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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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Ausbildung einprägt!«
    Wolzow hatte die Gasmaske übers Gesicht gestreift. Gottesknecht rief: »Schmiedling, sehen Sie nach, ob die Maske dicht ist, der Wolzow ist raffiniert! Herrgott, Schmiedling, wie machen Sie denn das? Da drückt man einfach den Schlauch zusammen, wenn er dann nach fünf Minuten noch lebt, sitzt die Maske nicht dicht!«
    Die Jungen lachten. Der Wachtmeister sagte: »Ist das nicht schön, daß wir alle so prachtvolle Laune haben? – Holt! Warum lachen Sie nicht mit?«
    »Herr Wachtmeister, der Wolzow ist mein Freund, da können Sie nicht erwarten, daß ich mich amüsier, wenn er geschliffen wird!«
    »Herrlich muß das sein, so’n treuer Freund!« rief Gottesknecht. »Wie sagten Sie? Das kann ich nicht erwarten? Haben Sie eine Ahnung, was ich alles kann! Holt, los, Gaaaas!« Holt riß die Gasmaske heraus und setzte sie auf. »Schmiedling, nehmen Sie Kastors Pollux gleich mit! Verstehen Sie nicht? Den Holt sollen Sie auch ein bißchen schleifen!« Und er rief: »Geteiltes Leid, Wolzow, ist halbes Leid. Wie bin ich zu Ihnen?«
    Holt und Wolzow keuchten über den Acker. Nach einer Viertelstunde schickte Schmiedling sie in die Baracke. »Teifi, war dös wieder amol nöti?«
    In der Stube war der bevorstehende Einsatz alleiniges Gesprächsthema. So stark sich ein jeder auch gebärdete: die Aufregung grenzte an Angst. Wolzow sagte: »Ob dir was geschieht oder nicht, das steht fest, da kannst du gar nichts machen! Soll dir was passieren, dann passiert’s so oder so, ob du bei der Flak im Ruhrgebiet bist oder an der Ostfront.« – »Allah ist groß«, sagte Gomulka, »alles steht im Buche des Lebens verzeichnet! DeineSchicksalsergebenheit hat was für sich.« – »Mein Vater hätte dir vielleicht Geschichten erzählen können«, rief Wolzow, »aus zwei Kriegen, von Leuten, die geglaubt haben, sie können ihrem Schicksal entgehen!«
    Es komme, wie’s kommen muß, dachte Holt.
    Kurz vor zehn rief Schmiedling sie an die Geschütze. Gottesknecht war eine halbe Stunde bei Schmiedlings Kanone zu Gast. Er fand nichts auszusetzen. Noch einmal wurde das Programm durchexerziert. Holt, so hatte es sich eingebürgert, war K 2, Gomulka richtete die Höhe, Vetter hockte an der Zünderstellmaschine. Wolzow war K 3. Gottesknecht sah, wie spielerisch leicht Wolzow auch bei maximaler Rohrerhöhung die schwere Patrone ins Rohr schob. »Na, Schmiedling, da haben Sie eine brauchbare Bedienung ausgebildet!« Schmiedling gab das Lob weiter: »Ihr seid’s fixe Kerle! Wir müssen zsammbleibn!«
    In den HJ-Uniformen, in denen sie angekommen waren, lagen sie auf den blanken Strohsäcken herum und schrieben eifrig Briefe. Gegen Abend holten sie Verpflegung, dann stand schon Gottesknecht in der Tür. »Meine Herrn, wenn ich Sie höflichst bitten darf … Der Wagen ist vorgefahren! Nehmen Sie tränenreichen Abschied.«
    Ein großer, dreiachsiger LKW jagte durch die Nacht. Auf den heißen, trockenen Sommer war der Oktober gefolgt, wolkenverhangen, oft regnerisch und kühl. Bei Regen und triefender Nässe hatten sie am Geschütz gehockt, dann wieder waren strahlende Herbsttage heraufgedämmert, warm und wolkenlos. Diese Nacht aber war dunkel, kalt und sternenlos. Mit abgeblendeten Scheinwerfern raste der Wagen westwärts.
     
    4
     
    Der Wagen hielt in der Dämmerung auf einer Anhöhe. Es war morgens gegen fünf. Die Luft, von weißem Nebel gesättigt, schmeckte nach Ruß und Rauch. Klamm die Anzüge, die Glieder steif vor Kälte, so standen sie herum. Undeutlich im Nebelerkannte Holt mehrere dicht nebeneinander stehende Baracken. Er fror und fand sich nicht zurecht.
    Ein Obergefreiter tauchte aus dem Nebel, um die linke Achsel die gelbe Schnur des UvD. »Servus, Fritz!« rief Schmiedling erfreut. »Dös is unser Waffenmeister, der Obergfreite Macht!« – »Leise«, sagte Macht, ein Mann von fünfunddreißig Jahren, klein, dick und blond, »leise! Dort drüben schläft der Chef!« Er wandte sich an die Jungen: »Sie werden eingekleidet.« – »War was los heut nacht?« fragte Schmiedling. »Hier war Ruhe«, antwortete Macht, »aber im Norden hat’s Zunder gegeben.« – »Und sonst?« – »Jede Nacht«, sagte der Waffenmeister, »und fast jeden Tag.« Und zu den Jungen: »Mitkommen!«
    In einer der Baracken war die Kammer untergebracht. Durch Fensterläden schimmerte Licht. Irgendwo in der Nähe erhob sich wütendes Hundegebell. Eine dröhnende Stimme rief: »Halt’s Maul, Mensch!« – »Das ist der Chef!« flüsterte

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