Abendruh: Thriller (German Edition)
ranschmeißt.«
»Korsak ist kein Arschloch, Dad.«
»Wie kannst du das sagen? Er ist einfach aufgekreuzt und hat sich genommen, was ihm nicht gehört.«
»Er ist aufgekreuzt, weil da ein Platz frei war. Dir ist doch klar, dass sich einiges verändert hat, seit du weg bist, oder? Mom hat sich verändert.«
»Und ich will, dass sie wieder so ist, wie sie vorher war. Ich werde alles tun, was ich kann, um sie glücklich zu machen. Sag ihr das. Sag ihr, es wird alles wieder so sein wie früher.«
Jane sah auf ihre Uhr. »Es ist Abendessenszeit. Ich muss gehen.«
»Versprichst du, dass du das für deinen alten Dad tust?«
»Ja, ich versprech’s.« Sie rutschte von der Bank und stand auf, erleichtert, den staubigen Polstern zu entkommen. »Pass auf dich auf.«
Er lächelte sie an – das erste Lächeln, seit sie das Lokal betreten hatte, und da blitzte wieder etwas von Frank Rizzolis alter Großspurigkeit auf. Ihr Dad, wie er sich anschickte, sein Revier zurückzuerobern. »Das werde ich. Jetzt, wo ich weiß, dass alles wieder gut wird.«
Da würde ich mich nicht drauf verlassen, dachte sie, als sie das Arabian Nights verließ. Sie fürchtete das Gespräch mit Angela, fürchtete die Reaktion ihrer Mutter. Es würde wohl laut werden. Ganz gleich, wie ihre Mutter sich entschied, irgendjemand würde leiden müssen. Entweder Korsak oder ihr Dad. Und Jane hatte sich gerade an den Gedanken gewöhnt, dass Korsak künftig zur Familie gehörte. Er war ein Bär von einem Mann mit einem großen Herzen, und er liebte Angela, daran gab es keinen Zweifel. Für wen wirst du dich entscheiden, Mom?
Das bevorstehende Gespräch beschäftigte sie unentwegt, während sie nach Hause fuhr, während des Abendessens, während Reginas Bad, während ihres abendlichen Rituals mit dem Märchenbuch und den fünf Gutenachtküsschen. Als sie schließlich die Tür von Reginas Zimmer schloss und in die Küche ging, um Angela anzurufen, fühlte sie sich wie eine Todeskandidatin auf dem Weg zur Hinrichtung. Sie griff nach dem Hörer, legte ihn wieder auf und ließ sich mit einem Seufzer auf einen Küchenstuhl sinken.
»Du weißt schon, dass du benutzt wirst«, sagte Gabriel. Er klappte die Spülmaschine zu und startete das Programm. »Du musst das nicht tun, Jane.«
»Ich habe Dad versprochen, mit ihr zu reden.«
»Er ist durchaus in der Lage, Angela selbst anzurufen. Es ist nicht richtig, dich da mit hineinzuziehen. Die Ehe der beiden ist ihr Problem.«
Sie stöhnte und vergrub das Gesicht in den Händen. »Und damit ist sie auch mein Problem.«
»Ich sag’s jetzt einfach, wie es ist. Dein Vater ist ein Feigling. Er hat gewaltigen Mist gebaut, und jetzt will er, dass du alles wieder in Ordnung bringst.«
»Und wenn ich die Einzige bin, die das kann?«
Gabriel setzte sich zu ihr an den Küchentisch. »Indem du deine Mutter dazu überredest, ihn wieder aufzunehmen?«
»Ich weiß nicht, was das Beste ist.«
»Das wird deine Mutter entscheiden müssen.«
Sie hob den Kopf und sah ihn an. »Was denkst du, was sie tun sollte?«
Er dachte über die Frage nach, während die Spülmaschine im Hintergrund gluckerte und brummte. »Ich habe den Eindruck, dass sie im Moment recht glücklich ist.«
»Dann würdest du also für Korsak stimmen.«
»Er ist ein anständiger Mann. Er behandelt sie gut. Er wird ihr nicht wehtun.«
»Aber er ist nicht mein Dad.«
»Und deswegen solltest du dich da nicht einmischen. Dein Vater zwingt dich, Partei zu ergreifen, und das ist nicht richtig. Schau dir doch nur an, was er dir damit zumutet.«
Nach einer Weile setzte sie sich gerade auf. »Du hast recht. Ich sollte mich nicht zu so etwas zwingen lassen. Ich werde ihm sagen, er soll sie selbst anrufen.«
»Hab deswegen kein schlechtes Gewissen. Wenn deine Mutter deinen Rat will, wird sie dich schon fragen.«
»Ja, ja, ich sag’s ihm. Verdammt, wie war noch mal seine neue Nummer?« Sie griff in ihre Handtasche und fischte das Handy heraus, um die Liste der Kontakte durchzugehen. Da erst bemerkte sie die Anzeige auf dem Display: EINE NEUE NACHRICHT . Es war der Anruf, der eingegangen war, während sie mit ihrem Vater gesprochen hatte.
Sie rief die Mailbox an und hörte Mauras Stimme:
… zwei Kinder hier, ein Mädchen namens Claire Ward und ein Junge namens Will Yablonski. Jane, ihre Geschichten sind wie die von Teddy Clock. Die leiblichen Eltern vor zwei Jahren ermordet, die Pflegeeltern erst letzten Monat. Ich weiß nicht, ob es da einen Zusammenhang gibt,
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