Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abdruecker (Splattergeschichten)

Abdruecker (Splattergeschichten)

Titel: Abdruecker (Splattergeschichten) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Bach
Vom Netzwerk:
Während ihm diese Gedanken durch den Kopf gingen, sah Zek auf das Meer hinaus, durchkämmte einzelne Abschnitte der durchfurchten Oberfläche, stellte Berechnungen an, in welche Richtung das Ziel welche Strecke als Schwimmer durchmessen haben konnte, ob es einen Bootskörper, eine Boje oder eine Sandbank gab, auf der es abgeblieben war. Es waren Gedanken daran, ob die Abfahrt von dem Highway eine Falle sein könnte, die man ihm stellte. Vielleicht formierten sich schon die Gegner seines Auftraggebers irgendwo, Heckenschützen, die dessen Botschafter erledigen wollten, während der Zielpunkt längst von einer Yacht aufgenommen worden und in Sicherheit war. Oder Taucher, überlegte Zek. Die Zeit verrann, und es wurde immer unwahrscheinlicher, dass sich ein Schwimmer auf dem eisigen, nachtdunklen Wasser solange halten konnte mit der Wärme des Körperinneren. Es war vier Uhr morgens, als Zek nach einer neuerlichen Überprüfung des Kleiderhaufens und des Wagens seines Zieles ermüdet im Windwinkel einer Düne auf den Boden sank, die Waffe, die er wieder an sich genommen hatte, ablegte und den Kopf auf die Hände stützte. Hier war es warm, der Vergleich ließ die Nachtluft beinahe lau wirken. Was konnte der Grund dafür sein, dass der Zielpunkt nicht mehr auftauchte? Entweder er war wirklich weg, verschwunden.
    Entkommen oder ertrunken.
    Entkommen oder ertrunken.
    Entkommen oder ertrunken.
    Zek musste versuchen, jetzt einen Schritt weiter zu denken, bevor die Müdigkeit ihn immer wieder zwischen diesen Wörtern pendeln ließ, bevor er eingeschlafen war. Entkommen bedeutete ganz etwas anderes als ertrunken, dachte er. Entkommen war schwarz und ertrunken war genauso weiß wie ein Kugelloch in der Schläfe des Zielpunktes. Ertrunken war gut. Die Frage war, wie man dieses Ertrinken zuhause bei seinem Auftraggeber verkaufte. Als besonders ausgeklügelte, weit weniger verdächtige Handlung, von der man sich auch weniger Komplikationen bei den Behörden versprechen konnte. Leider aber hatte man nichts vorzuweisen. Der Body fehlte, wie das die Amerikaner sagten. Gut, man hatte einen Body. Aber es war der falsche. Ob man ihn, Zek, mit dem Tod dieser Frau in Verbindung bringen würde? Der Flieger ging morgens um 9:00 Uhr, das konnte schon zu spät sein, wenn man bedenkt, wie rasch Leichen in einer Metropole gefunden waren. Und der Flug ging zu früh, wenn man darauf wartete, dass der Pazifik eine Leiche anspülte. Eine Leiche, der das Toupet wie bei den Leningrad Cowboys von der Stirn stand. Man würde abwarten müssen. Außer, man sagte zuhause, man habe seinen Auftrag erledigt und das Ergebnis dann den Fluten überlassen. Da ging es um die persönliche Glaubwürdigkeit, die aber nicht enttäuscht werden durfte. Wenn der Zielpunkt diese Gegend nie wieder verlassen und von Fischen angeknabbert werden würde, war das okay, fand Zek. Es war das genauso gut wie wenn ihn die Würmer und Insekten am Strand fraßen. Immer wieder einmal hob er jetzt den Kopf, als wollte er ihn schütteln und die Gedanken klären. Er spähte nach dem Kleiderhaufen, nach dem Wagen, nach dem Meer. Die Müdigkeit wuchs, und hätte die Kälte des Bodens ihn nicht nach wenigen Minuten schon wieder hochgetrieben, hätte der Schlaf längst jedes Bewusstsein in ihm ausgelöscht. Vielleicht wurde es bald Morgen. Einmal hielt sich Zek für eingeschlafen, das war eine eigenartige Stille. Die Nacht war jetzt klar, unzählige wie Weintrauben zusammen gelagerte Sternhaufen schienen so hell, dass das vom Wind zerwühlte Meer nun wieder vom Kontrast noch schwärzer war als zuvor, und das Land vom Schimmer einer grauen, ausgleichenden Schicht überzogen. Und doch, als er wieder zu sich kam, war es ruhig geworden, der Wind war verhaucht, man konnte einen Augenblick meinen, das Meer bewege sich nicht mehr. Wie lange hatte er geschlafen? Er schaute auf die Uhr. Sah nichts, kriegte kaum die Augen auf. Zek lag auf der Seite und wäre am Liebsten liegen geblieben, doch sein Herzklopfen trieb ihn in die Höhe. Er taumelte hoch und wartete, bis das träge Blut in ihm wieder zu fließen begann. Das Kleiderbündel lag im Sand, sternförmig führten Schuhabdrücke von ihm weg. Fußspuren liefen geradlinig zum Meer und wurden an dessen Grenze abgeschnitten.
    Zek drückte wieder auf den Lichtknopf seiner Armbanduhr und merkte, dass sich sein Herzklopfen verstärkte. Fast eine halbe Stunde war ihm verloren gegangen. In dieser Zeit konnte der Zielpunkt bereits Zeks Wagen

Weitere Kostenlose Bücher