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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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beginnt Ihre Ausbildung. Lange soll sie nicht dauern, vier Wochen, höchstens sechs. Der Dienst wird anstrengend, von früh sieben bis abends acht, eine Stunde Mittag. Die Nachtruhe von zehn bis sechs wird eisern eingehalten, sonst steig ich Ihnen aufs Dach. Preisskat und so weiter gibt’s nicht, haben Sie mich verstanden? … Richtig, das wissen Sie noch nicht … Wenn ich ›verstanden‹ sage, dann ist das nur Gerede, ich hab schließlich meine Redensarten. Sag ich aber: ›Haben Sie mich verstanden?‹, dann erwarte ich eine Antwort! Haben Sie das verstanden?«
    »Jawohl, Herr Wachtmeister!«
    »Na also! Zweimal wöchentlich drei Stunden Nachtexerzieren. Ihre Ausbildung besteht fast ausschließlich in Geschütz- und Geräteexerzieren, gefechtsmäßig, mit allem Drum und Dran. Außerdem muß ich Ihnen ’n bißchen Flakschießlehre einbleuen, da können Sie mal zeigen, daß Sie intelligente Menschen sind! Was sonst noch ist, Unterschied zwischen Vorgesetzten und gewöhnlichen Menschen, Gaskram, Spionageabwehr und all das Zeug, das erledigen wir mit der linken Hand. Ordnungsübungen heute und morgen zwei Stunden, das muß genügen; wenn das Antreten nicht klappt, holen wir es sonntagnachmittags nach. Ein bißchen Bewegung wird Ihnen gut tun. Sie, ja, der Dicke mit den Schweinsäuglein, wie heißen Sie?«
    »Luftwaffenhelfer Vetter, Herr Wachtmeister!«
    »Entzückend!« rief Gottesknecht. »Herrlich, einfach unbezahlbar! Fett wie ein Schweinchen aus der Herde des Epikur und heißt Vetter! Dafür gibt’s Sehrgut!« Er zog das Notizbuch, und während er notierte, sagte er: »Hoffentlich werden Sie uns nicht noch fetter, Vetter, fetter können wir Sie bei der Flak nicht gebrauchen!« Er quittierte das Gelächter mit einem Kopfnicken. »Weiter im Text. Wenn Sie heimschreiben wollen: Absender hiesige Ortsanschrift, Großkampfbahn, Porto brauchen Sie keins, ist Feldpost. Schreiben Sie nichts über den Dienst, ich hab das Recht, Briefe zu öffnen, und mach Stichproben. Verpflegung wird abends nach Dienstschluß in der Küche geholt. Mittags wird inder Kantine gegessen.« Er winkte die Obergefreiten zu sich. »Wir brauchen achtzehn Mann für die Geschütze, den Rest fürs Feuerleitgerät.«
    In die Reihen der Jungen kam Bewegung. Schmiedling brüllte: »Wenn S’ wohl glei…!« – »Schmiedling!« fiel ihm Gottesknecht ins Wort, und obwohl er die Stimme dämpfte, konnten es die Jungen hören. »Sie haben keine Rekruten vor sich, sondern Luftwaffenhelfer, wie oft soll ich Ihnen das noch sagen?« Holt stieß Gomulka an, und Gomulka nickte unmerklich.
    Der Wachtmeister sonderte die Kleinsten und Schwächsten aus, auch Zemtzki war darunter, und blickte auf die Uhr. »Bis zwölf Uhr Geschütz- und Geräteexerzieren, nach dem Essen zwei Stunden Ordnungsübungen, da verdaut sich’s besser.« Er winkte den Jungen, die fürs Feuerleitgerät bestimmt waren, und zog mit ihnen und einem Obergefreiten davon. Wolzow, Holt, Gomulka und Vetter achteten darauf, daß sie nicht getrennt wurden. Rutscher, Weber, Branzner, Kirsch und Kattner gesellten sich zu ihnen. In zwei Gruppen zu neun Mann zogen sie in Richtung Feuerstellung davon.
     
    Neun Mann und ein Obergefreiter waren eine Bedienung. Schmiedling ließ sie im Geschützstand antreten, ließ das Geschütz abdecken und begann.
    Was mag er im Zivilberuf sein? dachte Holt. Menschen wie Schmiedling waren ihm fremd. Vielleicht hat er einen Hof im Gebirge, dort braucht so ein Bergbauer kaum ein Wort zu sprechen beim Pflügen und Säen, und nun muß er Unterricht geben … Er wär wohl lieber auf seinem Hof geblieben, er ist ja ganz außer sich vor Aufregung. Aber es ist Krieg, und er muß tun, was man verlangt.
    Schmiedling ließ einen der Munitionsbunker öffnen, man folgte mit Feuereifer. Alles war neu, alles war interessant. Eine Kanone, eine richtige Kanone, das war doch etwas anderes als die Schule mit ihren unregelmäßigen Verben und dem mathematischen Formelkram!
    »Ist das scharfe Munition?« fragte Vetter mit einem ehrfürchtigenBlick auf die handtellergroßen Patronenböden, die glänzend aus den Körben hervorsahen. Schmiedling antwortete nicht. Er zeigte den Mannschaftsbunker, er zeigte die Holztafeln mit den Zahlen von eins bis zwölf, die ringsum im Geschützstand angebracht waren und die Richtungen markierten, zwölf Norden, sechs Süden, drei Osten, neun Westen. Wenn das Kommando laute: »Fliegeralarm, Flugzeug neun!«, dann müsse das Rohr auch schon nach Richtung neun

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