hatte, in einem der Sessel. Je mehr, desto lustiger, dachte ich.
Kobold trat zur Seite und winkte mich ins Zimmer, und als ich eintrat, folgte mir nur der Grimmige, während Kobold die Tür schloss und mit Fratze draußen wartete. Zielstrebig ging ich zu einem der Stühle vor Kapordelis’ Schreibtisch und ließ mich darauf nieder, schlug die Beine übereinander, verschränkte die Arme und setzte die frechste Miene auf, zu der ich fähig war.
Kapordelis saß auf seinem üblichen Platz hinter seinem gewaltigen Schreibtisch. Er sah entsetzlich aus. Der Schweiß lief ihm über das aufgedunsene Gesicht und tränkte sein weißes Baumwollhemd. Seine Haut war gelbstichig, ein Zeichen für die Gelbsucht. Ich spürte die Wellen intensiven Schmerzes, die von ausgingen, und gestattete mir kein Mitleid.
»Miss Cooper, wie schön, dass Sie diesem unglückseligen Brand in Ihrem Haus entkommen konnten«, begrüßte er mich. »Ja, ich bin darüber genauso glücklich«, pflichtete ich ihm bei und heuchelte ein Lächeln.
»Leider müssen wir unsere Geschäftsbeziehung jedoch beenden. Traurigerweise haben Sie Ihren Teil der Vereinbarung nicht erfüllt und ich sehe mich gezwungen, Sie zu entlassen.«Kapordelis wählte zwar das Wort »entlassen«, es war jedoch mehr als eindeutig, das dies der Befehl war, mich umzubringen.
»Einen Augenblick mal«, sagte ich und hob die Hand. »Wer behauptet, ich hätte meinen Teil der Vereinbarung nicht erfüllt?«
»Wie bitte?«, fragte Kapordelis und sah mich zum ersten Mal richtig an.
»Wer behauptet, ich hätte meinen Teil der Vereinbarung nicht erfüllt?«, wiederholte ich mit größerem Nachdruck.
»Miss Cooper, ich habe keine Zeit für Spielchen. Sie besitzen eindeutig nicht das Talent, nach dem ich suche, und Sie haben Ihren Auftrag nicht ausgeführt. Diese Männer werden Sie hinausbegleiten ...«
»Wenn ich mich recht erinnere, Andros«, erwiderte ich und benutzte seinen Vornamen, um ihn herauszufordern, »bestand mein Auftrag darin, Ihre Frau zu finden, was mir gelungen ist. Daher sind es meiner Meinung nach Sie, der zahlen muss.«
»Sie haben Dora gefunden?«, fragte Kapordelis mit einem Lächeln. Er glaubte mir nicht. Gut.
»Ja.«
»Und wo ist meine geliebte Frau?«, fragte er und sah sich spöttisch nach allen Seiten um. »Ich würde mich zwar gern auf Ihr Wort verlassen, Miss Cooper, aber Sie müssen verstehen, ich bin ein misstrauischer Mann ...«
»Also glauben Sie mir nicht?«, fragte ich, beugte mich vor und sah ihm in die kalten kleinen Augen.
»Nein.«
»Sie ist im gleichen Flugzeug wie ich hierher geflogen. Wenn Ihre Gorillas ein bisschen aufmerksamer gewesen wären, hätten sie gesehen, wie ich mit ihr den Terminal durchquert habe«, sagte ich und drohte dem Grimmigen scherzhaft mit dem Finger. Kapordelis und sein Killer wandten sich ihm zu, was ihn außerordentlich nervös machte.
»Ich habe niemanden bei ihr gesehen, Mr Kapordelis. Sie war alleine«, versicherte der Grimmige eilig.
»Aber natürlich haben Sie niemanden bei mir gesehen. Sie hatten ja nur Augen für mich. Wirklich zu schade - Sie hätten Andros eine Autofahrt ersparen können.«
Kapordelis sah mich mit einem Blick an, unter dem ein Eisbär gefröstelt hätte. »Miss Cooper, mir reicht es. Sal, kümmere dich um sie ...«
Der Grimmige sprang auf mich zu und drehte mir den Arm um, während er mich aus dem Sessel zerrte. Ich fand, dass es ganz sinnvoll wäre, nun auf den Punkt zu kommen.
»Wenn Sie mir nicht glauben, dann rufen Sie sie doch an!«, rief ich. Der Grimmige wollte mich zur Tür ziehen. »Sie hat mein Handy!«, rief ich. »Rufen Sie mein Handy an.
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