Abby Cooper 03 - Hilferuf aus dem Jenseits
Moment hörten wir ein verlegenes Räuspern hinter uns. Wir drehten den Kopf, und Candice sagte: »Ich habe mit ihr gesprochen. Sie würde sich sehr freuen, Ihnen weiterzuhelfen. Heute Abend geht sie zum Bingo, aber morgen können Sie schon am Vormittag zu ihr kommen, wenn Sie möchten. Ich habe die Adresse auf den Küchentisch gelegt, zusammen mit meiner Fallakte.«
»Danke, Candice«, sagte ich. »Ich bin wirklich froh, dass Sie heute hier waren.«
»Kein Problem, Abby. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, ich habe noch eine lange Fahrt vor mir.« Damit verschwand sie durch die Tür.
Als wir wieder allein waren, sah ich zu Dutch auf und fragte: »Was nun?«
Lächelnd küsste er mich auf die Stirn. »Da du überzeugt bist, dass dieser Jean-Luke der Täter ist, sollten wir zur Nervenklinik fahren und sehen, was wir dort herausfinden können.«
Ich lächelte ihn an und nickte. Dann nahm ich Handtasche und Mantel, und wir verließen das Haus.
Dutch navigierte, ich fuhr. Wir redeten nur das Nötigste. Keiner wollte den gerade geschlossenen Frieden wieder in Gefahr bringen. Die Fahrt dauerte zwanzig Minuten und führte uns nach Pontiac, drei Städte nördlich von Royal Oak. Wir kamen am aufgegebenen Pontiac-Stadion vorbei, das die Detroit Lions früher mal ihr Heim nannten, und nach weiteren fünf Minuten sagte Dutch: »Hier abbiegen.«
Ich folgte der kurvigen Seitenstraße so lange, bis Dutch nach rechts zeigte, wo wir noch ein Stück weit nach Norden fuhren. Dann kam ein Schild, das die Nervenklinik ankündigte. Ich fuhr in die angezeigte Richtung und bog auf einen großen Parkplatz ein, der ein eingeschossiges, ausgedehntes Backsteingebäude umgab.
Ich fand eine Parklücke in der Nähe des Haupteingangs. Wir stiegen aus und gingen darauf zu. Die Eingangshalle hatte glänzenden Parkettboden und roch nach Desinfektionsmitteln. Hinter dem Rezeptionstisch saß ein Mann mittleren Alters.
»Guten Tag«, sagte Dutch freundlich und zeigte dem Mann seinen Dienstausweis. »Ich bin Agent Rivers, das ist meine Kollegin Abigail Cooper, und wir kommen, um das Verschwinden eines Ihrer Patienten zu untersuchen.«
Der Mann beugte sich näher heran, um sich den Ausweis genau anzusehen. Es war auch nicht zu übersehen, dass er sich gleich gerader aufrichtete. »Sie meinen sicher Jean-Luke Carlier«, sagte er zu Dutch und griff zum Telefon.
»Genau den«, bestätigte Dutch und steckte seinen Ausweis weg.
»Nehmen Sie doch kurz in der Halle Platz. Ich werde Dr. Michaels für Sie rufen.«
Ich setzte mich, Dutch blieb auf seine Krücke gestützt stehen. »Wieder eine harte Übungsstunde?«, fragte ich angesichts seiner Körperhaltung.
Er nickte knapp. »Was uns nicht umbringt, macht uns härter, hm?«
»Wie viele Stunden musst du noch hinter dich bringen, bis alles wieder okay ist?«
»Du meinst, bis ich dich entehren kann?«, fragte er und wackelte mit den Augenbrauen.
Ich verdrehte die Augen und grinste. »Wir müssen bald was unternehmen, Süßer. Es wird immer härter, einfach so neben dir zu schlafen.«
»Wem sagst du das?«, erwiderte er grinsend.
Ich kicherte. »Du bist so böse, Dutch.«
»Im Gegenteil, Süße, ich bin richtig gut«, widersprach er mit einem augenzwinkernden Blick, bei dem ich am liebsten über ihn hergefallen wäre.
In dem Moment ging am Rand der Halle eine Tür auf, und eine sehr hübsche blonde Frau im weißen Kittel kam heraus. »Guten Tag«, sagte sie, als sie uns sah. »Ich bin Dr. Michaels. Ich höre, Sie sind wegen Jean-Luke hier?«
Dutch ging mit gezücktem Ausweis auf sie zu. »Ja, ich bin Agent Rivers von der FBI - Außenstelle in Troy, und das ist meine Kollegin Abigail Cooper. Können wir uns irgendwo unterhalten?«
Kurz prüfte sie seinen Dienstausweis und musterte seine Krücke. »Hier entlang«, sagte sie und führte uns durch die Tür, aus der sie gekommen war.
Wir folgten ihr einen langen Gang mit vielen Büros entlang, von dem nach beiden Seiten Flure abzweigten, und gelangten zu einer Tür mit ihrem Namensschild.
Die Ärztin schloss auf und ließ uns zuerst eintreten. Es war ein Raum von bescheidener Größe, und ich sah mich darin um.
Dr. Michaels Geschmack gefiel mir. Ihr Büro war in einem zarten Rosé gestrichen, und durchsichtige Gardinen hielten das grelle Sonnenlicht ab, das durch die Fenster hinter dem Schreibtisch hereinfiel. An einer Wand standen ein cremeweißes Polstersofa mit etlichen Seidenkissen in verschiedenen Mustern, über Eck ein passender
Weitere Kostenlose Bücher