Abenteuer des Werner Holt
war richtig enttäuscht!« Wolzow und Holt lachten. »Warum haben Sie den Brief eigentlich nicht mit der Feldpost geschickt?« – »Weil ich was zum Rauchen brauchte«, sagte Wolzow, »und weil Sie die Post immer drei Tage auf der Schreibstube herumliegen lassen!« – »Ihre nicht mehr«, sagte Gottesknecht, »die geht jetzt mit Eilkurier ab! Ihre auch, Holt!« Er schmunzelte: »Muß ja ein tolles Mädchen sein, Ihre Uta!«
»Herr Wachtmeister …« Holt fühlte, wie er rot wurde. »Ich bitte Sie … Dieser Briefwechsel ist wirklich privat!« – »Ist übrigens ein Brief da«, sagte Gottesknecht. Er langte in die Brusttasche und drückte Holt einen der schmalen, festen Umschläge in die Hand. »Wie bin ich zu Ihnen? Suchen Sie sich mal einen Vorgesetzten, der den Postillon d’amour spielt.«
Plötzlich wurde er ernst. »Der Schmiedling beantragt, daß Sie scharf laden dürfen, Wolzow, und der Chef hat ja gesagt, aber er schaut sich das beim nächsten Alarm selber an. Damit Sie Bescheid wissen!« – »In Ordnung, Herr Wachtmeister.« – »Und nun zur Sache«, meinte Gottesknecht nachdenklich. »Sie machen mir’s Leben schwer, Wolzow! Sie haben sich die Alten, die Oberhelfer, zu Feinden gemacht, die werden Sie furchtbar verhauen! Der Chef liebt das. Er nennt das Selbsterziehung.« – »Herr Wachtmeister«, sagte Wolzow überlegen, »ich will nicht angeben, aber da ist keiner, vor dem ich Angst hab.« – »Aber es werden ein Dutzend kommen!« – »Ich hab auch meine Freunde. Holt kann Jiu-Jitsu, und wenn Gomulka mal die Ruhe verliert, da drischt er ganz schön dazwischen!«
»Sehen Sie«, sagte Gottesknecht, »
das
ist es, wovor ich Angst habe! Nicht, daß Sie mal den Hintern vollkriegen, da hätte ich sogar eine irrsinnige Freude dran! Aber Parteikämpfe, wie im alten Rom … Saalschlachten, Verletzte womöglich … Oder Sie schlagen gar einen tot, Wolzow! Und alles auf Kosten der Feuerbereitschaft! Bisher war’s ganz harmlos, aber hier fallen auch Bomben! Da muß eine Batterie in Schwung sein.« – »Herr Wachtmeister, wir haben nicht angefangen!« sagte Holt. – »Ich weiß …«– »Die solln uns in Ruhe lassen«, rief Wolzow. »Wir schießen nicht schlechter als die Alten. Ich hab nichts gegen die, aber man soll uns in Ruh lassen und anerkennen.« – »Ich war in Berta bei den Hamburgern«, sagte Gottesknecht. »›Der Wolzow bekommt eine Abreibung, der Holt gleich mit‹, sagen die. Ich hab’s verboten, aber was nützt das? Der Chef hat nichts dagegen!« – »Dann muß alles seinen Gang nehmen, Herr Wachtmeister!«
»Einen Weg gibt’s«, sagte Gottesknecht sinnend, und er sah Wolzow fest an, »und das ganze Theater fällt aus wegen Nebel. Wenn der
Chef
es den Hamburgern verbietet! Jemand muß den Chef von oben … verstehen Sie? Wolzow, ich laß Sie in der Schreibstube ganz allein mit Ihrem Onkel telefonieren!«
»Ein General hat andre Sorgen, Herr Wachtmeister!«
»Schade«, sagte Gottesknecht. Er rückte das Koppel zurecht. »Geben Sie Bescheid, das Batterieexerzieren fällt aus. Geschützreinigen, dann ist dienstfrei. Mahlzeit.«
Sie verständigten Gomulka und gingen vorsichtshalber am Abend zur Leitungsprobe zu dritt durch die Stellung. Aus einem alten Lattenrost rissen sie ein paar Holzprügel und hielten sie griffbereit in der Stube. Ziesche sah die Vorbereitungen stillschweigend an. »Wenn du für die Hamburger spionierst«, sagte Holt, »dann …« Vetter hatte eine Idee. »Dann stecken wir dich jede Nacht ins Löschwasserfaß!« Ziesche schwieg.
Holt holte sich aus der Schreibstube seine Erkennungsmarke und brachte auch für Wolzow Post mit. Nun hatte er Zeit, Utas Brief zu lesen.
»Mein Onkel ist zum Generalleutnant befördert worden«, rief Wolzow. »Das nenne ich eine Offizierskarriere!« Ziesche war überrascht. »General? Deswegen die große Klappe!« – »Nur keinen Neid!« brummte Wolzow gutgelaunt.
Holt lag auf seinem Bett. Sie sei recht einsam, schrieb Uta. Dann und wann gehe sie zu Wieses, das sei der einzige gesellige Verkehr. Mit Interesse verfolge man alle Nachrichten über das Leben bei der Flak. Warum schreibt sie so sachlich? dachte Holt. Warum geht sie nicht ein bißchen aus sich heraus? Endlich einpaar herzliche Worte: Seine Briefe empfange sie mit Freude, er möge bleiben, wie er sei, ihr Leben verlaufe sehr eintönig grau, er bringe ein wenig Helligkeit hinein … Er lag unbeweglich und träumte … Als er erwachte, war es abends gegen neun. Gomulka
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