Abendruh: Thriller (German Edition)
eine Rolle.«
»Okay«, sagte Frost. »Mir gefällt nicht, was ich da höre.«
»Sie haben es ja noch gar nicht gehört.«
»Sie haben die Kinder erwähnt. Wir werden niemals einem Plan zustimmen, der sie in Gefahr bringt.«
»Sie sind schon in Gefahr, begreifen Sie das nicht?«, fuhr Carole ihn an. »Ich bin der einzige Grund, warum Claire und Will noch am Leben sind. Weil ich zur Stelle war, um sie zu retten.«
»Und jetzt wollen Sie sie benutzen?« Frost sah Jane an. »Dir ist schon klar, dass Sie das vorhat.«
»Lass sie doch erst mal ausreden«, sagte Jane, ohne den Blick von Carole zu wenden. Sie wusste nichts über diese Frau, kannte nicht einmal ihren wahren Namen, und sie war sich noch nicht sicher, ob sie ihr vertrauen konnte. Dieser Ehrenkodex unter Ludern funktionierte nur, wenn man das andere Luder kannte. Und Jane kannte von dieser Frau nur ihr Äußeres: eine athletisch gebaute Blondine in den Vierzigern mit teuren Stiefeln und einer noch teureren Armbanduhr. Eine Frau, die irgendwie etwas Verzweifeltes ausstrahlte. Wenn es stimmte, was Carole ihnen erzählt hatte, dann arbeitete sie als CIA -Agentin, seit sie Mitte zwanzig war. In den vergangenen zwei Jahren war sie ständig auf der Flucht gewesen, unter verschiedenen Namen, was sehr schwierig gewesen wäre, wenn sie eine Familie am Bein gehabt hätte. Sie ist eine Einzelkämpferin, dachte Jane. Eine Frau, die alles tun würde, um zu überleben.
»Ich weiß, dass Sie sich Sorgen um diese Kinder machen«, sagte Carole. »Aber wenn wir dem kein Ende setzen, werden sie niemals sicher sein. Solange sie leben, stehen sie in Ikarus’ Augen für sein Versagen. Er muss der Welt beweisen, dass man sich nicht ungestraft mit ihm anlegt. Dass er keine Gnade mit denen kennt, die ihm in die Quere kommen. Überlegen Sie doch einmal, was für ein Leben diese Kinder haben werden, wenn wir ihn nicht töten. Jedes Jahr werden sie eine neue Identität, ein neues Zuhause brauchen. Immer gehetzt, immer auf der Flucht. Ich weiß, wie das ist, und das ist kein Leben für ein Kind. Ganz bestimmt nicht für Teenager, die Freunde brauchen, die sich nach Stabilität sehnen. Das ist ihre beste Chance, ein normales Leben zu führen, und sie müssen gar nichts davon mitbekommen.«
»Wie wollen Sie verhindern, dass sie davon erfahren?«
»Sie sind schon da, wo sie sein müssen. An einem Ort, der sich gut verteidigen lässt. Mit einer bewachten Zufahrtsstraße. In einer Schule mit Lehrern, die sie beschützen werden.«
»Augenblick mal. Wollen Sie uns erzählen, dass Anthony Sansone davon weiß?«
»Er weiß, dass sie in Gefahr sind und Schutz brauchen. Ich habe Dr. Welliver gebeten, ihn so weit einzuweihen, aber ohne die Einzelheiten.«
»Er weiß also nichts von dieser Operation?«
Carole wich ihrem Blick aus. »Nicht einmal Dr. Welliver wusste davon.«
»Und jetzt ist sie tot. Wie ist das passiert?«
»Ich weiß nicht, warum sie sich das Leben genommen hat. Aber ich habe bereits einen Agenten auf dem Gelände, und es sind noch weitere im Anmarsch. Das sind die letzten überlebenden Kinder meiner Kollegen, und ich werde sie beschützen. Das bin ich ihnen schuldig.«
»Geht es wirklich um die Kinder?«, fragte Jane. »Oder geht es eigentlich nur um Sie?«
Die Wahrheit war deutlich an Caroles Gesicht abzulesen, an der Art, wie sie die Brauen hochzog und den Kopf leicht schief legte. »Ja, ich will mein Leben wiederhaben. Aber das ist erst möglich, wenn ich ihn erledigt habe.«
»Falls Sie ihn überhaupt wiedererkennen, wenn Sie ihn sehen.«
»Jeder bewaffnete Eindringling wird erschossen. Die Leichen können wir hinterher identifizieren.«
»Woher wissen Sie, dass Ikarus selbst kommen wird?«
»Weil ich weiß, wie er tickt. Diese Kinder sind für ihn sehr wichtig. Genau wie ich. Er will die Befriedigung, uns mit eigenen Augen sterben zu sehen. Wenn wir alle an einem Ort versammelt sind, wird er der Versuchung nicht widerstehen können.« Sie sah auf ihre Uhr. »Ich vergeude hier meine Zeit. Ich muss dringend nach Maine.«
»Was erwarten Sie von uns?«, fragte Jane.
»Dass Sie sich da raushalten.«
» Ich bin für Teddy Clock verantwortlich. Und Sie, Lady, sind hier überhaupt nicht zuständig.«
»Das Letzte, was ich gebrauchen kann, sind ahnungslose Cops, die auf ihren eigenen Schatten schießen.« Sie blickte nach unten, als ihr Handy klingelte. Während sie sich abwandte, meldete sie sich mit einem schroffen: »Schieß los!«
Obwohl Jane das Gesicht der
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