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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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sagte Berger, »Flakfernrohr, Flug-Malsi, Telefon … die Robusteren für die Geschützstaffel, zur Meßstaffel die besten Mathematiker, da werdet ihr eingeteilt, wie sie’s brauchen. Es ist überall derselbe Mist. Ich zieh ’s Geschütz vor.« Er deutete auf die kastellartige Erhebung in der Mitte der Feuerstellung. »Auf der B 2« – er sagte »Beh-zwo« –, »da krebst immer der Chef rum, und wenn was nicht klappt, heißt’s gleich Häschen-hüpf. Man sieht dort ja mehr, aber am Geschütz ist man schön unter sich. Ruhige Kugel, sanfte Tour, wenn der Geschützführer spurt.«
    Es wurde Nacht. Ein Flugzeug mit bunten Positionslichtern brummte über sie hinweg. Berger verabschiedete sich bei den Baracken am Stadion. Holt und Gomulka gingen den Fahrweg entlang.
    Gottesknecht stand in der Dämmerung, unbeweglich. Er schaute, den Kopf ins Genick gelegt, nach dem Flugzeug, das über der Stadt kreiste. Sie mußten an ihm vorbeigehen. »Herkommen!« – »Das gibt Mangelhaft!« flüsterte Gomulka … »Herr Wachtmeister?« – »Kleinen Abendspaziergang gemacht?« – »Mal die Lage gepeilt, Herr Wachtmeister!« – »Na, und was Neues gehört? Von wegen … Einsatz und so?«
    »Jawohl, Herr Wachtmeister!« Wozu lügen? dachte Holt.
    »Erzählen Sie mal! Da bin ich doch gespannt, was Sie zusammengehorcht haben!«
    »Von Hamburg, Herr Wachtmeister«, antwortete Holt, »daß es … ein tüchtiges Debakel gegeben hat … Und vom Ruhrgebiet.«
    »Da haben Sie doch tatsächlich alles herausbekommen! Debakel ist übrigens glänzend gesagt … Sie kenn ich doch schon«, wandte er sich an Holt. »Sie heißen Holt, und Sie … warten Sie mal … Ihr Vater war Rechtsgelehrter, das hab ich mir gemerkt, aber der Name …« – »Luftwaffenhelfer Gomulka, Herr Wachtmeister«, brüllte Gomulka.
    »Warum schreien Sie denn so? Ist Ihnen nicht gut? Wer wird denn an einem so friedlichen Abend derartig brüllen?« Gottesknecht holte eine Zigarette hervor, und Holt reichte ihm nach kurzem Zögern Feuer.
    »Passen Sie auf«, sagte Gottesknecht. »Ich geb Ihnen einen guten Rat. Lernen Sie unterscheiden, das ist beim preußischen Kommiß das wichtigste! Vor versammelter Mannschaft muß nun mal auch bei mir alles ruck, zuck! gehn, im Dienst ist das nötig, sonst sähe eine militärische Einheit aus wie eine Horde Papuas …« Holt und Gomulka lachten. »Sehen Sie! Aber am Abend, wenn ich Sie privat anrede, und es schaut nicht gerade ein General zu, dann zeigen Sie, daß Sie gute Manieren haben, Kinderstube, Knigge, na, Sie verstehen schon.«
    »Wir werden uns das merken, Herr Wachtmeister!« sagte Holt.
    »Großartig! Ich geb Ihnen jetzt Note eins, weil Sie so findige Burschen sind!« Gottesknecht zog das Notizbuch. Aber da geschah etwas Merkwürdiges, und Holt beobachtete es mit Verwunderung. Gottesknecht hielt das Notizbuch eine Weile sinnend in der Hand, dann steckte er es langsam wieder zwischen die Knöpfe seines Waffenrockes. Er blickte unbeweglich vor sich hin, ruckte mit den Schultern, als sei ihm der Rock zu eng, bewegte den Kopf, als drücke ihn der Kragen, und in seinem Gesicht ging eine seltsame Verwandlung vor: er wechselte die Miene, die Haltung, ja auch die Stimme, als lege er eine Maske ab. Er trat dicht vor sie hin, ein nun gar nicht mehr junger Mann, sehr müde, mit gefurchtem Gesicht und einem Ausdruck tiefer Sorge in den Augen.
    »Was Sie erfahren haben«, sagte er leise, »das dürfen Sie nicht wissen. Versprechen Sie mir: kein Wort zu den anderen! Wenn es Gerüchte gibt … treten Sie dagegen auf. Sie müssen das verstehn. Ich werde den Leuten von der anderen Batterie verbieten, mit Ihnen zu sprechen. Sie sind zu jung. Es darf nicht sein, daß Ihre Moral untergraben ist, noch ehe es losgeht. Haben Sie mich verstanden?«
    »Wir sagen nichts … Bestimmt! Sie können sich auf uns verlassen!«
    »In Ordnung«, sagte Gottesknecht. »Gehen Sie gleich ins Bett. Es wird sehr anstrengend. Ich soll Sie hinbiegen, so rasch es geht. Der Tommy wartet nicht. Er wirft jede Nacht Bomben. Die Batterie soll rasch wieder einsatzfähig werden. Sparen Sie mit Ihren Kräften, Sie werden genug Kraft brauchen! Gute Nacht … Haben Sie noch was, wollen Sie noch was?«
    »Ich weiß nicht, ob wir darum bitten dürfen … Wir möchten beide gern zur Geschützstaffel!« – »Bewilligt.« Gottesknecht ging unvermittelt davon, langsam, die Hände auf dem Rücken, den Kopf auf die Brust geneigt.
    Holt sah ihm nach. Die Dunkelheit ringsum war

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