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Abdruecker (Splattergeschichten)

Abdruecker (Splattergeschichten)

Titel: Abdruecker (Splattergeschichten) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Bach
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einige Tage später eine Einzahlung von 250.000 Euro auf. Das war in den Zeiten, in denen diese Daten noch sicher waren.
     
    Zek stand schon vor der Öffnung des Baumarktes vor der automatischen Tür, und nachdem er sich die Kettensägen durchgesehen hatte, wählte er ohne zu zögern die kleinste, am wenigsten unförmige. Er kaufte sich außerdem ein etwa vier Meter langes Seil. Vor der Kasse sah er noch mehrere Lederkoffer im Angebot, mit Zahlenschlössern. Davon nahm er ebenfalls den kleinsten. Für die Wartezeit vor dem gemeinsamen Haus des Auftraggebers und des „Büstenhalters“, wie er das Ziel in Gedanken nannte, hatte er sich in der Buchhandlung mehrere Romane besorgt. Vor allem die Nachkriegsliteratur Westdeutschlands kannte er kaum, wusste aber, dass sie sich im Wesentlichen in der Gruppe 47 vereint hatte. Jetzt waren da Handkes „Angst des Tormanns“ - ungenießbares Zeug - und Johnsons „Reise nach Klagenfurt“ - warum wurde das geschrieben? Wahrscheinlich für Leute, die ein Haus zu beobachten hatten und dabei nicht abgelenkt werden durften.
    Da kam der dunkelblaue Jaguar aus der Garage, wendete und schnurrte durch die Baumallee stadtauswärts weg. Das ging so rasch, dass Zek Mühe hatte, dem Wagen nachzukommen. Ein langsamer Wagen kam dazwischen, ohne Überholmöglichkeit, sodass sich der Abstand noch vergrößerte. Die Fahrt ging durch dünn besiedeltes Gebiet, einige kleine Dörfer, wo er an einer Ampel direkt hinter dem Jaguar zu stehen kam. Der BH hatte das Verdeck geöffnet, eine Frau mit blondem, lockigen Haar. Erinnerung an Jimmy Stewart, der in einem Hitchcock-Film Kim Novak verfolgte, deren Haar allerdings kürzer war. Oder diese Fernsehwerbung von De Beers, wo eine Blondine mit einem Diamanten am Finger einen Bentley mit schlafendem Schönling auf dem Rücksitz lenkte. Ob das Miles Davis war, den man dazu hörte? Zek überlegte, wie nach dem Blutbad, das die Säge anrichten würde, wegzukommen wäre.
    Er hielt an einer Wieseneinfahrt, stellte den Wagen ab. Es war Spätfrühling, die Vegetation stand üppig in die Landschaft gepackt und duftete. Der BH ging zwischen Büschen und Bäumen hin und her mit einer Kamera, bei der Zek sofort der missliche Gedanke kam, dass er danach den Film entfernen musste, denn sie würde sich bestimmt im entscheidenden Moment umdrehen und ihn als ihren Mörder dokumentieren. Er langte nach dem Koffer mit der Säge und dem Seil. Er würde aussteigen müssen und ihr folgen, bevor sie da vorn im Dickicht verschwand. Es gab hier nichts als die Landstraße, bewaldete Hügel und eine Affenhitze, die sich zum Mittag hin noch steigern würde. Der Jaguar stand vorne auf einem Parkplatz unter Bäumen, und seine Besitzerin war jetzt völlig verschwunden. Zek fuhr den Ackerweg vor, bis der Wagen im Sichtschutz des Gestrüpps stand. Er zog seine Schuhe aus, legte Krawatte und Sakko ab, die Hosen, und stand schließlich im modischen, schwarzen Slip da. Er öffnete den Koffer und zog Seil und Säge heraus. Er dachte an das schwammige Gesicht des Auftraggebers, wenn er hinter dem Sarg seiner Frau hergehen würde. Er stieg aus dem Wagen, drückte die Tür zu, steckte den Schlüssel hinter einem Baum in den Boden.
    Die Sonne wärmte die Haut, als Zek durch Unterholz und zwischen Baumstämmen in die Richtung des BHs schlich. Hier gab es nur Vogelwelt, rauschende Blätter, Stille, das Knacken von Zweigen. Bald hatte er sich so weit vorgearbeitet, dass dem BH der Rückweg effektiv abgeschnitten war. Wenn sie umkehrte, musste sie ihm begegnen. Er blieb, soweit möglich, in der Nähe des Forstwegs, der sich geschlängelt in einen Geländeeinschnitt wand. Sumpfige Landschaft durch ein Rinnsal, das mehrere kleine Teiche, mit Seerosen bedeckt, verband, ehemaliges Naherholungsgebiet, um das sich in letzter Zeit niemand gekümmert hatte, seit eine Autobahnbrücke darüber zog.
    Sein leises Schleichen war nicht unähnlich dem ihren. Er sah ihren Rücken unfern. Was ihm Säge und Seil war, war ihr die Kamera, mit der sie, gejagt, etwas jagte. Die doppelte Anschleichsituation erschwerte alles, verlieh ihm aber einen eigenen Reiz. Die Unberührtheit, die der BH an diesem Vormittag suchte, glich der seinem, der am Forstweg nach Reifenspuren und Fußtritten gespäht hatte: Beide wollten Zeugen vermeiden. Die Blondine war auf den Tag besser vorbereitet: Zwar war ihr Leibchen klitschnass vor Schweiß, aber sie trug kräftige Schuhe, mit denen sie rascher vorwärts kommen würde als er auf

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