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Abendruh: Thriller (German Edition)

Abendruh: Thriller (German Edition)

Titel: Abendruh: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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hinunter, voller Narben von Jahren der Schufterei im Freien. »Ich habe nie wieder eine Schrotflinte in die Hand genommen. Deswegen bin ich heute so gut im Bogenschießen.«
    »Gottfried Baum hat ihn direkt aus dem Gefängnis eingestellt«, sagte Sansone. »Es gibt keinen besseren Mann.«
    »Er muss trotzdem in die Stadt mitkommen, um seine Aussage zu unterschreiben.« Der Detective wandte sich an den Förster. »Gehen wir, Mr. Roman.«
    »Direktor Baum wird ein paar Leute anrufen, Roman«, sagte Sansone. »Er wird sich in der Stadt mit Ihnen treffen. Sagen Sie kein Wort mehr, bis er mit dem Anwalt zu Ihnen kommt.«
    Roman folgte dem Polizisten zur Tür, wo er plötzlich stehen blieb und sich zu Sansone umdrehte. »Ich glaube nicht, dass ich heute noch hierher zurückkommen kann. Deswegen möchte ich Sie warnen: Sie haben hier ein gewaltiges Problem, Mr. Sansone. Ich weiß, dass ich diesen Mann nicht umgebracht habe. Und das heißt, dass Sie besser rausfinden sollten, wer es wirklich war.«

28
    Sommernebel hüllte den Highway nach Providence ein. Jane beugte sich weit vor und starrte über das Lenkrad hinweg auf die Autos und Lkws, die wie Geister durch die Nebelschwaden vor ihnen glitten. Und wir jagen heute auch hinter einem Geist her, dachte sie, während die Scheibenwischer ihre Bahnen durch den dünnen grauen Film zogen. Es war der Geist von Nicholas Clock, Teddys Vater. Geboren in Virginia, Absolvent der Militärakademie West Point mit einem Abschluss in Wirtschaftswissenschaft, begeisterter Sportler und Segler. Verheiratet, drei Kinder, Finanzberater bei Jarvis & McCrane, eine Tätigkeit, die häufige Auslandsreisen erforderte. Keine Verhaftungen, keine Strafzettel, keine ausstehenden Schulden.
    Das jedenfalls war das Bild, das Nicholas Clock auf dem Papier abgab. Ein solider Bürger und guter Familienvater.
    Die Nebelschwaden wirbelten auf der Straße vor ihnen. Alles schien unwirklich, nirgends feste Konturen. Genau wie Olivia Yablonski war Nicholas Clock ein Geist, der still und leise von einem Land zum anderen huschte. Und was hieß das eigentlich genau – Finanzberater ? Es war eine dieser vagen Berufsbezeichnungen, die Vorstellungen von Managern in Anzug und Krawatte hervorriefen, Aktenkoffer in der Hand, Dollars im Sinn. Wer auf die Frage nach seinem Beruf antworten konnte, er sei Finanzberater , der bekam gewiss oft glänzende Augen zu sehen.
    Im Gegensatz etwa zu einer Vertreterin für Medizinbedarf.
    Neben ihr auf dem Beifahrersitz nahm Frost einen Anruf auf seinem Handy entgegen. Jane drehte sich zu ihm um, als er einen Augenblick später sagte: »Sie machen wohl Witze. Wie zum Teufel ist das denn passiert?«
    »Was?«, fragte sie.
    Er winkte ab und konzentrierte sich weiter auf das Telefonat. »Dann haben Sie also die Analyse gar nicht abgeschlossen? Es gibt nichts, was Sie uns sagen können?«
    »Wer ist das?«, fragte Jane.
    Endlich legte er auf. Seine Miene drückte Fassungslosigkeit aus. »Es geht um dieses GPS -Peilgerät, das wir an dem Mietwagen gefunden haben. Es ist verschwunden.«
    »War das eben die Kriminaltechnik?«
    »Sie sagen, es ist irgendwann letzte Nacht aus dem Labor entwendet worden. Sie hatten es gestern nur oberflächlich untersuchen können. Es gab kein Herstellerzeichen; absolut unmöglich zurückzuverfolgen. Hochmoderne Technologie.«
    »Verdammt. Offenbar zu modern, als dass man es in den Händen des Boston PD lassen könnte.«
    Frost schüttelte den Kopf. »Jetzt bekomme ich aber allmählich ein sehr mulmiges Gefühl.«
    Sie starrte auf die gespenstischen Nebelfetzen, die über dem Asphalt hingen. »Ich kann dir sagen, wer noch ein mulmiges Gefühl hat«, sagte sie, während ihre Finger sich fester ums Lenkrad schlossen. »Gabriel. Gestern Abend war er fast schon so weit, dass er mich fesseln und im Wandschrank einsperren wollte.« Sie hielt inne. »Ich habe Regina für diese Woche zu meiner Mutter gebracht. Nur für alle Fälle.«
    »Darf ich mich auch bei deiner Mom verstecken?«
    Sie lachte. »Das gefällt mir so an dir. Du hast keine Angst zuzugeben, dass du Angst hast.«
    »Wie soll ich das denn verstehen? Hast du etwa keine Angst?«
    Sie fuhr eine Weile weiter, ohne zu antworten. Die Wischer pendelten hin und her, während sie auf den Highway hinausstarrte, der in dichten Nebel gehüllt war – wie die Zukunft. Sie dachte an Flugzeuge, die vom Himmel fielen, an Kugeln, die Schädel zerschmetterten, an Haie, die an Leichen fraßen. »Auch wenn wir beide ein

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