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Abendruh: Thriller (German Edition)

Abendruh: Thriller (German Edition)

Titel: Abendruh: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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dermaßen, dass sie fast den Striegel fallen ließ.
    »Was machst du denn hier?«, fuhr sie ihn an. Nicht gerade die allerfreundlichste Begrüßung.
    »Es tut mir leid. Ich wollte nur … Sie haben gesagt, ich könnte …« Er sah sich um, als hoffte er, dass jemand ihm zu Hilfe käme. »Ich mag Tiere«, sagte er schließlich. »Dr. Welliver hat mir gesagt, hier gäbe es Pferde.«
    »Und Kühe und Schafe. Und diese dummen Hühner dort.« Sie warf den Striegel in einen Eimer, der an einem Nagel hing, und er landete mit einem lauten Scheppern. Es hörte sich an, als ob sie wütend wäre, aber das war sie eigentlich nicht. Sie mochte es bloß nicht, erschreckt zu werden. Teddy wich schon von der Boxentür zurück.
    »He«, sagte sie, um es wiedergutzumachen, »willst du ihn mal streicheln? Er heißt Plum Crazy.«
    »Beißt er?«
    »Nee, er ist einfach nur ein großes Baby.« Sie tätschelte zärtlich den Hals des Pferdes. »Nicht wahr, Plum?«
    Vorsichtig öffnete Teddy die Tür und trat in die Box. Während er das Pferd streichelte, fischte Claire den Striegel aus dem Eimer und setzte die Fellpflege fort. Eine Weile sprachen sie nicht, standen nur schweigend nebeneinander in der Box und atmeten die Gerüche von frischen Kiefernspänen und warmen Pferdekörpern ein.
    »Ich bin Claire Ward«, sagte sie.
    »Ich heiße Teddy.«
    »Ja. Das hab ich schon beim Frühstück gehört.«
    Er berührte Plums Schnauze, und das Pferd scheute plötzlich. Teddy zuckte zusammen und schob seine Brille hoch, die bei der jähen Bewegung verrutscht war. Selbst im Halbdunkel der Box konnte sie sehen, wie blass er war, und seine Handgelenke wirkten zerbrechlich wie dürre Zweige. Doch seine Augen waren faszinierend, groß und mit langen Wimpern, und sie schienen alles zugleich wahrzunehmen.
    »Wie alt bist du?«, fragte sie.
    »Vierzehn.«
    »Wirklich?«
    »Warum klingst du so überrascht?«
    »Weil ich ein Jahr jünger bin als du. Und du wirkst so …« Klein , hatte sie sagen wollen, doch im letzten Moment kam ihr ein freundlicheres Wort in den Sinn. »So schüchtern.« Sie sah ihn über den Rücken des Pferdes hinweg an. »Und hast du auch einen Nachnamen?«
    »Detective Rizzoli sagt, den soll ich nicht überall herumerzählen.«
    »Du meinst die Frau, die dich gebracht hat? Die ist bei der Polizei?«
    »Mmh.« Er nahm seinen Mut zusammen und streichelte wieder Plums Schnauze, und diesmal ließ das Pferd ihn gewähren und wieherte leise.
    Sie hielt im Striegeln inne und wandte dem Jungen ihre volle Aufmerksamkeit zu. »Und was ist dir passiert?«
    Er gab keine Antwort, sah sie nur mit seinen großen wasserhellen Augen an.
    »Hier kannst du ruhig darüber reden«, sagte sie. »Das tun alle. Es ist die Sorte Schule, wo sie wollen, dass du alles rauslässt, was dich quält.«
    »Das sagen die Therapeuten immer.«
    »Ja, ich weiß. Ich muss auch immer zu ihr.«
    »Warum brauchst du eine Therapeutin?«
    Sie legte den Striegel weg. »Ich habe ein Loch im Kopf. Als ich elf war, hat jemand meine Mutter und meinen Vater umgebracht. Und dann hat er mir in den Kopf geschossen.« Sie sah ihn an. »Deswegen bin ich in Therapie. Weil ich mein Trauma verarbeiten soll. Auch wenn ich mich nicht daran erinnern kann. An gar nichts.«
    »Haben sie ihn erwischt? Den Mann, der auf dich geschossen hat?«
    »Nein. Er läuft immer noch frei rum. Ich glaube, er ist hinter mir her.«
    »Woher weißt du das?«
    »Weil es wieder passiert ist, letzten Monat. Meine Pflegeeltern wurden ermordet, und deswegen bin ich hier. Weil es hier sicherer ist.«
    Leise entgegnete er: »Mich haben sie auch deswegen hierher gebracht.«
    Sie sah ihn mit neuem Verständnis an, las die Spuren der Tragödie in seinen bleichen Wangen, in seinen hellen Augen. »Dann bist du am richtigen Ort«, sagte sie. »Es ist die einzige Schule für Kinder wie uns.«
    »Du meinst, alle anderen Kinder hier …«
    »Das wirst du schon noch rausfinden«, unterbrach sie ihn. »Wenn du lange genug bleibst.«
    Ein Schatten schob sich vor das Licht über der Boxentür. »Da bist du ja, Teddy«, sagte Detective Rizzoli. »Ich habe dich schon gesucht.« Sie bemerkte Claire und lächelte. »Na, schon neue Freunde gefunden?«
    »Ja, Ma’am«, sagte Teddy.
    »Ich störe euch ja nur ungern, aber Dr. Welliver möchte jetzt mit dir sprechen.«
    Er sah Claire an, und sie beantwortete seine unausgesprochene Frage: Die Therapeutin , las er von ihren Lippen ab.
    »Sie will dir nur ein paar Fragen stellen. Und dich besser

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