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Abendruh: Thriller (German Edition)

Abendruh: Thriller (German Edition)

Titel: Abendruh: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Selbst von dort, wo Maura stand, waren die Veränderungen durch die Autolyse unschwer zu erkennen. Der Tod setzt eine ganze Kette von Veränderungen im weichen Gewebe in Gang: Austretende Enzyme zersetzen Proteine und lösen Membranen auf; Blutzellen brechen auf und sickern durch die Gefäßwände, und in dieser Brühe aus Nährstoffen gedeihen Bakterien, die den Bauchraum mit Gasen füllen. Maura trotzte dem Gestank und kniete sich neben Dr. Owen. Sie sah das Netz aus bläulichen Adern, das den aufgedunsenen Bauch überzog, und wusste, dass sie, wenn sie ihm die Hose herunterzögen, den Hodensack von den gleichen Gasen angeschwollen finden würden.
    »Zwischen achtundvierzig und zweiundsiebzig Stunden«, sagte Dr. Owen. »Stimmen Sie mir zu?«
    Maura nickte. »Aufgrund der relativ geringen Schäden durch Tierfraß würde ich den Todeszeitpunkt eher am unteren Ende dieser Skala ansiedeln. Die Fraßspuren beschränken sich auf Kopf, Hals und …«, Maura hielt inne und richtete den Blick auf den Knochenstumpf, der aus dem Jackenärmel ragte, »… die Hand. Das Handgelenk lag wohl frei, so konnten die Aasfresser leicht herankommen.« Sie fragte sich, ob Bear sich wohl auch einen Happen gegönnt hatte, ehe er seine übel riechende Beute zu Claire gebracht hatte. Ich werde es mir künftig gut überlegen, ob ich mir von ihm zur Begrüßung das Gesicht ablecken lasse.
    Dr. Owen klopfte die Jacke und die Cargohose des Toten ab. »Da ist etwas«, sagte sie und zog eine dünne Brieftasche aus der Hosentasche. »Und wir haben Ausweispapiere. Ein Führerschein aus Virginia. Russell Remsen, ein Meter fünfundachtzig, fünfundachtzig Kilo. Braunes Haar, blaue Augen, siebenunddreißig Jahre alt.« Sie betrachtete den Leichnam. »Könnte stimmen. Hoffen wir, dass es Röntgenaufnahmen des Gebisses gibt.«
    Maura starrte in das Gesicht des Opfers, die eine Hälfte weggefressen, die andere angeschwollen und mit ausgetretener Fäulnisflüssigkeit überzogen. Unter dem intakten Augenlid hatte sich postmortal eine Blase gebildet und es prall anschwellen lassen. Auf der rechten Halsseite hatten Aasfresser Haut und Muskelgewebe weggefressen, bis hinunter zum Hemdkragen, wo scharfe Zähne bei dem Versuch, an die inneren Organe zu gelangen, bereits den Stoff durchgebissen und zerfasert hatten. Als Nächstes wäre die Leiche ausgeweidet worden, Herz und Lunge, Leber und Milz herausgerissen und verspeist. Dann wären die Gliedmaßen an den Gelenken abgetrennt und in Höhlen und Baue geschleppt worden, um die Jungen damit zu füttern. Der Wald hätte auch sein Teil beigetragen, Kletterpflanzen hätten sich um die Rippen geschlungen, Insekten die Knochen blank geputzt. Binnen eines Jahres, dachte sie, wären von Russell Remsen kaum mehr als ein paar zwischen den Bäumen verstreute Skelettreste übrig geblieben.
    »Das war kein gewöhnliches Jagdgewehr, was dieser Typ mit sich rumgeschleppt hat«, sagte der Detective von der State Police, der gerade die Waffe auf dem Felsblock untersuchte. Mit Handschuhen an den Händen trug er sie zu Dr. Owen, um sie ihr zu zeigen. Er drehte sie so, dass sie das Herstellerzeichen an der Unterseite sehen konnte.
    »Was ist das für ein Gewehr?«, fragte Maura.
    »Ein M110 von Knight’s Armament, halb automatisch, mit Zweibein.« Er sah sie an, sichtlich beeindruckt. »Die Waffe hat eine hervorragende Zieloptik, 20er-Stangenmagazin, für 7,62-er NATO -Munition. Effektive Reichweite achthundert Meter.«
    »Donnerwetter«, meinte Dr. Owen. »Damit könnte man ja einen Hirsch im nächsten County erlegen.«
    »Für Hirsche ist es aber nicht gedacht. Es ist eine Militärwaffe. Ein sehr gutes und teures Scharfschützengewehr.«
    Maura sah den Toten an, seine Tarnhose. Sie runzelte die Stirn. »Was hat er hier oben mit einem Scharfschützengewehr gemacht?«
    »Nun ja, man könnte mit so einem Ding schon auf die Hirschjagd gehen. Sehr nützlich, wenn Sie das Wild auf sehr große Entfernung schießen wollen. Aber es ist ungefähr so, als ob Sie einen Rolls-Royce kaufen würden, um zum Supermarkt um die Ecke zu fahren.« Er schüttelte den Kopf. »Das nenne ich Ironie des Schicksals. Da hat er die absolute Top-Ausrüstung dabei, und dann wird er mit so etwas Primitivem wie einem Pfeil umgelegt.« Er sah Dr. Owen an. »Ich nehme doch an, dass das die Todesursache ist?«
    »Ich weiß, dass die Todesursache klar zu sein scheint, Ken, aber warten wir doch lieber die Obduktion ab.«
    »Ich wusste, dass Sie das sagen

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